"Stubenhocken ist mein Hobby"
Der österreichische Nachwuchsautour Reinhard Kaiser-Mühlecker erhält in diesem Jahr den Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung. Der 25-Jährige erhält den Preis für seinen ersten Roman "Der lange Gang über die Stationen". Er liest am 7. März auf dem internationalen Literaturfest "Lit.cologne" in Köln.
" Bier trinken, gilt das? Oder Wein saufen. Rauchen tu` ich nimmer. Fußball schauen tu` ich nicht. Totale Langeweile. Stubenhocker. Das Stubenhocken ist mein Hobby. "
Reinhard Kaiser-Mühlecker pflegt nur wenige soziale Kontakte. Der junge Autor fühlt sich einfach nicht wohl unter fremden Menschen. Schon gar nicht, wenn er ihnen etwas von sich erzählen soll. Er ist wortkarg, auch wenn es um seinen Roman geht. Obwohl der von den Kritikern durchweg positiv bewertet wird.
" Ich war trotzdem nicht ganz zufrieden, ohne dass ich das in Worte fassen könnte. Aber naja. "
Immer wieder fährt sich Reinhard Kaiser-Mühlecker mit der Hand durch die dichten braunen Locken. Die schwarze Krawatte baumelt an seinem weißen Hemd herunter, zu dem er eine einfache Bluejeans trägt. Den Oberkörper stark nach vorne gebeugt, gleitet sein ernster Blick an den Zimmerwänden entlang. Nur ab und zu nehmen seine braunen Augen direkten Blickkontakt auf. Dann wirkt der 25-Jährige sehr sympathisch. Womit seine Unsicherheit zusammenhängt, weiß Reinhard Kaiser-Mühlecker genau:
" Ich hatte ja nie Kontakt nach außen, oder keinen Kontakt zum Literaturbetrieb, oder zu dem, was so genannt wird. Das macht das Grübeln schon größer, eher als kleiner. "
Reinhard Kaiser-Mühlecker wächst abgeschieden von der Großstadtwelt auf einem Bauernhof im idyllischen Eberstalzell in Oberösterreich auf. Die Eltern züchten Vieh, der Sohn hilft bei der täglich anfallenden Stallarbeit. Später zieht Reinhard Kaiser-Mühlecker nach Wien und studiert dort die nicht alltägliche Fächer-Kombination Landwirtschaft und Geschichte. Sein Roman "Der Weg über die Stationen" erzählt von einem Ereignis, das ebenfalls auf einem Bauernhof in Österreich stattfindet.
" ... dass es in diesem Zusammenhang spielt, wenn es spielt (lacht), dann ist das bestimmt deshalb, weil ich nur über etwas schreiben möchte, oder versuche das so zu handhaben, von dem ich Ahnung habe, ein bisschen. Bei der Landwirtschaft oder zumindest beim Leben dort, trifft das zu. "
Was sich in dem Roman "Der Weg über die Stationen" ereignet, könnte jedoch auch an jedem anderem Ort passieren: Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt von zwei Menschen, die sich zu lieben glauben und sich im Laufe der Zeit immer fremder werden. Sein Protagonist Theodor, der Besitzer des Bauernhofs, heiratet eine Frau aus der Stadt.
" Sie hat mit ihm begonnen zu reden und irgendwie ihn bewundert für seine Zivilcourage. Und hat sie irgendwie so lange sich mit ihm beschäftigt, bis er erstmal auf die Idee kam: "Die könnt` ich doch heiraten." "
Ob das von Theodors Seite aus wirklich Liebe ist, kann der Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker selbst nicht beantworten. Ihm geht es mehr darum, in seinem Roman das Phänomen der Entfremdung zu beschreiben. Zwar betont Reinhard Kaiser-Mühlecker, dass er selbst nie eine solche Situation erlebt hat, wie er sie in seinem Buch schildert…
" ..aber ich muss immer an meinen Religionslehrer denken, den ich mal hatte. Und der hat oft gesagt, "diese Liebe ist ein komisches Ding oder Tier. Zuerst hat man sich zum Fressen gern, und dann bereut man es, dass man es nicht gemacht hat." Das passiert ja dauernd, ob`s einem selber passiert oder ob`s rundum dauernd wem passiert…das interessiert mich. "
Wen wundert`s da, dass Reinhard Kaiser-Mühlecker momentan in keiner festen Beziehung steckt. Er ist ja sowieso am liebsten alleine. Auch weiß Roland Kaiser-Mühlecker noch nicht, ob er nun lieber in der Stadt leben möchte oder auf dem Land.
" Ich glaube da wie dort halte ich`s auf Dauer, zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt beides nicht aus. Aber ich wünsch`s mir immer, dass ich eines aushalten würde. Das ist in jeder Gegend so. Ich bin ein ziemlich unruhiger und ungeduldiger Mensch. Und ja, mich zerreißt`s halt dann immer fast überall. "
Mit dem Schreiben beginnt Reinhard Kaiser-Mühlecker relativ spät. Erst nach seiner Schulzeit, während des Studiums, als er genügend Ruhe findet, selbst mehr zu lesen.
