Sturm auf das US-Kapitol

Die Macht der Bilder und Begriffe

06:56 Minuten
Eine zerborstene Scheibe am US-Kapitol in Washington.
Zerborstene Scheibe am US-Kapitol in Washington: Die Bilder, die beim Angriff auf das US-Kapitol entstanden, werden wir so schnell nicht vergessen. © picture alliance / Anadolu Agency / Tayfun Coskun
Michael Koß im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Die Ereignisse rund um das Kapitol in Washington werden von US-Politikern mit Sprachbildern beschrieben: zum Beispiel als ein Angriff auf das eigene Herz. Der Politologe Michael Koß über symbolische Worte und ikonografische Fotos.
"Ich war heute zutiefst erschüttert, als ich an die Menschen dachte, die ich in China und Russland, in Afghanistan und im Irak und an vielen anderen Orten getroffen habe, die sich nach Freiheit sehnten und die das Kapitol als einen Ort betrachteten, der Hoffnung gibt", sagte der Republikaner Mitt Romney über die Bilder der Erstürmung des US-Kongresses in Washington durch radikale Anhänger von US-Präsident Donald Trump. "Es bricht mir das Herz."
Diese Worte findet der Politikwissenschaftler Michael Koß treffend. "Es ist ganz wichtig, die Demokratie symbolisch aufzuladen." So sei das Parlament das Herz der Demokratie, erklärt der Professor für Politikwissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. "Wenn selbiges gebrochen ist und dort ein Eingriff stattfindet", sei ein solches Sprachbild "nachvollziehbar, treffend und auch wichtig".
Anhänger von US-Präsident Trump stürmen die Treppen des Kapitols.
Anhänger von US-Präsident Trump stürmen die Treppen des Kapitols.© picture alliance / Anadolu Agency /Tayfun Coskun
Das sprachliche Bild, das der künftige demokratische US-Präsident Joe Biden dagegen gewählt hat, der von einem "Angriff in der Zitadelle der Freiheit" sprach, findet der Politikwissenschaftler dagegen weniger gut getroffen. "Zitadelle der Freiheit würde bedeuten, dass ein permanenter Belagerungszustand stattfindet", erklärt Koß. Er wolle zwar den Mob nicht wegreden, sehe aber immer noch große Mehrheiten für die Demokratie in den USA. "Da ist mir zu viel Metaphorik des Verschanzens drin."
Porträt von Michael Koß,  Politikwissenschaftler, 2018.
Michael Koß ist Professor für Politikwissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg.© imago / Jürgen Heinrich
Das Bild aus dem Büro von Nancy Pelosi, der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, auf dem ein republikanischer Anhänger die Füße auf ihren Schreibtisch legt, hält Koß möglicherweise für ikonografisch. "Wenn es das nicht wird, dann das von dem Menschen, der neben der Statue von Gerald Ford [38. Präsident der Vereinigten Staaten, Anm.d.Red.] steht." Die Bilder zeigten eine extreme Anmaßung, erklärt Koß den Charakter der Aufnahmen: "Diese Leute können diese Plätze eigentlich nicht einnehmen, denn sie sind intellektuell, emotional und moralisch dazu nicht fähig."
(lsc)
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