Resilienz in der Demokratie

Warum Nachsicht in der Politik so wichtig ist

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Aus Papier geschnittene Illustration eines Kopfes in dessen Mitte ein Prisma sitzt welches einen grauen Lichtstrahl in das gesamte Spektrum bricht
Nachsichtig sein, aufbrausendes Verhalten nicht gleich auf die Goldwaage legen - auch davon lebt gute Politik, meint Politikwissenschaftler und Autor Klaus Dicke. © Getty Images / Eugene Mymrin
Klaus Dicke im Gespräch mit Ute Welty |
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"Besser Vorsicht als Nachsicht" lautet ein Sprichwort. Politikwissenschaftler Klaus Dicke ist anderer Meinung. Er plädiert für mehr Nachsicht. Das gelte nicht nur im Umgang mit sich selbst, sondern auch in der Politik - und besonders in Krisenzeiten.
In unserer heutigen Form der Demokratie bleibt meist wenig Raum für Nachsicht. Dabei könnte sie durchaus positive Effekte haben, wo sie geübt wird, beobachtet der Politikwissenschaftler und Autor Klaus Dicke.
In seinem aktuell erschienen Sachbuch "Über die Resilienz der Demokratie" führt er diese Beobachtung gedanklich aus: Mit mehr Freundlichkeit und Verständnis im Umgang miteinander lassen sich besser rationale Lösungen finden. Daher sollte "jeder in der Politik um Nachsicht bemüht sein", sagt Dicke.

Toleranz als Ergebnis von Nachsicht

Er grenzt die Nachsicht aber klar von Toleranz und Gleichgültigkeit ab. "Nachsicht ist ein freier Akt", sagt er. Das habe sie mit der Toleranz gemeinsam. Nachsicht begrenze sich aber auf eine Person oder Handlung, während Toleranz ein Habitus sei, so Dicke weiter. Toleranz könne wiederum ein Ergebnis von Nachsicht sein.
Der Rektor der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität, Klaus Dicke, spricht am Montag (16.07.2012) während einer Pressekonferenz in Jena. Die Universität informiert über den Stand der Vorbereitungen für das geplante Kompetenzzentrum Rechtsextremismus. Es soll den Wissensstand zum dem Thema dokumentieren und neue Forschungen anstoÃen. Foto: Martin Schutt dpa/lth
Klaus Dicke war bis 2014 Rektor der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität und wurde im selben Jahr als parteiloser CDU-Gegenkandidat zu Bodo Ramelow gehandelt.© picture alliance / dpa / Martin Schutt
"Die Grenze zur Gleichgültigkeit liegt darin, dass man nicht überall nachsichtig sein darf", ergänzt Dicke. Es gebe rote Linien, über die die Nachsicht nicht hinweggehen dürfe: "Das ist die Integrität und Würde eines anderen", führt der Autor aus.

Nachsicht für das eigene Selbst

Zur Nachsicht gehöre es, sich weniger aufzuregen, behauptet Dicke. "Eine Kultur der Nachsicht bedeutet auch, sich selbst zu beobachten", sagt er und nennt als Beispiel die Reflexion der eigenen Neujahrvorsätze. Nur wenige Vorhaben könne man tatsächlich in die Tat umsetzen und daher solle man nachsichtig mit sich selbst sein. Das gehört für Dicke zu einer "Kultur der Nachsicht", die sich dann auch auf andere übertragen lasse.

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Dementsprechend sollte man teilweise mehr Nachsicht im Umgang mit Politikerinnen und Politikern walten lassen, fordert der Politikwissenschaftler. Er betrachtet es als Mindesterwartung, dass "selbst eine spitze oder überzeichnete Bemerkung nicht boshaft ausgelegt werden darf." Zurechtweisungen sollten dennoch möglich sein – nur eben in einer konstruktiven Form, so Dicke weiter.

Klaus Dicke: "Über die Resilienz der Demokratie"
Herder Verlag, 2023
128 Seiten, 18 Euro

Besonders in Krisenzeiten sei dies wichtig. "Wer unter Druck steht, reagiert aufgeregter und verlässt gelegentlich den Boden der Realität.“ Folglich: Wenn man über so etwas hinwegsehen kann, dann gelingt es auch, die allgemeinen Verhältnisse freundlicher zu gestalten.
(lsc)
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