" Ich glaube ernsthaft wurde das mit 21, oder so. Ich wollt schon länger, aber so richtig, dass ich dann auch was getan hätte? – Es geht halt einfach nicht, irgendwann muss der Kragen platzen oder plötzlich das Ventil irgendwie aufgehen, oder wie man das sagen möchte."
Beim Prozess des Sich-Öffnens bekommt er Unterstützung von dem österreichischen Schriftsteller Wolfgang Hermann. Seine Bücher haben es Reinhard Kaiser-Mühlecker besonders angetan.
Wolfgang Hermann: " Und dann hab` ich dem geschrieben ja; einen Fanbrief (lacht), einen ersten. Und dann sind wir so in Kontakt gekommen, und hat er gelesen von mir, das hat ihm gefallen, und er war gerade auf dem Weg nach Edenkoben, als Stipendiat. "
Im Herrenhaus Edenkoben findet eine Schreibwerkstatt für Nachwuchsautoren statt, die von der Jürgen-Ponto-Stiftung ein Stipendium erhalten haben. Reinhard Kaiser-Mühlecker findet es anregend, sich mit den anderen jungen Schriftstellern auszutauschen. An der Schreibwerkstatt nimmt er zwar teil…
" …aber ich hab` immer gewusst, mir kann da keiner helfen, oder mir kann keiner erklären, wie man`s macht. Ich lass mir sowieso nichts erklären, entweder komm ich selber drauf, oder… "
Erneut schweift sein Blick gedankenverloren ins Leere. Reinhard Kaiser-Mühlecker ist noch auf der Suche. Was privat einmal aus ihm werden soll und ob er für immer Schriftsteller bleiben möchte, bleibt offen. Sicher ist nur, dass er sich immer für Bücher interessieren wird, die über die dargestellten Situationen reflektieren. Denn nur eine Geschichte zu erzählen, ohne sich gedanklich intensiver damit auseinanderzusetzen, genügt ihm nicht.
" Das geht mir nicht so nahe wie…da kann man auch Film schauen, was ich nicht mag, eigentlich auch, Film schauen, aber das ist ja wieder ein anderes Thema. "
Service:
Reinhard Kaiser-Mühlecker ist am 7. März Abend zu Gast auf der "Lit. Cologne". Dort wird er aus seinem gerade preisgekrönten Roman "Der lange Gang über die Stationen" vorlesen. Gemeinsam mit dem Georg-Büchner-Preisträger Arnold Stadler ist er um 19.30 Uhr im Alten Pfandhaus zu Gast.
Reinhard Kaiser-Mühlecker pflegt nur wenige soziale Kontakte. Der junge Autor fühlt sich einfach nicht wohl unter fremden Menschen. Schon gar nicht, wenn er ihnen etwas von sich erzählen soll. Er ist wortkarg, auch wenn es um seinen Roman geht. Obwohl der von den Kritikern durchweg positiv bewertet wird.
" Ich war trotzdem nicht ganz zufrieden, ohne dass ich das in Worte fassen könnte. Aber naja. "
Immer wieder fährt sich Reinhard Kaiser-Mühlecker mit der Hand durch die dichten braunen Locken. Die schwarze Krawatte baumelt an seinem weißen Hemd herunter, zu dem er eine einfache Bluejeans trägt. Den Oberkörper stark nach vorne gebeugt, gleitet sein ernster Blick an den Zimmerwänden entlang. Nur ab und zu nehmen seine braunen Augen direkten Blickkontakt auf. Dann wirkt der 25-Jährige sehr sympathisch. Womit seine Unsicherheit zusammenhängt, weiß Reinhard Kaiser-Mühlecker genau:
" Ich hatte ja nie Kontakt nach außen, oder keinen Kontakt zum Literaturbetrieb, oder zu dem, was so genannt wird. Das macht das Grübeln schon größer, eher als kleiner. "
Reinhard Kaiser-Mühlecker wächst abgeschieden von der Großstadtwelt auf einem Bauernhof im idyllischen Eberstalzell in Oberösterreich auf. Die Eltern züchten Vieh, der Sohn hilft bei der täglich anfallenden Stallarbeit. Später zieht Reinhard Kaiser-Mühlecker nach Wien und studiert dort die nicht alltägliche Fächer-Kombination Landwirtschaft und Geschichte. Sein Roman "Der Weg über die Stationen" erzählt von einem Ereignis, das ebenfalls auf einem Bauernhof in Österreich stattfindet.
