Christoph Schwennicke ist Chefredakteur des politischen Magazins "Cicero". Er war zuvor beim Spiegel stellvertretender Büroleiter der Hauptstadtredaktion. Vor seiner Zeit beim Nachrichtenmagazin leitete er von 2005 bis 2007 das Parlamentsbüro der Süddeutschen Zeitung.
Bleibt nur die Wahl zwischen "Raute und Zottelbart"?
Frankreich ist in Bewegung – und was ist mit Deutschland? Die Sozialdemokratie müsse Menschen jenseits ihrer Kern-Klientel ansprechen, meint Christoph Schwennicke, Chefredakteur des "Cicero". Eine "Retro-Politik" à la Jeremy Corbyn mache dagegen wenig Sinn.
Emmanuel Macron ist das politische Wunderkind Frankreichs. Nach der Präsidentschaftswahl hat seine Bewegung La Republique en Marche die erste Runde der Parlamentswahl deutlich gewonnen. Wohin führt Frankreichs Revolution? Zu mehr "Mitte" in der dortigen Politik?
Europa im Umbruch: Christoph Schwennicke analysiert im Deutschlandfunk Kultur auch die Rolle, die Macron im europäischen Gefüge und als Partner von Bundeskanzlerin Angela Merkel einnehmen könnte. Macron sei nicht als ein politischer Neuling zu sehen:
"Das Selbstbewusstsein und der Wille, diese beiden Eigenschaften, sind bei Emmanuel Macron nicht unterentwickelt. Da hat sie (Angela Merkel), glaube ich, in ihm eine härtere Nuss als in François Hollande."
"Das Selbstbewusstsein und der Wille, diese beiden Eigenschaften, sind bei Emmanuel Macron nicht unterentwickelt. Da hat sie (Angela Merkel), glaube ich, in ihm eine härtere Nuss als in François Hollande."
"Die Sozialdemokratie sollte Menschen jenseits ihrer Kern-Klientel ansprechen"
Mit dem Blick auf die Wahlergebnisse in Großbritannien und in Frankreich stellt sich die Frage, was die deutsche Politik daraus für Lehren ziehen könnte. Und von wem sollte sich Martin Schulz etwas abschauen, von Jeremy Corbyn oder eher von Emmanuel Macron? Schwennickes Einschätzung lautet:
"Ich habe den Eindruck, dass sich bei den Sozialdemokraten hier in Deutschland jeder das abguckt, was ihm gerade in den Kram passt. Also die einen sagen: 'Schau mal, der Jeremy Corbyn, wie der mit den alten Instrumenten, sozusagen mit Retro-Sozialdemokratismus, ein ganz achtbares Ergebnis eingefahren hat.' Und die anderen sagen: 'Hey, aber Macron: Der kommt zwar von den Sozialisten, aber er verkörpert im Grunde das, was in Großbritannien vielleicht mal Tony Blair war oder Gerhard Schröder in Deutschland.' Also einen reformierten Sozialdemokratismus."
"Ich habe den Eindruck, dass sich bei den Sozialdemokraten hier in Deutschland jeder das abguckt, was ihm gerade in den Kram passt. Also die einen sagen: 'Schau mal, der Jeremy Corbyn, wie der mit den alten Instrumenten, sozusagen mit Retro-Sozialdemokratismus, ein ganz achtbares Ergebnis eingefahren hat.' Und die anderen sagen: 'Hey, aber Macron: Der kommt zwar von den Sozialisten, aber er verkörpert im Grunde das, was in Großbritannien vielleicht mal Tony Blair war oder Gerhard Schröder in Deutschland.' Also einen reformierten Sozialdemokratismus."
Wenn die deutsche Sozialdemokratie Erfolg haben wolle, müsse sie Menschen jenseits ihrer "Kern-Klientel" ansprechen, meint Schwennicke. Eine "Retro-Politik" nach den Vorstellungen Corbyns sei nicht sinnvoll:
"Es geht nur nach der Methode Schröder-Macron und nicht nach der Methode Corbyn."
"Es geht nur nach der Methode Schröder-Macron und nicht nach der Methode Corbyn."
"Angela Merkel und Martin Schulz nehmen sich nicht viel"
Auf dem Parteitag der Linken am Wochenende hat Fraktionschefin Sahra Wagenknecht einen Politikwechsel gefordert. Sie hat provozierend gefragt, ob denn bei der Bundestagswahl im Herbst wirklich nur die Entscheidung zwischen "Raute oder Zottelbart im Kanzleramt" bliebe. Wer wäre der bessere Kanzler, um Europa im deutsch-französischen Tandem nach vorne zu bringen?
"Ich glaube, da nehmen sich Angela Merkel und Martin Schulz nicht viel. Es ist auch kein Wunder, dass sie über die Jahre – er in seiner Rolle in Europa und sie als Kanzlerin – da immer sehr gut miteinander zusammengearbeitet haben."
"Ich glaube, da nehmen sich Angela Merkel und Martin Schulz nicht viel. Es ist auch kein Wunder, dass sie über die Jahre – er in seiner Rolle in Europa und sie als Kanzlerin – da immer sehr gut miteinander zusammengearbeitet haben."
Themen außerdem heute: Wie die weltweiten Unterschiede bei der Lebenserwartung zustande kommen und wie mehr gesundheitliche Gleichheit herzustellen wäre. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung legt dazu eine aktuelle Studie vor.
Und die Afrika-Politik der Bundesregeirung: Bundeskanzlerin Merkel eröffnet heute die International Conference G20 Africa Partnership in Berlin.