"Ohne die 68er wäre Merkel nicht Kanzlerin geworden"
Heute jährt sich zum 50. Mal das Attentat auf Rudi Dutschke. Der Studentenführer hatte auf Gesellschaft und Politik in Deutschland erheblichen Einfluss. Selbst ein CDU-Politiker wie Peter Radunski lobt die von den 68ern forcierten Umbrüche.
Manchmal kommt ein echtes und herzliches Lob auch von überraschender Seite. Peter Radunski, ehemals Bundesgeschäftsführer des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und später Bundesgeschäftsführer der CDU und Senator in Berlin, lobt die 68er in den höchsten Tönen:
"Was wir aus '68 entnommen haben, ist pflegenswert und fortzuführen", sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Deswegen sei die Forderung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nach einem Kampf gegen linken Mainstream und einer "konservativen Revolution" auch ein "Schmarrn" und "völliger Unsinn".
Demokratische Gefühle und Mut
Die politischen Anstöße der 68er seien hervorragend gewesen, sagte Radunski, der die damalige Zeit als aktives RCDS-Mitglied miterlebt hat. Er sprach von "demokratischen Gefühlen" und dem "Mut zu demonstrieren", von Veränderungen im Strafrecht und der Frauen-Emanzipation. Das alles dürfe man auf keinen Fall bekämpfen, sagte der CDU-Politiker.
Viele der Gedanken, die er damals mitgenommen habe, habe er später in der CDU verwirklichen können, sagte Radunski. Letztlich, findet er, hätten vor allem zwei Politiker von den 68ern profitiert: Willy Brandt und Helmut Kohl, der die "Nach-Adenauer-CDU" zu einer modernen Partei umgeformt habe.
Für ihn sei '68 eine Kulturrevolution gewesen, so Radunski. Und diese sei bitter nötig gewesen. Auch die Kanzlerschaft von Angela Merkel ist für ihn ohne die damaligen Geschehnisse nicht denkbar.
"Ich bin fest überzeugt, ohne all diese Gedankenanstöße wäre Angela Merkel nicht Kanzlerin geworden."
Marek Dutschke, Sohn von Rudi Dutschke, hob vor allem das Wirken der '68er im Bereich der persönlichen Beziehungen hervor. Das Verhältnis seiner Mutter zu ihren Eltern sei noch von protestantischer Strenge und Gehorsam geprägt gewesen, erzählte er. Es sei ein "hartes Verhältnis" gewesen.
Der Unterschied zu seiner eigenen Beziehung zu seiner Mutter sei wie "Tag und Nacht", so Dutschke. Es sei eine große Errungenschaft, dass die Kinder heute mitbestimmen dürften und ihre Bedürfnisse beachtet würden.
Schüsse auf dem Berliner Kudamm
Seinen Vater beschrieb Marek Dutschke als "komplexen Menschen", der großen Mut, aber auch Fehler gehabt habe. Marek Dutschke hat seinen Vater, den er selbst zumeist einfach Rudi nennt, nie kennengelernt. Er wurde im April 1980 geboren, wenige Monate nach dem Tod des Vaters.
Rund zwölf Jahre zuvor, am 11. April 1968, hatte ein 23 Jahre alter Nazi auf dem Berliner Ku'damm auf Rudi Dutschke geschossen und ihn schwer verletzt. Das Attentat führte zu den größten Demonstrationen, die die Bundesrepublik bis dahin gesehen hatte. (ahe)