"Stufen" von Hermann Hesse

Ein Gedicht, das für viele vertraut klingt

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Ein digital koloriertes Schwarz-Weiß-Foto ziegt Hermann Hesse in der Casa Camuzzi
Hermann Hesse in der Casa Camuzzi: Franziska Pietsch war schon als junges Mädchen von seinem Gedicht "Stufen" fasziniert. © picture alliance / akg-image
Von Franziska Pietsch |
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"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne": Dieser Vers aus „Stufen“, einem der bekanntesten Gedichte des Schriftstellers Hermann Hesse, ist in die Alltagssprache eingegangen.
Franziska Pietsch ist Geigerin und spielt vor allem Kammermusik. Schon als junges Mädchen hat sie das Gedicht "Stufen" von Hermann Hesse besonders fasziniert.

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
(4. Mai 1941)

Hermann Hesse: Sämtliche Gedichte in einem Band
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1995

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