Hohe Mieten verdrängen Arbeitnehmer aus Städten
Die Gewerkschaften schlagen Alarm: Wohnen in Deutschlands Großstädten ist für einige Arbeitnehmer kaum noch bezahlbar. Warum sich die Politik mit Gegenmaßnahmen so schwer tut, erklärt der Stadtsoziologe Andrej Holm.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat eindringlich vor einer Verdrängung von Arbeitnehmern aus den Städten gewarnt. Nach einer neuen Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung müssen Beschäftigte in Ballungszentren inzwischen einen unverhältnismäßig hohen Teil ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Rund 40 Prozent der Haushalte in Großstädten bringen demnach mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommen für ihre Kaltmiete auf. Das sind rund 5,6 Millionen Haushalte. Gut eine Million Haushalte sind sogar mit mehr als der Hälfte ihres Einkommens dabei.
Miete: Nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens
Der Berliner Stadtsoziologe und ehemalige Staatssekretär für Stadtentwicklung in Berlin, Andrej Holm, hat an der Studie mitgearbeitet. Im Deutschlandfunk Kultur sagte er, mehr als 30 Prozent des Einkommens sollte eigentlich niemand für Wohnen ausgeben müssen, sonst bleibe nicht genügend für andere Dinge übrig.
Als Teil einer grundsätzlichen Lösung schlug er vor, Investitionsmöglichkeiten für "die, die vor allen Dingen aufs schnelle Geld aus sind", deutlich einzuschränken. "Die Häuser können immer nur einmal gebaut werden." Dort, wo Luxusbauten und Eigentumswohnungen entständen, könne sich sozialer Wohnungsbau nicht durchsetzen.
Holm forderte zudem, genossenschaftlichen Wohnungsbau und selbstorganisiertes Bauen zu stärken. Zu der Frage, warum das Thema Wohnungsbau trotz teils dramatischer Versorgungslagen in den Ballungszentren kaum eine Rolle im Wahlkampf spielt, sagte Holm, die Parteien hielten sich mit Versprechungen zurück, weil staatliche Eingriffsmöglichkeiten am Wohnungsmarkt begrenzt seien.
Um die Mieten zum Sinken zu bringen, bräuchte es riesige Investitionsprogramme und auch schmerzhafte Eingriffe in den Markt. Sein Eindruck sei, dass gerade die großen Parteien einen Bogen um das Thema machten, weil Erfolge in der Wohnungspolitik erst in sechs bis sieben Jahren sichtbar würden, sagte Holm: "Das ist kein Feld, wo man schnell mit Handlungsfähigkeit glänzen kann." (ahe)