Unsicher, überfordert und fremdgesteuert
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Während sich die einen vor Arbeit und Kinderbetreuung kaum retten können, sind andere in der Pandemie zum Nichtstun verdammt. Der Arbeitspsychologe Tim Hagemann warnt: Beides kann Stress auslösen. Und der kann ernsthaft krank machen.
Die Arbeitswelt in Coronazeiten ist teils von Extremen bestimmt: Während sich die einen im Homeoffice befinden und oft gleichzeitig noch Kinder beschulen müssen, sind andere in Kurzarbeit oder haben gar nichts mehr zu tun - wie beispielsweise viele in der Kulturbranche.
Beide Situationen können Menschen stressen, sagt der Arbeitspsychologe Tim Hagemann von der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld.
"Psychische Beanspruchung oder Stress entsteht immer dann, wenn wir eine Form von Kontrollverlust haben, wenn wir Ängste haben, wenn wir Unsicherheit verspüren", so Hagemann. Das betreffe besonders Menschen in Kurzarbeit oder ohne Aufträge: "Das ist eine äußerst unangenehme, stressige Situation."
Die Ausschüttung von Stresshormonen könne zu somatischen oder auch psychischen Beschwerden führen, betont der Psychologe. Studien seines Instituts zeigen, dass Langzeitarbeitslose am stärksten unter Stress leiden.
Gesundheitliche Gefahren durch den Lockdown
Umgekehrt könne allerdings eine hohe Beanspruchung durch Arbeit und Kinderbetreuung ebenfalls zu dem Gefühl führen, "dass man sein Leben im Moment nicht mehr unter Kontrolle hat, dass man viele Dinge nicht mehr selbst bestimmen kann, dass man fremdgesteuert ist", sagt Hagemann. Auch das sei für Menschen schwer zu ertragen, vor allem über einen längeren Zeitraum.
Es entstehe das Gefühl, zu wenig Ressourcen, Möglichkeiten, Fähigkeiten oder Zeit zu haben, um alle Anforderungen bewältigen zu können. Das führe in dem langen Lockdown dazu, dass man nicht nur psychisch um die Situation kreise. Es steige auch die Gefahr, ernsthaft zu erkranken, warnt Hagemann.
(bth)