Jugendliche stellen sich deutschen Verbrechen
In Grafeneck stand die erste Tötungsanstalt der Nazis. Eine Schulklasse von dort hat sich entschieden, ihre Studienreise statt nach Berlin nach Auschwitz zu machen. Beim Besuch wird klar: Es ist nicht leicht, sich der deutschen Geschichte zu stellen.
"Wir beginnen heute mit dem deutschen Überfall auf Polen…"
Lehrer Traugott Huppenbauer steht vor seiner Klasse. Zehn Schülerinnen und Schüler des Geschichtsleistungskurses sitzen ihm gegenüber. Sie alle wohnen auf der Schwäbischen Alb. Bis nach Grafeneck sind es nur ein paar Kilometer. Dort stand die erste Tötungsanstalt der Nazis. Lehrer Huppenbauer lässt heute die Schüler den Bogen von der Alb nach Auschwitz schlagen. Der 17-jährige Jonas Klink macht den Anfang:
"Wir haben das Referat über den Überfall, die anschließende Besatzung und den Widerstand."
Mit drei Mitschülern hat er das Referat vorbereitet. Es geht um die Ereignisse ab dem 1. September 1939. Jonas berichtete von dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach ihm sind Jonas Schrade und eine Mitschülerin an der Reihe. Ihr Schwerpunkt: das osteuropäische Judentum:
"Im 16. und 17. Jahrhundert haben 80 Prozent aller europäischen Juden in dem Königreich Polen-Litauen gelebt."
Die Schüler der 11. Gymnasialklasse hören alle aufmerksam zu. Jonas Schrade ist mit 16 Jahren einer der Jüngsten. Der Jüdischen Kultur widmet er sich ausführlich Literatur, Theater und vor allem Musik:
"Man nennt das Klezmer, das ist eine jüdische Volksmusiktradition und die klingt relativ melodisch, wir haben da jetzt einen Link."
Diese Unterrichtsstunde ist ihre letzte vor ihrer Reise nach Polen. Die Gymnasiasten hatten die Wahl: Entweder geht die Studienreise vor dem Abitur nächstes Jahr nach Berlin oder nach Auschwitz.
Jonas Klink wäre gerne nach Berlin gereist:
"Berlin hat halt den Vorteil, dass die Geschichte sehr vielfältig ist. Es gibt viele verschiedene Museen, es gibt Weltkriegsgeschichte, es gibt den Ost-West Konflikt."
Doch die Mehrheit entschied anders. Vor der Türe des Klassenzimmers erklärt Isabelle Wurster, eine selbstbewusste junge Frau, warum:
"Es ist schon etwas, was einen interessiert, gerade wenn man vorbelastet ist, möchte man das selber gerne mal sehen, und selber erleben, sage ich jetzt mal, was da passiert ist."
Mit vorbelastet meint Isabelle Wurster die Nähe zu Grafeneck. Fast alle ihrer Mitschüler sind in der Nähe des Schlosses aufgewachsen.
Lehrer Traugott Huppenbauer steht vor seiner Klasse. Zehn Schülerinnen und Schüler des Geschichtsleistungskurses sitzen ihm gegenüber. Sie alle wohnen auf der Schwäbischen Alb. Bis nach Grafeneck sind es nur ein paar Kilometer. Dort stand die erste Tötungsanstalt der Nazis. Lehrer Huppenbauer lässt heute die Schüler den Bogen von der Alb nach Auschwitz schlagen. Der 17-jährige Jonas Klink macht den Anfang:
"Wir haben das Referat über den Überfall, die anschließende Besatzung und den Widerstand."
Mit drei Mitschülern hat er das Referat vorbereitet. Es geht um die Ereignisse ab dem 1. September 1939. Jonas berichtete von dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach ihm sind Jonas Schrade und eine Mitschülerin an der Reihe. Ihr Schwerpunkt: das osteuropäische Judentum:
"Im 16. und 17. Jahrhundert haben 80 Prozent aller europäischen Juden in dem Königreich Polen-Litauen gelebt."
