"Studio 9"
Mo-Fr 5:07-9:00 Uhr, 12:07-13:30 Uhr, 17:07-18.30 Uhr
Sa 6:07-9:00 Uhr
"Kultur wird noch wichtiger"
Deutschlandradio Kultur wird feuilletonistischer - das gilt auch für die künftige Primetime "Studio 9", die Nachfolge-Sendung der "Ortszeit". Redaktionsleiter Jürgen König erklärt das neue Konzept.
Torben Waleczek: "Studio 9" heißen die neuen Primetime-Sendungen bei Deutschlandradio Kultur. Sie lösen die bisherige "Ortszeit" ab. Wie unterscheiden sich die Formate?
Jürgen König: Der zentrale Unterschied ist, dass Kulturelles noch wichtiger genommen wird, als das bisher der Fall war. Kulturpolitische und bildungspolitische Themen bekommen deutlich mehr Raum. Wir werden eine Frühkritik im Programm haben, in der wir Ausstellungseröffnungen, Theaterpremieren oder Opernpremieren, TV-Talkshows, Diskussionsrunden, Filme und Konzerte besprechen. Und es wird eine tägliche Buchkritik geben. Wir verstehen Kultur als etwas ganz Grundlegendes, als die Gesamtheit der Antworten auf die Frage: Wie wollen wir leben? So gesehen ist auch die Politik eine Spielart des Kulturellen.
Außerdem wollen wir künftig etwas "lukullischer" klingen und uns dem kulturellen Hier und jetzt zuwenden. Denkbar sind zum Beispiel Beiträge und Gespräche zum Thema Küche, Mode, Trends, Zeitgeist oder Reisezielen. Es soll also nicht nur ein Programm für Chefintellektuelle sein, sondern eines, das jeder versteht - auch wenn er morgens beim Rasieren noch nicht so ganz konzentriert ist.
Waleczek: Welche übergeordnete Idee steht denn hinter der neuen Sendung?
König: Die drei Programme des Deutschlandradios müssen sich ganz klar von einander unterscheiden. Diese Unterscheidbarkeit war bisher zwischen Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur nicht in dem Maße gewährleistet, wie das wünschenswert wäre. Die deutlich kulturellere Ausrichtung des Berliner Programms wird dafür sorgen, dass keiner mehr fragen wird – habe ich nun den Deutschlandfunk gehört oder Deutschlandradio Kultur?
Waleczek: Werden die Hörer denn weiterhin umfassend über das Weltgeschehen informiert?
König: Sie werden über alles informiert, was in dieser Welt passiert. Und zwar zentral durch die siebenminütigen O-Ton-Nachrichten zur vollen Stunde. Das sind ganz normale Nachrichten ohne kulturellen Schwerpunkt. Dazu kommen fünf Minuten reine Wortnachrichten zur halben Stunde. Darüber hinaus wird es zu den klassischen politischen Nachrichten auch weiterhin Gespräche mit Korrespondenten, Wissenschaftlern und Politikern geben. Das gehört selbstverständlich dazu. Wir sind laut Staatsvertrag dazu verpflichtet, ein Vollprogramm zu senden, also beide Bereiche abzudecken – Politik und Kultur. Das empfinden wir nicht als lästige Pflicht, sondern das ist richtig so. Denn auch der "Kulturmensch" ist natürlich am politischen Geschehen interessiert. Und von dem gehen wir aus.
Waleczek: Sie sprechen vom "Kulturmenschen". Welche Hörer wollen Sie mit "Studio 9" erreichen?
König: Der "Kulturmensch" ist jemand, der grundsätzlich Interesse hat am kulturellen Geschehen oder bei dem man Interesse wecken könnte. Wir gehen von einem Hörer aus, der urban geprägt wurde, was nicht zwingend heißt, dass er in der Stadt lebt. Es gibt ja auch auf dem Land viele Menschen, die sehr urban geprägt sind.
