Milo Rau wehrt sich gegen Verbotsforderungen
Ein von französischen Politikern initiierter Aufruf mit 10.000 Unterschriften fordert die Absetzung eines Theaterstücks über den Sexualmörder Marc Dutroux. Der Regisseur und Autor Milo Rau will sich von dem Protest gegen "Five Easy Pieces" nicht einschüchtern lassen.
"Wir haben natürlich abgesprochen, dass wir ruhig bleiben", sagte der Theatermacher Milo Rau im Deutschlandradio Kultur über die Proteste gegen die Aufführung des Stückes "Five Easy Pieces" in Paris. Der Präsident der Christdemokratischen Partei, Jean Frédéric Poisson, fordert ein Verbot der Iszenierung, die sich mit dem belgischen Sexualmörder Marc Dutroux beschäftigt. In einer Petition, die sich an den Justizminister richtet, ist von der Sorge um die Kinderdarsteller die Rede. 10.000 Menschen unterschrieben diese Forderung bislang und der Druck wächst.
Demonstration vor Theater erwartet
Rau verteidigt sich gegen die Vorwürfe. Poisson habe das Stück nicht gesehen, bevor er diesen Brief an den Justizminister verfasst habe. "Das ist im Grunde ein großes Missverständnis", sagte er. Der Pariser Theaterleiter und er hätten als Reaktion Interviews gegeben und mit dem Bürgermeister gesprochen. "Es kann keine Debatte geben, dass das wirklich abgesagt wird", sagte er. Die zuständigen Stellen hätten das Stück bewilligt. "Natürlich werden wir da nicht zurückschrecken", sagte Rau.
"Zum Glück waren alle Sitze schon verkauft", sagte er. Nun gebe es eine Einlasskontrolle im Theater und man hoffe, dass es bei einer Demonstration vor dem Theater bleibe. "Ich hoffe, es wird nicht abgebrochen", sagte Rau. Ihm gehe es vor allem, dass die Kinder und Jugendlichen, die in dem Stück auftreten nicht das Gefühl bekämen, dass sie etwas Falsches täten und sich das auf ihre Spielhaltung auswirke.
Wahlkampfmanöver von Poisson
Es handele sich nur um ein Wahlkampfmanöver, sagte Rau. Poisson versuche sich gegen Kunst und Kultur in Stellung zu bringen. "Wir haben immer eine Strategie der absolut offenen Türen gehabt", sagte der Regisseur. Es habe schon vorher in anderen Ländern Anfeindungen gegen das Stück gegeben, auch in Deutschland. Er habe dann in die Generalproben eingeladen und Kritiker mit Eltern und Kindern zusammengebracht. "Damit sie wirklich sehen, wie das läuft, dass da nicht unbewusste Marionetten von einem Skandalregisseur zu irgendwelchen Dingen gezwungen werden, sondern das das eine extrem sensible und professionelle Arbeit ist", sagte Rau. "Das hat dann immer alle sofort beschwichtigt." Er sei sicher, dass der Konflikt nach einem kurzen Gespräch mit Poisson erledigt sei. Die Kinderdarsteller seien während der Probenarbeit und auf der inzwischen bereits einjährigen Tournee von Psychologen betreut worden.
Kritikerlob für das Stück
Mit "Five Eays Pieces" fährt der Schweizer Theatermacher Milo Rau gerade große Erfolge ein. Das Stück ist zum Theatertreffen in Berlin und zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen, und es erhält den 3sat-Preis.