Auf Rügen bleiben Betten leer
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Hotels und Pensionen in Mecklenburg-Vorpommern dürfen wieder Touristen aus anderen Bundesländern bei sich einquartieren - allerdings unter Auflagen. Doch bei Hoteliers auf Rügen stoßen die neuen Regeln vor allem auf Unverständnis.
Zu Gast im Romantikhotel Kaufmannshof in der Innenstadt von Bergen. Tote Hose um die Mittagszeit, was die Gäste angeht. Doch im Büro geht es rund. Der Hotelchef nimmt wieder einmal einen Anruf entgegen: "Romantikhotel Kaufmannshof. Sie sprechen mit Michael Hermerschmidt. Schönen guten Tag! Ja, ja. Wir haben geöffnet."
Es folgt die zweite gute Nachricht für den Anrufer, der Anfang Juni in Bergen auf der Insel Rügen übernachten möchte. "Ich schau ganz kurz mal rein, denn wir sind relativ gut vorgebucht. 2. bis 4. passt. Gebe ich ein. Danke auch, tschüss!"
Sofort tippt Hermerschmidt die Buchung in den Computer ein. "Das ist jemand von außerhalb. Das ist ein Stammgast, ein Geschäftsreisender, der aber auch fragt, ob wir geöffnet haben. Es sind viele, die immer noch sehr unsicher sind."
Risikogebiete nach Postleitzahl sortiert
Wer den hohen Aufwand und geringen Ertrag nicht scheute, durfte sein Haus während der gesamten Coronazeit offenhalten, allerdings ausschließlich für Übernachtungen von Geschäftsreisenden. Seit einer Woche dürfen in Mecklenburg-Vorpommern nun wieder einheimische Touristen in den Hotels oder Pensionen unterkommen.
Ab Montag, dem 25. Mai, soll die Herkunft der Reisenden keine Rolle mehr spielen. Fast keine, muss man sagen. Denn wer aus einem der sogenannten Risikogebiete stammt, muss laut einer Landesverordnung weiterhin draußen bleiben.
Die Hotels und Pensionen müssen das überprüfen. Aber wie? Der Landes-Branchenverband sei da schon sehr hilfreich, lobt Michael Hermerschmidt die DEHOGA. Die suche täglich neu die vom Robert Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiete zusammen und stelle den Hotels und Pensionen die entsprechenden Postleitzahlen zur Verfügung – zum Abgleich mit sämtlichen Buchungen.
"Aber es ist ein unwahrscheinlicher Zeitaufwand. Das ist unglaublich: Jeden Morgen, nachdem ich die Abrechnung gezogen habe, Tagesabschlüsse gemacht habe, stehe ich dann da und schaue mir immer noch mal die Postleitzahlen aus den Risikogebieten durch. Dann gleichst du das ab mit dem Ausweis. Was willst du dann machen? Willst du dann sagen: Sie können wieder abreisen oder Sie müssen draußen schlafen? Auch das ist schwierig."
Maximal 60 Prozent Auslastung
Das "Auch" bezieht sich auf eine Belegungsobergrenze. Die Hotels und Pensionen in Mecklenburg-Vorpommern dürfen lediglich 60 Prozent ihrer Betten gleichzeitig mit Gästen belegen. Die Hotelgäste müssen Abstand halten können, sollen sich nicht in Ansammlungen treffen. Das findet Hermerschmidt verständlich. Was er nicht versteht, ist, dass es dafür ein Belegungslimit geben muss – und das deutschlandweit nur in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern.
"Das ist für mich absolut nicht haltbar", sagt er. "Dann hätte es eine Anweisung von ganz oben geben müssen, dass es auch wirklich alle betrifft. Nicht, dass ein Hotel in Bayern 100 Prozent belegen kann und Schleswig-Holstein – in Timmendorf zum Beispiel – 100 Prozent fahren kann. Ich muss es nur vernünftig vorhalten, wenn die Leute beispielsweise zum Frühstück kommen, das kann man regeln. Man kann mit verschiedenen Zeiten arbeiten. Wir haben genügend Platz, um das vernünftig abzufedern. Das muss meiner Meinung nach so schnell wie möglich gekippt werden. Wir hoffen auch darauf."
Mehr als 200 Hoteliers und Gastronomen aus Mecklenburg-Vorpommern kritisieren die Regelung in einem offenen Brief an die Landeregierung. Ein Hotelbetreiber aus Ahrenshoop sowie die Dorint-Hotelkette klagen sogar vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald.
Im 300 Gäste fassenden Parkhotel Rügen findet man das 60-Prozent-Limit vor allem aus diesem Grunde schwierig, sagt Direktorin Charis Schalley: "Eigentlich gibt es nicht viel weniger Mitarbeiter als bei 100 Prozent Belegung. Das heißt, wir haben die vollen Kosten, aber nur etwas mehr als die Hälfte an potenziellem Umsatz."
Ärger über uneinheitliche Regelungen
Genau wie der kleinere, mehr als 100 Jahre alte Kaufmannshof hat auch dieses große, erst 25 Jahre alte Hotel in Bergen keine Mitarbeiter entlassen. Man kam mithilfe eigener Reserven, staatlicher Soforthilfe und Kurzarbeitergeld über die Runden. Nun hofft man auf eine gute Sommersaison. Leider sei das Parkhotel Rügen dieses Mal im Gegensatz zu den Vorjahren über Pfingsten nicht ausgebucht. Trotz 60-Prozent-Grenze.
"Das Problem ist nicht die mangelnde Nachfrage, sondern das Problem ist, dass die Reisebusse nicht fahren dürfen", erklärt Schally. "Wir sind ein Haus, das sehr viel mit Reisebussen arbeitet. Die Reisebusse kommen zurzeit bis zur bayrischen Grenze und dürfen nicht weiterfahren."
Auch in diesem Bereich bestimmt jedes Bundesland munter etwas anderes. In Bayern dürfen Reisebusse schon lange ungehindert fahren. Ab Montag ist das auch wieder in Mecklenburg-Vorpommern möglich. In den meisten Ländern dazwischen hingegen gilt noch immer ein Fahrverbot.