Cool, geistreich, groovy

Soulman Curtis Mayfield veränderte den Ton

05:48 Minuten
Curtis Mayfield 1987 am Mikrofon beim Konzert im Berliner Tempodrom
Maßgebliche Stimme des Soul der Sechziger und Siebziger Jahre: Curtis Mayfield - hier 1987 beim Konzert im Berliner Tempodrom. © imago images/BRIGANI-ART
Von Goetz Steeger |
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Er gilt als Wegbereiter des „Black Capitalism“ und ist Vorbild für Künstler wie Kanye West und Dr. Dre. Curtis Mayfield arbeitete sich aus einer Chicagoer Sozialsiedlung zum Soulman und Kämpfer für Gleichberechtigung hoch. 2022 wäre er 80 geworden.
Mit seiner sanften, hohen Stimme thematisierte Curtis Mayfield Rassismus und soziale Ungerechtigkeit, plädierte für gesellschaftliche Veränderung ohne Gewalt, ganz im Sinne von Martin Luther King. Er ist damit zu einer der maßgeblichen Stimmen des Soul der Sechziger- und Siebzigerjahre geworden und bis heute das erklärte Vorbild vieler R&B- und Hip-Hop-Künstler:innen. Curtis Mayfield starb 1999, am 3.6.2022 wäre er 80 Jahre alt geworden.

In einem Interview im legendären Beat Club im deutschen Fernsehen sprach der schwarze Sänger über seine Erwartungen an ein weißes Publikum: „Liebe, Wertschätzung, all das fängt an mit Respekt. Wenn ihr mich als Mensch respektiert und darüber hinaus noch als Künstler akzeptiert, dann kommen wir zusammen.“

„Liebe, Wertschätzung, all das fängt an mit Respekt. Wenn ihr mich als Mensch respektiert und darüber hinaus noch als Künstler akzeptiert, dann kommen wir zusammen.“

Curtis Mayfield

Curtis Mayfield wurde 1942 geboren und wuchs in Cabrini Green, einer Sozialsiedlung in Chicago auf, die einst ein landesweites Vorführmodell war. Doch sie wurde vernachlässigt, verfiel und war später gezeichnet von Banden- und Drogenkriminalität.

Der Sound seiner Kindheit waren die Gospelsongs seiner Großmutter, die als Predigerin aktiv war. Sehr früh brachte sich Curtis Mayfield Klavier bei. Beim Boogie Woogie spielte er nur auf den schwarzen Tasten. Das war zwar immer in derselben Tonart, man konnte aber nicht danebenhauen und es klang immer gut.

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Geburtsstunde des Curtis-Mayfield-Gitarrentunings

Als er mit sieben Jahren das erste Mal eine Gitarre in die Hände bekam, stimmte er die Saiten so, wie es ihm am logischsten erschien, nämlich nach den schwarzen Tasten des Klaviers. Das typische Curtis-Mayfield-Gitarrentuning war geboren: Eine offene Stimmung in der Tonart F-Dur, wenn man Barré, also mit einem Finger quer über alle Saiten auf demselben Bund greift, klingt ein Dur-Akkord. Das prägte den Sound vieler seiner Songs, wie "People Get Ready" zum Beispiel.

Die tiefe Saite extra mit dem Daumen gegriffen, kann den Ton verändern. Dadurch kommt man mit einer Lage aus, einschließlich der eleganten Schnörkel. Das war ideal für den Sänger, der so nicht ständig auf das Griffbrett gucken musste.

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Mit den "Impressions" raus aus der Armut

Musik war sein Weg aus der Armut. Curtis Mayfield brach die Schule ab und stieg als Background-Sänger bei der Vokalband „The Roosters“ ein, die sich kurz später "Impressions" nannte.

Deren einstiger Frontmann Jerry Butler, ein Freund seit Kindertagen, verließ die Band, Curtis Mayfield rückte an seine Stelle. Damit wurde die sogenannte "Mayfield-Ära" 1961 eingeläutet und mit ihr mehr als 14 Nummer-eins-Hits aus seiner Feder. Der erste hieß "Gypsy Woman" und Curtis Mayfield hatte ihn bereits mit zwölf Jahren geschrieben.

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Martin Luther King erklärt Song zur Hymne

Themen wie Rassismus, Krieg und soziale Benachteiligung rumorten in der US-Gesellschaft und auch in Curtis Mayfield. Seine Songs sollten ab sofort auch zur Veränderung beitragen, allerdings mit „Liebe und Ermutigung und nicht mit Wut“, wie Sinead O’Connor später über ihn sagte. Sein Song „Keep On Pushing“ wurde 1964 von Martin Luther King höchstpersönlich zu einer Art inoffiziellen Bürgerrechtshymne erklärt.

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„Keep On Pushing“ war mit den hohen Falsettchören, die niemand so präzise beherrschte wie sie, eines der Markenzeichen der "Impressions".

Der Song lief übrigens auch als Intro für berühmte Grundsatzrede von Ex-US-Präsident Barack Obamas 2004 auf dem Parteitag der Demokraten.

1970 verließ Curtis Mayfield die "Impressions", um seine erfolgreiche Solokarriere zu starten. Als Musiker, Produzent und Geschäftsmann, der die Fäden in der Hand behielt, wurde er auch zu einem Vorbild für viele afroamerikanische Stars wie Dr. Dre oder Kanye West. Der sogenannte „Black Capitalism“ war unter anderem durch Curtis Mayfield in den USA zur Realität geworden.

Vorkämpfer für Gleichberechtigung

Spätestens mit seinem Soundtrack zu dem Blaxploitation-Film "Superfly" 1972 war Curtis Mayfield zu einer der wichtigsten Stimmen im Kampf um Gleichberechtigung geworden. Mit seinem coolen Falsettgesang entsprach er dabei so gar keinem rassistischen Stereotyp.

Dazu erklärte er: „Ich bin froh, dass ich als Entertainer dazu beitragen kann, dass Weiße uns nicht als lustige und halbwilde Tanzfiguren sehen, sondern als Menschen, die nachdenken, Fortschritt wollen und eine eigene Kultur und Identität haben.“

„Ich bin froh, dass ich als Entertainer dazu beitragen kann, dass Weiße uns nicht als lustige und halbwilde Tanzfiguren sehen, sondern als Menschen, die nachdenken, Fortschritt wollen und eine eigene Kultur und Identität haben.“

Curtis Mayfield

Zwei Jahrzehnte später traf ihn während eines Soundchecks eine Lichttraverse, weshalb Curtis Mayfield ab 1990 vom Hals abwärts querschnittsgelähmt war. Dennoch nahm er später noch ein Album auf. „New World Order“ erschien 1995. Vier Jahre danach, am 26. Dezember 1999, starb der große, unvergessene Soulman.
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