" ... dass es in diesem Zusammenhang spielt, wenn es spielt (lacht), dann ist das bestimmt deshalb, weil ich nur über etwas schreiben möchte, oder versuche das so zu handhaben, von dem ich Ahnung habe, ein bisschen. Bei der Landwirtschaft oder zumindest beim Leben dort, trifft das zu. "
Was sich in dem Roman "Der Weg über die Stationen" ereignet, könnte jedoch auch an jedem anderem Ort passieren: Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt von zwei Menschen, die sich zu lieben glauben und sich im Laufe der Zeit immer fremder werden. Sein Protagonist Theodor, der Besitzer des Bauernhofs, heiratet eine Frau aus der Stadt.
" Sie hat mit ihm begonnen zu reden und irgendwie ihn bewundert für seine Zivilcourage. Und hat sie irgendwie so lange sich mit ihm beschäftigt, bis er erstmal auf die Idee kam: "Die könnt` ich doch heiraten." "
Ob das von Theodors Seite aus wirklich Liebe ist, kann der Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker selbst nicht beantworten. Ihm geht es mehr darum, in seinem Roman das Phänomen der Entfremdung zu beschreiben. Zwar betont Reinhard Kaiser-Mühlecker, dass er selbst nie eine solche Situation erlebt hat, wie er sie in seinem Buch schildert…
" ..aber ich muss immer an meinen Religionslehrer denken, den ich mal hatte. Und der hat oft gesagt, "diese Liebe ist ein komisches Ding oder Tier. Zuerst hat man sich zum Fressen gern, und dann bereut man es, dass man es nicht gemacht hat." Das passiert ja dauernd, ob`s einem selber passiert oder ob`s rundum dauernd wem passiert…das interessiert mich. "
Wen wundert`s da, dass Reinhard Kaiser-Mühlecker momentan in keiner festen Beziehung steckt. Er ist ja sowieso am liebsten alleine. Auch weiß Roland Kaiser-Mühlecker noch nicht, ob er nun lieber in der Stadt leben möchte oder auf dem Land.
" Ich glaube da wie dort halte ich`s auf Dauer, zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt beides nicht aus. Aber ich wünsch`s mir immer, dass ich eines aushalten würde. Das ist in jeder Gegend so. Ich bin ein ziemlich unruhiger und ungeduldiger Mensch. Und ja, mich zerreißt`s halt dann immer fast überall. "
Mit dem Schreiben beginnt Reinhard Kaiser-Mühlecker relativ spät. Erst nach seiner Schulzeit, während des Studiums, als er genügend Ruhe findet, selbst mehr zu lesen.
" Ich glaube ernsthaft wurde das mit 21, oder so. Ich wollt schon länger, aber so richtig, dass ich dann auch was getan hätte? – Es geht halt einfach nicht, irgendwann muss der Kragen platzen oder plötzlich das Ventil irgendwie aufgehen, oder wie man das sagen möchte."
Beim Prozess des Sich-Öffnens bekommt er Unterstützung von dem österreichischen Schriftsteller Wolfgang Hermann. Seine Bücher haben es Reinhard Kaiser-Mühlecker besonders angetan.
Wolfgang Hermann: " Und dann hab` ich dem geschrieben ja; einen Fanbrief (lacht), einen ersten. Und dann sind wir so in Kontakt gekommen, und hat er gelesen von mir, das hat ihm gefallen, und er war gerade auf dem Weg nach Edenkoben, als Stipendiat. "
Im Herrenhaus Edenkoben findet eine Schreibwerkstatt für Nachwuchsautoren statt, die von der Jürgen-Ponto-Stiftung ein Stipendium erhalten haben. Reinhard Kaiser-Mühlecker findet es anregend, sich mit den anderen jungen Schriftstellern auszutauschen. An der Schreibwerkstatt nimmt er zwar teil…
" …aber ich hab` immer gewusst, mir kann da keiner helfen, oder mir kann keiner erklären, wie man`s macht. Ich lass mir sowieso nichts erklären, entweder komm ich selber drauf, oder… "
Erneut schweift sein Blick gedankenverloren ins Leere. Reinhard Kaiser-Mühlecker ist noch auf der Suche. Was privat einmal aus ihm werden soll und ob er für immer Schriftsteller bleiben möchte, bleibt offen. Sicher ist nur, dass er sich immer für Bücher interessieren wird, die über die dargestellten Situationen reflektieren. Denn nur eine Geschichte zu erzählen, ohne sich gedanklich intensiver damit auseinanderzusetzen, genügt ihm nicht.
" Das geht mir nicht so nahe wie…da kann man auch Film schauen, was ich nicht mag, eigentlich auch, Film schauen, aber das ist ja wieder ein anderes Thema. "
Service:
Reinhard Kaiser-Mühlecker ist am 7. März Abend zu Gast auf der "Lit. Cologne". Dort wird er aus seinem gerade preisgekrönten Roman "Der lange Gang über die Stationen" vorlesen. Gemeinsam mit dem Georg-Büchner-Preisträger Arnold Stadler ist er um 19.30 Uhr im Alten Pfandhaus zu Gast.