Die Schüler der 11. Gymnasialklasse hören alle aufmerksam zu. Jonas Schrade ist mit 16 Jahren einer der Jüngsten. Der Jüdischen Kultur widmet er sich ausführlich Literatur, Theater und vor allem Musik:
"Man nennt das Klezmer, das ist eine jüdische Volksmusiktradition und die klingt relativ melodisch, wir haben da jetzt einen Link."
Diese Unterrichtsstunde ist ihre letzte vor ihrer Reise nach Polen. Die Gymnasiasten hatten die Wahl: Entweder geht die Studienreise vor dem Abitur nächstes Jahr nach Berlin oder nach Auschwitz.
Jonas Klink wäre gerne nach Berlin gereist:
"Berlin hat halt den Vorteil, dass die Geschichte sehr vielfältig ist. Es gibt viele verschiedene Museen, es gibt Weltkriegsgeschichte, es gibt den Ost-West Konflikt."
Doch die Mehrheit entschied anders. Vor der Türe des Klassenzimmers erklärt Isabelle Wurster, eine selbstbewusste junge Frau, warum:
"Es ist schon etwas, was einen interessiert, gerade wenn man vorbelastet ist, möchte man das selber gerne mal sehen, und selber erleben, sage ich jetzt mal, was da passiert ist."
Mit vorbelastet meint Isabelle Wurster die Nähe zu Grafeneck. Fast alle ihrer Mitschüler sind in der Nähe des Schlosses aufgewachsen.
Der systematische Mord begann in Grafeneck
Dort begann einst das systematische Morden der Nationalsozialisten. Ab Januar 1940 wurden in Grafeneck psychisch kranke oder behinderte Menschen mit Kohlenmonoxid umgebracht. Ein geruchloses Gas, das zur inneren Erstickung führt. Anstaltsärzte überwachten damals die Gaseinleitung.
Historiker sind sich bis heute uneins, ob die Nationalsozialisten in Grafeneck den Grundstein für den Holocaust legten. Fakt ist, dass Horst Schumann, ärztlicher Direktor von Grafeneck, später Lagerarzt in Auschwitz-Birkenau wurde. Dieser schrecklichen Vergangenheit ihres Ortes wollen sich die Geschichtsschüler stellen.
Auch darum entschied sich die Mehrheit für die Reise nach Auschwitz. Jonas Klink war schon als Kind mit der Großmutter auf Schloss Grafeneck:
"Mit der Schule sind wir schon mehrmals hin, privat bin ich schon mehrmals hin. Und jetzt ist irgendwann der Punkt erreicht, wo man sagt: Jetzt nicht noch einmal."
Und doch reist er mit nach Auschwitz. Wie seine Mitschülerin Isabelle hat auch er sich Wochen vor Reisebeginn Fernseh-Dokumentation über das ehemalige Konzentrationslager in Auschwitz angeschaut:
"Grafeneck war der Anfang, da hat man auch Versuche gemacht, jetzt Auschwitz war wirklich systematisch, massenhaft… und ich denke, das ist auch noch einmal wichtig, dass man das so als Ergänzung, als Zusatz zu diesem Grafeneck nochmal auffasst."
Im Klassenzimmer geht es weiter. Die nächste Gruppe hat sich intensiv mit dem Thema "Konzentrations- und Vernichtungslager" beschäftigt.
Historiker sind sich bis heute uneins, ob die Nationalsozialisten in Grafeneck den Grundstein für den Holocaust legten. Fakt ist, dass Horst Schumann, ärztlicher Direktor von Grafeneck, später Lagerarzt in Auschwitz-Birkenau wurde. Dieser schrecklichen Vergangenheit ihres Ortes wollen sich die Geschichtsschüler stellen.
Auch darum entschied sich die Mehrheit für die Reise nach Auschwitz. Jonas Klink war schon als Kind mit der Großmutter auf Schloss Grafeneck:
"Mit der Schule sind wir schon mehrmals hin, privat bin ich schon mehrmals hin. Und jetzt ist irgendwann der Punkt erreicht, wo man sagt: Jetzt nicht noch einmal."