Unser Hörer ist jemand, der sich als Zeitungsleser gerne im Feuilleton bewegt. Die Feuilletons sind in den letzten Jahren sehr politisch geworden, dort finden in der Regel die großen Debatten statt. Aber daneben möchten wir auch Menschen für uns gewinnen, die einfach wachen Sinnes und mit einer gewissen Neugier durchs Leben gehen.
Waleczek: Für "Studio 9" arbeiten künftig Redakteure aus den Bereichen Politik und Kultur gemeinsam, die bislang in getrennten Teams für unterschiedliche Sendungen zuständig waren. Wird das klappen?
König: Das wird wunderbar funktionieren, davon bin ich überzeugt. Denn: So unterschiedlich waren die Sendungen "Ortszeit" und "Radiofeuilleton" zuletzt gar nicht mehr. Im "Radiofeuilleton" gab es viele politische Themen, über die auch mit politischen Akteuren gesprochen wurde. Ähnlich wie in den "Ortszeit"-Sendungen. Mitunter waren es dieselben Gesprächspartner, die in beiden Sendungen auftraten, und das zu ganz ähnlichen Themen.
Außerdem kennen sich die Kollegen schon seit Jahren durch die Arbeit im gemeinsamen Newsroom. Wir sind gespannt, wie es wird, wenn Leute, die eher aus der kulturellen Ecke kommen, auf politische Themen schauen. Und umgekehrt befassen sich Kollegen aus der Politik jetzt auch mit Kulturthemen. Dass das auch Reibereien und Unsicherheiten geben kann, ist völlig klar. Wir sind momentan in einer Übergangsphase, die etwas unübersichtlich ist, aber das kann auch gar nicht ausbleiben.
Waleczek: Was wird die "Studio 9"-Hörer musikalisch erwarten?
König: Wir werden musikalisch kein Crossover-Programm anbieten, sondern ein reines U-Musik-Programm, das alle gängigen Musikstile umfasst. Intelligente Musik, darunter auch deutsche Titel, aber nicht nach einer starren Quote. Das Repertoire soll neugierig machen auf das, was weltweit an Musik produziert wird.
Die Musik verstehen wir dabei nicht bloß als Lückenfüller zwischen den Beiträgen. Die Titel werden von Musikredakteuren für jede einzelne Stunde ausgewählt, sie sind ein wichtiger Teil des Programms.
Außerdem werden wir natürlich über musikalische Ereignisse berichten und über Musik sprechen. Nur eben nicht mehr in der Form, wie es bisher im "Radiofeuilleton" war, in dem sich musikjournalistische und kulturjournalistische Texte nach einem festen Schema abgewechselt haben. Es gibt ja die Musikstrecken in der "Tonart", vormittags und nachmittags, wo es um Musikjournalismus in der reinen Form geht. In „Studio 9" können wir so etwas anlassbezogen auch machen – sofern es aktuell wichtig ist.
Waleczek: Für die "Studio 9"-Sendungen am Mittag und Nachmittag planen Sie eine Doppelmoderation. Was wollen Sie damit bezwecken?
König: Worin sich das Berliner Programm zentral vom Deutschlandfunk unterscheiden wird, ist, dass es bei uns diskursiver zugeht. Wir wollen hintergründig sprechen über das, was in der Welt passiert, im politischen wie im kulturellen Leben.
Die beiden Moderatoren werden sich austauschen, sie werden sich auch mal streiten - oder sich gegenseitig in ihrem Wissen ergänzen. Und sie werden in diesem Sinne auch ganz klassische Interviews mit Gesprächspartnern aus Politik, Kultur und Wissenschaft führen.
Dabei werden immer dieselben Moderatoren-Tandems eine Woche zur selben Zeit zu hören sein, so dass man sich an die Beiden gewöhnen kann. Wir haben das schon eifrig geprobt und sind sehr zufrieden. Auch die Kolleginnen und Kollegen selbst haben großen Spaß daran gefunden.
"Studio 9 kompakt"
Mo-Fr 22:30-23:00 Uhr
Sa/So 12:05-12:30 Uhr, 17:05-17:30 Uhr
So 22:30 Uhr-23:00 Uhr