Studie zur auswärtigen Kulturpolitik

Ein verheerendes Urteil

08:33 Minuten
Das Foto zeigt das Goethe-Institut in Moskau. Vor dem Gebäude stehen und gehen Menschen.
Veränderte Außendarstellung: Das Goethe-Institut - wie hier in Moskau - versucht, dialogisch zu arbeiten, statt zu repräsentieren. © dpa / picture alliance / Federico Gambarini
Sigrid Weigel im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 28.08.2019
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Die Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel hat eine Studie über die auswärtige Kulturpolitik geschrieben. Sie attestiert einen Glaubwürdigkeitsverlust - und verlangt, bei außenpolitischen Entscheidungen die kulturellen Folgen mitzudenken.
Deutschland muss seiner auswärtigen Kulturpolitik deutlich mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Das ist die Überzeugung der Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel, die eine Studie zu diesem Thema verfasst hat. Auftraggeber ist das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Adressat das Auswärtige Amt, das im kommenden Jahr seine auswärtige Kulturpolitik neu ausrichten will.
Weigel plädiert unter anderem dafür, bei außenpolitischen Entscheidungen immer die kulturellen Folgen zu bedenken. Sie schlägt einen "Kultur-Check" vor.
Die Bedingungen für auswärtige Kulturpolitik hätten sich im Zeitalter der Globalisierung drastisch verändert, so Weigel im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Das Goethe-Institut beispielsweise repräsentiere nicht mehr Deutschland im Ausland, sondern versuche, dialogisch zu arbeiten.

Die eigenen Maßstäbe werden nicht eingelöst

Momentan sei das Problem aber ein Glaubwürdigkeitsverlust, sagt die ehemalige Direktorin des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung. Die Maßstäbe, die es für die Gestaltung der Globalisierung gebe, würden von der deutschen Politik nicht eingelöst, kritisiert sie.
Weigel hat sich in diesem Kontext auch Gedanken über Wirtschaftspolitik gemacht. Unsere Lebens- und Wirtschaftsweise bedingten stark Kunst und Kultur, betont sie. So plädiert Weigel dafür, auf der EU-Ebene Fördermittel in der Agrarpolitik an die Einhaltung von sozialen Standards zu koppeln. Auch eine Konferenz zu Deutschlands Afrikapolitik schlägt sie vor: "Denn sie hat bisher nur kontraproduktive Resultate."

Die langfristigen Auswirkungen im Blick behalten

Zwar sei die auswärtige Kulturpolitik bereits politisch stark aufgewertet worden. Doch das bleibe reine Rhetorik, "wenn das nicht im Innern auch verankert wird". Weigel will deswegen bei der Außen- und der internationalen Handelspolitik einen "präventiven Entwicklungs- und kulturpolitischen Check" einbauen, um die langfristigen, kulturellen Auswirkungen von Entscheidungen im Blick zu behalten.
Die Studie von Weigel liegt seit Anfang des Jahres vor, seit Juni ist sie öffentlich einsehbar. Vom ifa sei Zeitdruck ausgegangen, sagt sie. Das Institut habe immer wieder darauf hingewiesen, dass es Arbeitsgruppen in der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes gebe, die auf die Untersuchung warteten. Eine Reaktion hat Weigel eigenen Angaben zufolge indes noch nicht erhalten.
(ahe)
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