Und doch reist er mit nach Auschwitz. Wie seine Mitschülerin Isabelle hat auch er sich Wochen vor Reisebeginn Fernseh-Dokumentation über das ehemalige Konzentrationslager in Auschwitz angeschaut:
"Grafeneck war der Anfang, da hat man auch Versuche gemacht, jetzt Auschwitz war wirklich systematisch, massenhaft… und ich denke, das ist auch noch einmal wichtig, dass man das so als Ergänzung, als Zusatz zu diesem Grafeneck nochmal auffasst."
Im Klassenzimmer geht es weiter. Die nächste Gruppe hat sich intensiv mit dem Thema "Konzentrations- und Vernichtungslager" beschäftigt.
Niemand wird gezwungen, an diesen Ort zu gehen
Was die Besatzungszeit der Deutschen angeht, hat Isabelle Wurster in ihren Recherchen einiges herausgefunden:
"Also ich weiß, dass in Polen, ich glaube es war mit der Todesstrafe verbunden, wenn man einem Juden geholfen hat."
"Ich werde niemand zwingen, an so einen Ort zu gehen", sagt Lehrer Huppenbauer und packt seine Unterlagen zusammen. Auf dem Schulhof erklärt er dann den Unterschied zwischen früheren Reisen nach Auschwitz und heute.
"Es ist alles vom Gefühl her nicht mehr alles so Schuldbeladen, wenn wir uns heute mit den Themen Grafeneck oder auch Auschwitz auseinandersetzen. Aber es kommt trotzdem irgendwie rüber und ich versuche dann auch immer wieder in Gesprächen rauszuhören, ob es jetzt reicht, ob es jetzt zu viel wird, und da muss man auch sehr sensibel damit umgehen."
Lehrer Huppenbauer ließ seine Schüler selbst entscheiden, wohin die Studienfahrt gehen soll: Berlin oder Auschwitz. Die Schüler dieses Jahrgangs entschieden sich bei einer Abstimmung mehrheitlich für Auschwitz.
"Kommt Ihr bitte jeweils zu zweit."
Traugott Huppenbauer verteilt die Zimmerschlüssel. Vor wenigen Minuten ist der Lehrer ist mit seinen Schülern in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte IJBS von Oświęcim angekommen. Die nächsten vier Tage wollen sie in dem Ort wohnen, der eine kurze Zeit in der Geschichte Auschwitz hieß.
"Könnt Ihr euch einigen?"
Sie können. Eine halbe Stunde später sitzen sechs Schülerinnen und vier Schüler der 11. Gymnasialklasse in dem großen Gemeinschaftsraum.
Lehrer Huppenbauer, ein großer, gutmütiger Mann stimmt die Gruppe auf den morgigen Tag ein, der sicher keinem leicht fallen wird.
"Lasst es an euch rankommen, hört aber auf euch selber. Wenn ihr das Gefühl habt, jetzt wird es zu viel, ich kann jetzt nicht mehr, dann geht raus an die frische Luft."
Jonas Klink hört nachdenklich zu. "Ich bin jetzt schon angespannt", gibt der 17-Jährige nach einer Weile zu:
"Zu Beginn, am Montagmorgen, als wir in Stuttgart losgeflogen sind, war ich noch sehr locker und habe noch gedacht, das ist jetzt so ein bisschen Urlaub vorgezogen, und habe mich schon so richtig gefreut, und war ja dann auch ganz nett in Krakau. Aber, als man dann gemerkt hat, dass es Richtung Auschwitz geht, dass wir jetzt mal wirklich, dass der historische Teil unserer Studienfahrt anfängt… ich sage mal, die Freude schwindet dann auf einmal."
"Also ich weiß, dass in Polen, ich glaube es war mit der Todesstrafe verbunden, wenn man einem Juden geholfen hat."
"Ich werde niemand zwingen, an so einen Ort zu gehen", sagt Lehrer Huppenbauer und packt seine Unterlagen zusammen. Auf dem Schulhof erklärt er dann den Unterschied zwischen früheren Reisen nach Auschwitz und heute.
