Perspektiven für Prostitution in Coronazeiten
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Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten will Bordelle nicht nur weiterhin geschlossen halten, sondern ein generelles Sexkaufsverbot durchsetzen. Die Initiative trifft auf erbitterten Widerstand aus der Branche - ein Streitgespräch.
Die Coronapandemie verändert das Sexleben vieler Menschen. Mal eben per App ein Date vereinbaren, ist schwierig geworden. Kondome schützen vor dem HI-Virus, doch vor dem Coronaerreger wohl nicht. Und Sex mit Maske mag nicht jeder. Mit den Einschränkungen ab Mitte März wurden in Deutschland auch die Bordelle geschlossen. Das soll auch so bleiben, ginge es nach der Baden-Württembergischen SPD-Bundestagsabgeordneten Leni Breymaier.
Brief an Ministerpräsidenten
Breymaier ist eine von 16 Bundestagsabgeordnete aus SPD und CDU, die sich in einem Brief an die Staatskanzleien der Bundesländer vergangene Woche für ein Sexkaufverbot einsetzen. Das Mitte März für die Zeit des Lockdowns verhängte Verbot von Prostitution dürfe nicht wieder gelockert werden, fordert sie.
Die Frauen in den Bordellen seien nicht selbstbestimmt und stünden jetzt buchstäblich auf der Straße. In Schweden, Frankreich und Israel gebe es Regelungen, die die Frauen entkriminalisieren, die Freier bestrafen und Ausstiegshilfen anbieten würden. "Ich glaube, das wäre auch ein Modell für Deutschland." Die Bundesrepublik sei Zielland des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung. "Deutschland ist inzwischen das Bordell Europas geworden", so Breymaier.
Kritik an Politiker-Initiative
Ganz anders argumentiert Stephanie Klee, Vorstandsmitglied vom Bundesverband sexuelle Dienstleistungen. Ihre Branche kämpfe derzeit wie alle anderen ums Überleben und setze sich dafür ein, dass die Bordelle wieder geöffnet werden. Sie sei wütend und empört über die Forderungen nach einem Sexkaufverbot, bei dem die Abgeordneten diese Notsituation ausnutzten. "Soll ich denn für diese Coronakrise Steuern zahlen und dann dafür bestraft werden, dass ich nicht mehr arbeiten darf?"
Stattdessen sollte sich die Politik stärker mit vorhandenen Studien beschäftigen und das Gespräch mit ihrer Branche suchen. In den von Breymaier genannten Ländern und vor allem in Schweden sei die Nachfrage nach dem Sexkaufverbot nicht zurückgegangen, sondern die Prostitution habe sich von der Straße und den Bordellen in "dunkle Bereiche" verlagert. Das sei für die Frauen sehr viel gefährlicher, so Klee.
(gem)