"Hamilton" feiert am 6. Oktober 2022 im Operettenhaus in Hamburg Premiere.
"Hamilton" im Operettenhaus Hamburg
Die deutsche Übersetzung der Texte aus Hamilton ist das Werk des Rappers Sera Finale und des Musical-Übersetzers Kevin Schroeder. © picture alliance / dpa / Georg Wendt
Erfolgsmusical über US-Geschichte kommt nach Deutschland
48:35 Minuten
Das preisgekrönte Musical über den Gründervater der USA, Alexander Hamilton, feiert im Operettenhaus in Hamburg Premiere. Dass es erstmals in einer nicht-englischsprachigen Version gezeigt wird, ist eine Sensation – und auch mutig.
„Hamilton“ erzählt nichts weniger als die Geschichte der Gründung der USA im 18. Jahrhundert und das aus Sicht eines der Gründerväter: Alexander Hamilton. Es ist eine Einwanderergeschichte, denn Hamilton – geboren als uneheliches Kind auf der kleinen Karibikinsel Nevis – arbeitete sich hoch: Er kämpfte im Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten und wurde erster Finanzminister der USA. Er hat auch den ersten Sexskandal der USA produziert. Er starb an den Folgen eines Pistolenduells mit seinem Widersacher Aaron Burr.
Sex und Gewalt als Teil der Gründungsgeschichte
Migration, Revolution, Politik, Ehebruch und persönliches Drama – in der Biografie steckte alles drin, was Autor und Texter des Musicals, Lin-Manuel Miranda, interessierte.
„Es gab so viel Geschichte!“, erzählt er im Interview in New York. „Ich kannte vieles davon nicht. Diese Geschichte, die auch Sex und Gewalt einschließt, ist Teil der Gründung unseres Landes. Ich fand das aufregender als alles, was ich in der Schule über amerikanische Geschichte je gelernt hatte, und ich konnte nicht glauben, dass sich niemand damit beschäftigt.“
2015 hatte das Musical Premiere und löste ein kleines Beben aus, erst am Broadway, dann auch im Rest des Landes: Pulitzer-Preis, elf Tony-Awards, Lob von Barack Obama, böse Tweets von Donald Trump, Zitate auf Schildern der Black-Lives-Matter-Bewegung, seit sieben Jahren ausverkauft, weitere Hamilton-Produktionen in Chicago, Los Angeles, London, Australien. Das sind einige der Schlaglichter, die „Hamilton“ geworfen hat. Nun kommt mit der deutschen Premiere ein weiteres hinzu. Es ist die erste fremdsprachige Adaption des Musicals.
Liebe auf die erste Zeile
Bei der Liebe zur Sprache haben sie sich getroffen: Hip-Hop-Musiker und Songwriter Sera Finale und Übersetzer und Musicalautor Kevin Schroeder. Dreieinhalb Jahre haben sie an der Übersetzung gearbeitet, haben Inhalt, Flow, Melodie, Anspielungen und Querverweise ins Deutsche übertragen. Nun wird intensiv bis zur Premiere geprobt. Die 34 Darsteller*innen kommen aus 13 Nationen. Fast alle sind People of Color.
„Hamilton“ betritt in vielerlei Hinsicht Neuland: Deutschland ist zwar weltweit der drittgrößte Musicalmarkt nach den USA und Großbritannien. Aber die deutsche Musical-Landschaft funktioniert anders. „Im Vergleich zu England sind wir hinterher, auch, was die Offenheit angeht für neues Material“, sagt Denise Obedekah, die künstlerische Leiterin der Hamburger Produktion. „Da hängen wir noch sehr in den 80ern und trauern ‚Cats‘ und ‚Phantom der Oper‘ hinterher. Da ist ‚Hamilton‘ der richtige Schritt, ein mutiger und ein notweniger Schritt, um dem Publikum zu zeigen: Es gibt auch noch ein bisschen was anderes.“
Als „Ein Stück Revolution“ bewirbt Stage Entertainment die Show in Hamburg. Gemeint ist damit nicht nur den amerikanischen Kampf um Unabhängigkeit, sondern auch die Hoffnung darauf, ein bisschen die deutsche Musicalwelt zu revolutionieren.