"Es ist alles vom Gefühl her nicht mehr alles so Schuldbeladen, wenn wir uns heute mit den Themen Grafeneck oder auch Auschwitz auseinandersetzen. Aber es kommt trotzdem irgendwie rüber und ich versuche dann auch immer wieder in Gesprächen rauszuhören, ob es jetzt reicht, ob es jetzt zu viel wird, und da muss man auch sehr sensibel damit umgehen."
Lehrer Huppenbauer ließ seine Schüler selbst entscheiden, wohin die Studienfahrt gehen soll: Berlin oder Auschwitz. Die Schüler dieses Jahrgangs entschieden sich bei einer Abstimmung mehrheitlich für Auschwitz.
"Kommt Ihr bitte jeweils zu zweit."
Traugott Huppenbauer verteilt die Zimmerschlüssel. Vor wenigen Minuten ist der Lehrer ist mit seinen Schülern in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte IJBS von Oświęcim angekommen. Die nächsten vier Tage wollen sie in dem Ort wohnen, der eine kurze Zeit in der Geschichte Auschwitz hieß.
"Könnt Ihr euch einigen?"
Sie können. Eine halbe Stunde später sitzen sechs Schülerinnen und vier Schüler der 11. Gymnasialklasse in dem großen Gemeinschaftsraum.
Lehrer Huppenbauer, ein großer, gutmütiger Mann stimmt die Gruppe auf den morgigen Tag ein, der sicher keinem leicht fallen wird.
"Lasst es an euch rankommen, hört aber auf euch selber. Wenn ihr das Gefühl habt, jetzt wird es zu viel, ich kann jetzt nicht mehr, dann geht raus an die frische Luft."
Jonas Klink hört nachdenklich zu. "Ich bin jetzt schon angespannt", gibt der 17-Jährige nach einer Weile zu:
"Zu Beginn, am Montagmorgen, als wir in Stuttgart losgeflogen sind, war ich noch sehr locker und habe noch gedacht, das ist jetzt so ein bisschen Urlaub vorgezogen, und habe mich schon so richtig gefreut, und war ja dann auch ganz nett in Krakau. Aber, als man dann gemerkt hat, dass es Richtung Auschwitz geht, dass wir jetzt mal wirklich, dass der historische Teil unserer Studienfahrt anfängt… ich sage mal, die Freude schwindet dann auf einmal."
Mit Fernseh-Dokumentationen auf Reise vorbereitet
Seine Mitschülerin Isabelle Wurster setzt sich zu ihm. Vor der Reise hat sie sich mehrere Fernseh-Dokumentationen über Auschwitz angeschaut.
"Es ist schon so eine gewisse Angst da, dass, wenn man die Bilder sieht und sich das wirklich vorstellen kann, dass einem das sehr nahe geht, man hört es zwar in Deutschland oft und man redet oft darüber, aber wenn man es so vor sich hat… dass es vielleicht doch sehr emotional wird, kann ich mir gut vorstellen."
Am nächsten Morgen beim Frühstück wirken die Jungen und Mädchen noch immer angespannt. Lehrer Huppenbauer wirft einen prüfenden Blick auf die Gruppe und sagt dann väterlich:
"(Da) wir jetzt ziemlich lang unterwegs sind, könnt ihr euch ein Weckle schmieren. Natürlich nur an Plätzen essen, wo es auch angemessen scheint."
Doch keiner aus der Gruppe schmiert sich ein Weckle. Es regnet. Zu Fuß macht sich die Gruppe auf den Weg zur Gedenkstätte Auschwitz. Zuhause gab es für die Wahl ihrer Studienreise wenig Verständnis.
"Warum Polen, warum Auschwitz? Berlin wäre ja auch eine Option. Wäre das nicht viel besser?"
"Nein, wäre es nicht", sagt Isabelle Wurster unterwegs, sie war für den Besuch. Vorbei an einem Einkaufszentrum, an Wohnhäusern mit Blumen in den Fenstern und einem großen Supermarkt geht es in Richtung Gedenkstätte, die letzte Strecke entlang an meterhohen Stacheldrahtzäunen, dann ist der Eingang in Sicht.
"Es ist schon so eine gewisse Angst da, dass, wenn man die Bilder sieht und sich das wirklich vorstellen kann, dass einem das sehr nahe geht, man hört es zwar in Deutschland oft und man redet oft darüber, aber wenn man es so vor sich hat… dass es vielleicht doch sehr emotional wird, kann ich mir gut vorstellen."
Am nächsten Morgen beim Frühstück wirken die Jungen und Mädchen noch immer angespannt. Lehrer Huppenbauer wirft einen prüfenden Blick auf die Gruppe und sagt dann väterlich:
"(Da) wir jetzt ziemlich lang unterwegs sind, könnt ihr euch ein Weckle schmieren. Natürlich nur an Plätzen essen, wo es auch angemessen scheint."
Doch keiner aus der Gruppe schmiert sich ein Weckle. Es regnet. Zu Fuß macht sich die Gruppe auf den Weg zur Gedenkstätte Auschwitz. Zuhause gab es für die Wahl ihrer Studienreise wenig Verständnis.
"Warum Polen, warum Auschwitz? Berlin wäre ja auch eine Option. Wäre das nicht viel besser?"
"Nein, wäre es nicht", sagt Isabelle Wurster unterwegs, sie war für den Besuch. Vorbei an einem Einkaufszentrum, an Wohnhäusern mit Blumen in den Fenstern und einem großen Supermarkt geht es in Richtung Gedenkstätte, die letzte Strecke entlang an meterhohen Stacheldrahtzäunen, dann ist der Eingang in Sicht.
Warten auf den Sicherheitscheck
Viele Busse, noch mehr Autos, Parkwächter weisen den Weg. Schnell hat sich an diesem Morgen eine lange Schlange vor dem Eingang gebildet. Die Gruppe wartet auf den Sicherheitscheck. Jonas Klink versucht erste Eindrücke einzuordnen:
"Auf der einen Seite steht das riesige Einkaufszentrum und ein paar Meter weiter dieses Stammlager. Erschreckend irgendwie für mich, dass das so dicht beieinander ist. Da ist keine Grenze, das ist schon ein komisches Gefühl."
In Oświęcim hat man sich längst auf die viele Touristen eingestellt, jedes Jahr werden es noch mehr. Mc Donalds, Lidl, H&M und andere Ketten, haben in der Nähe des früheren Konzentrationslagers Filialen.
Ein Mann mit schwarz-weiß melierten Haaren kommt auf die Schüler zu.
Der polnische Geschichtslehrer wird Janos wird die Gymnasiasten aus Deutschland gleich durch das ehemalige Konzentrationslager begleiten, er verteilt Audioguides.
Kaum haben alle Kopfhörer aufgesetzt sagt Janos zu den Schülern: "Der größte Friedhof der Welt" und geht langsam durch das Tor mit dem schmiedeeisernen Schriftzug "Arbeit macht frei". Still folgen ihm die Gymnasiasten. Manche wirken fast verunsichert.
Pappeln säumen den Weg entlang großer Gebäude, Blöcke genannt, ursprünglich waren es polnische Kasernen.
In Block IV angekommen, sagt Janos: "Auch hier haben Hunderte Menschen auf engstem Raum gelebt". Im Hauptraum steht ein großes Gefäß, eine Urne. Mit ruhiger Stimme sagt der polnische Geschichtslehrer: "Ein Symbol für all diejenigen, die keine Grabstätte haben."
"Auf der einen Seite steht das riesige Einkaufszentrum und ein paar Meter weiter dieses Stammlager. Erschreckend irgendwie für mich, dass das so dicht beieinander ist. Da ist keine Grenze, das ist schon ein komisches Gefühl."
In Oświęcim hat man sich längst auf die viele Touristen eingestellt, jedes Jahr werden es noch mehr. Mc Donalds, Lidl, H&M und andere Ketten, haben in der Nähe des früheren Konzentrationslagers Filialen.
Ein Mann mit schwarz-weiß melierten Haaren kommt auf die Schüler zu.
Der polnische Geschichtslehrer wird Janos wird die Gymnasiasten aus Deutschland gleich durch das ehemalige Konzentrationslager begleiten, er verteilt Audioguides.
Kaum haben alle Kopfhörer aufgesetzt sagt Janos zu den Schülern: "Der größte Friedhof der Welt" und geht langsam durch das Tor mit dem schmiedeeisernen Schriftzug "Arbeit macht frei". Still folgen ihm die Gymnasiasten. Manche wirken fast verunsichert.
Pappeln säumen den Weg entlang großer Gebäude, Blöcke genannt, ursprünglich waren es polnische Kasernen.
In Block IV angekommen, sagt Janos: "Auch hier haben Hunderte Menschen auf engstem Raum gelebt". Im Hauptraum steht ein großes Gefäß, eine Urne. Mit ruhiger Stimme sagt der polnische Geschichtslehrer: "Ein Symbol für all diejenigen, die keine Grabstätte haben."
Menschen mit kurzgeschorenen Haaren
An den Wänden hängen schwarz-weiße Fotos. Meist junge Menschen mit kurzgeschorenen Haaren und gestreifter Häftlingskleidung. Schülerin Isabelle schaut sich die Porträts lange an. Kurz Zeit später sitzt sie auf einer Treppe im Freien:
"Also gerade geht es wieder, aber zwischendurch war es echt krass. Also die Bilder sind einfach… besonders, wenn man es das erste Mal sieht, es wirft einen so ein bisschen um. Es ist echt hart."
Jonas Klink hört lange aufmerksam zu. In einem Block musste er zu einem der geöffneten Fenster gehen: Luft schnappen, für einen kurzen Moment diesen Eindrücken entrinnen.
"Bedrückend. Viele Eindrücke. Verarbeiten kann man das erst, wenn man in Ruhe ist, an einem anderen Ort ist."
Es geht weiter. Block V: Vorbei an persönlichen Gegenständen, die den Menschen gleich nach ihrer Ankunft abgenommen wurden: Koffer, Schuhe, Brillen, Kleidung, Kinderkleidung und ein riesiger Berg abgeschnittener Haare. Wortlos verlässt die schwäbische Schülergruppe auch diesen Block. Ein Treppenhaus weiter kommt den Schülern aus Deutschland eine gleichaltrige Gruppe aus Israel entgegen. Einige junge Männer tragen eine Kippa. Auf der Türschwelle sagt Jonas Klink:
"Ich fühle mich jetzt eigentlich – komischerweise, die Angst hatte ich ein bisschen, aber ich fühle mich jetzt nicht irgendwie verantwortlich, oder habe ein schlechtes Gefühl, bloß weil ich Deutscher bin."
Sechs Stunden dauert die Führung durch das Stammlager. Lehrer Huppenbauer stellt sich vor die Schüler hin und fragt:
"Wollt ihr mal eine Pause machen?"
Jonas Klink: "Ich bin müde, muss ich ehrlich zugeben."
Für heute reicht es allen. Beim Essen später in der Jugendbegegnungsstätte ist es still. Nach einer Weile fragt einer der Schüler: Kann sich so etwas wie der Holocaust wiederholen. Jonas Schrade, mit 16 Jahren einer der jüngsten Schüler, legt das Besteck beiseite und sagt zu seinem Mitschüler Jonas Klink:
"Ich finde schon, dass wir aufpassen müssen, wie sich unsere Politik weiterentwickelt und unsere Demokratie."
"Also gerade geht es wieder, aber zwischendurch war es echt krass. Also die Bilder sind einfach… besonders, wenn man es das erste Mal sieht, es wirft einen so ein bisschen um. Es ist echt hart."
Jonas Klink hört lange aufmerksam zu. In einem Block musste er zu einem der geöffneten Fenster gehen: Luft schnappen, für einen kurzen Moment diesen Eindrücken entrinnen.
"Bedrückend. Viele Eindrücke. Verarbeiten kann man das erst, wenn man in Ruhe ist, an einem anderen Ort ist."
Es geht weiter. Block V: Vorbei an persönlichen Gegenständen, die den Menschen gleich nach ihrer Ankunft abgenommen wurden: Koffer, Schuhe, Brillen, Kleidung, Kinderkleidung und ein riesiger Berg abgeschnittener Haare. Wortlos verlässt die schwäbische Schülergruppe auch diesen Block. Ein Treppenhaus weiter kommt den Schülern aus Deutschland eine gleichaltrige Gruppe aus Israel entgegen. Einige junge Männer tragen eine Kippa. Auf der Türschwelle sagt Jonas Klink:
"Ich fühle mich jetzt eigentlich – komischerweise, die Angst hatte ich ein bisschen, aber ich fühle mich jetzt nicht irgendwie verantwortlich, oder habe ein schlechtes Gefühl, bloß weil ich Deutscher bin."
Sechs Stunden dauert die Führung durch das Stammlager. Lehrer Huppenbauer stellt sich vor die Schüler hin und fragt:
"Wollt ihr mal eine Pause machen?"
Jonas Klink: "Ich bin müde, muss ich ehrlich zugeben."
Für heute reicht es allen. Beim Essen später in der Jugendbegegnungsstätte ist es still. Nach einer Weile fragt einer der Schüler: Kann sich so etwas wie der Holocaust wiederholen. Jonas Schrade, mit 16 Jahren einer der jüngsten Schüler, legt das Besteck beiseite und sagt zu seinem Mitschüler Jonas Klink:
"Ich finde schon, dass wir aufpassen müssen, wie sich unsere Politik weiterentwickelt und unsere Demokratie."
"Die Angst, dass sich das wiederholt in Zukunft, habe ich jetzt eigentlich nicht."
"Vielleicht nicht so wiederholt. Aber ich finde gerade in der heutigen Zeit, wo Fremdenfeindlichkeit und Rechtsdruck immer weiter auf dem Vormarsch (sind)… Der Holocaust wird sich vielleicht nicht wiederholen, aber was ist, wenn wir Flüchtlinge von da, wo Krieg ist, wenn wir die nicht ins Land lassen, was ist dann der Unterschied zum Holocaust?"
Jonas Schrades Frage bleibt unbeantwortet.
Am nächsten Tag steht die Besichtigung von Birkenau auf dem Programm.
In zwei Kleinbussen macht sich die Gruppe auf den Weg. Vom Stammlager Auschwitz sind es nur drei Kilometer bis zu dem ehemaligen Vernichtungslager. Der Fahrer des Busses dreht die Musik laut auf. Die Schüler nehmen es unkommentiert hin.
Auch dieses Mal begleitet sie der polnische Geschichtslehrer Janos. Er führt sie hinauf auf einen der Wachtürme. Von dort oben hat man einen guten Blick über die riesige, sumpfige Fläche, die Holzbaracken die Eisenbahnschienen.
Janos zeigt auf einen langen Streifen rechts von den Schienen. "Das ist die Rampe", sagt er. "Hier kamen die Menschen an." Sagt er und die Schüler hören schweigend zu.
"Kinder wurden von ihren Müttern getrennt, wer als arbeitsuntauglich galt, erlebte meist den nächsten Tag nicht."
"Man hat sich das groß vorgestellt, aber wo wir jetzt auf dem Turm oben gestanden sind, man kann die ganze Fläche gar nicht überblicken, so groß ist das. Also brutal. Wirklich brutal. Das ist surreal, das Ganze."
Der 17-jährige Jonas geht langsam auf eine Holzbaracke zu. "Hier haben Kinder gelebt", erklärt ihm Janos.
Jonas Schrades Frage bleibt unbeantwortet.
Am nächsten Tag steht die Besichtigung von Birkenau auf dem Programm.
In zwei Kleinbussen macht sich die Gruppe auf den Weg. Vom Stammlager Auschwitz sind es nur drei Kilometer bis zu dem ehemaligen Vernichtungslager. Der Fahrer des Busses dreht die Musik laut auf. Die Schüler nehmen es unkommentiert hin.
Auch dieses Mal begleitet sie der polnische Geschichtslehrer Janos. Er führt sie hinauf auf einen der Wachtürme. Von dort oben hat man einen guten Blick über die riesige, sumpfige Fläche, die Holzbaracken die Eisenbahnschienen.
Janos zeigt auf einen langen Streifen rechts von den Schienen. "Das ist die Rampe", sagt er. "Hier kamen die Menschen an." Sagt er und die Schüler hören schweigend zu.
"Kinder wurden von ihren Müttern getrennt, wer als arbeitsuntauglich galt, erlebte meist den nächsten Tag nicht."
"Man hat sich das groß vorgestellt, aber wo wir jetzt auf dem Turm oben gestanden sind, man kann die ganze Fläche gar nicht überblicken, so groß ist das. Also brutal. Wirklich brutal. Das ist surreal, das Ganze."
Der 17-jährige Jonas geht langsam auf eine Holzbaracke zu. "Hier haben Kinder gelebt", erklärt ihm Janos.
Lange Pausen zwischen den Sätzen
Ein paar Hundert Meter weiter liegen zwei riesige Trümmerhaufen. "Zwei von vier Gaskammern wurden kurz vor der Befreiung des Lagers von den Nazis gesprengt." Erklärt der polnische Geschichtslehrer – und macht lange Pausen zwischen seinen Sätzen.
"Tausende Leichen wurden jeden Tag und jede Nacht in den Krematorien verbrannt", sagt er nach einer Weile.
Vier Stunden ist die Gruppe mittlerweile unterwegs. "Die meisten haben für beide Lager oft weniger als einen Tag", sagt der polnische Geschichtslehrer am Ende der Besichtigung und lobt das Interesse der Gruppe.
Isabelle Wurster atmet hörbar aus, auf den letzten Metern Richtung Ausgang.
"Ich bin jetzt froh, dass ich hier war. Weil, man versteht es einfach nicht, es sind so riesige Zahlen, ich habe das Gefühl, jetzt, wo ich hier war, verstehe ich es besser. Ich finde, wenn man die Chance hat, sollt man gehen und man sollte nicht davor zurückschrecken oder sagen, ich habe keinen Bezug dazu, sondern man soll es sich einfach anschauen."
Jonas Klink ist anderer Meinung:
"Manche können das gar nicht verarbeiten. Das hier ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden muss, ob er sich damit beschäftigen will und wie weit er sich damit beschäftigen will. Also ich finde, das ist jetzt nicht ein Städtetrip, mit dem man das vergleichen kann. Man muss sich wirklich bewusst dafür entscheiden."
Ein Besuch in Auschwitz-Birkenau verändere einen für immer, sagen Menschen, die einmal hier waren. Ob der Besuch sie verändert hat, können die beiden jetzt noch nicht sagen.
Vier Stunden ist die Gruppe mittlerweile unterwegs. "Die meisten haben für beide Lager oft weniger als einen Tag", sagt der polnische Geschichtslehrer am Ende der Besichtigung und lobt das Interesse der Gruppe.
Isabelle Wurster atmet hörbar aus, auf den letzten Metern Richtung Ausgang.
"Ich bin jetzt froh, dass ich hier war. Weil, man versteht es einfach nicht, es sind so riesige Zahlen, ich habe das Gefühl, jetzt, wo ich hier war, verstehe ich es besser. Ich finde, wenn man die Chance hat, sollt man gehen und man sollte nicht davor zurückschrecken oder sagen, ich habe keinen Bezug dazu, sondern man soll es sich einfach anschauen."
Jonas Klink ist anderer Meinung:
"Manche können das gar nicht verarbeiten. Das hier ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden muss, ob er sich damit beschäftigen will und wie weit er sich damit beschäftigen will. Also ich finde, das ist jetzt nicht ein Städtetrip, mit dem man das vergleichen kann. Man muss sich wirklich bewusst dafür entscheiden."
Ein Besuch in Auschwitz-Birkenau verändere einen für immer, sagen Menschen, die einmal hier waren. Ob der Besuch sie verändert hat, können die beiden jetzt noch nicht sagen.