Stuttgart 21

Hoher Preis für neuen Bahnhof

Stuttgart 21-Gegner demonstrieren in Stuttgart vor einem Bautor, im Hintergrund ist der Südflügel des Hauptbahnhofes zu sehen.
Proteste gegen Stuttgart 21 Anfang des Jahres 2014. © picture alliance / dpa / ranziska Kraufmann
Von Uschi Götz |
Der Bau des unterirdischen Stuttgarter Bahnhofs schreitet voran. Doch die Bürgerproteste gehen weiter. Mittlerweile warnen sogar Befürworter vor ungeahnten Problemen und Gefahren. Die SPD-Basis spricht von vertuschten Rechtswidrigkeiten.
Lautsprecheransage: "Willkommen in Stuttgart"
Wer diese oder ähnliche Worte hört, hat es geschafft. Das Reiseziel ist erreicht. Das gelingt immer weniger Menschen, die nach Stuttgart kommen wollen, denn in der Region herrscht mittlerweile ein ziemliches Chaos. Das trifft Fernreisende, aber vor allem Berufspendler, die auf Regionalbahnen und S-Bahnen angewiesen sind. Andreas Kegreiß vom Fahrgastverband Pro Bahn:
"Ausgefallene Züge, verspätete Züge, infrastrukturbedingte Verspätung, das heißt, da sind auch die Schienen nicht mehr da, Ausweichstellen, die Baustelle nimmt die Redundanzen raus aus dem System und so ergibt sich ein erheblicher Verspätungsfaktor, der doppelt so hoch ist als noch im Jahr 2005, da hatten wir in der Hauptverkehrszeit 11,3 Prozent verspätete Züge und jetzt sind es über 25 Prozent.
Jeder 4. Zug fährt nicht mehr pünktlich. Neue Züge machen Probleme, aber vor allem kommt es durch die Bauarbeiten an den Gleisen im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu erheblichen Problemen im gesamten Schienennetz.
In ihrer Verzweiflung steigen immer mehr Menschen in der Region Stuttgart auf das Auto um. Die Folge: Auch auf den Straßen in und um Stuttgart kommt der Verkehr regelmäßig zum Erliegen. Zu den Autos kommen noch täglich hunderte Lastwagen hinzu, die den Erdaushub aus der Stadt bringen.
Gefahr für Stuttgarts Mineralwasserquellen
Der Wind pfeift über die baden-württembergische Landeshauptstadt. Auf dem über 50 Meter hohen Bahnhofsturm steht Gerhard Pfeifer, Biologe und BUND-Geschäftsführer in Stuttgart. Unten geht es bei einer der größten Baustellen Europas in eine entscheidende Phase.
"Hier sehen wir den Bereich, wo der neue Tiefbahnhof gebaut werden soll. Das sind ungefähr 900 Meter in der Länge, 80 Meter in der Breite und dann 16 Meter in der Tiefe, soll hier dieser Trog in die Erde versenkt werden, wo sich der neue Bahnhof dann befinden soll, der dann zukünftig acht Bahnsteige haben soll statt wie bisher jetzt 16."
Die riesige Baustelle ist in viele Baugruben unterteilt. Teilbaugrube 16, etwa ein fußballfeldgroßer Bereich, ist jetzt vier Meter tief ausgebaggert.
"weil nach vier Metern kommt das Grundwasser, dass dann weggepumpt werden muss, in diesen blauen Rohren, dann entsprechend gereinigt wird und wieder zurück infiltriert, also hineingepumpt wird in den Untergrund. Und jetzt haben wir die Phase, wo das Projekt ins Wasser geht, ins Nasse kommt, diese Arbeiten sollen jetzt beginnen, sprich, jetzt wird erst richtig begonnen abzupumpen."
Biologe Gerhard Pfeifer ist überzeugt, auf der Baustelle wird russisches Roulette gespielt. Nach Budapest verfügt Stuttgart über das zweitgrößte Mineralwasservorkommen in Europa. Täglich sprudeln etwa 44 Millionen Liter Wasser aus verschiedenen Quellen, das Mineralwasser steht unter Druck.
"Wie ein Geysir kann man sich das vorstellen. Wenn ich jetzt das Grundwasser als Gegengewicht wegnehme aufgrund der Baumaßnahme, droht das Mineralwasser aufzusteigen und nach oben zu entfleuchen. Dies hätte die fatalen Folge, dass die Mineralwasserquellen hier in Stuttgart, dass die dann das Problem bekommen, dass ihre Quellen versiegen."
Weiterhin Montagsdemos
Arbeiten am offenen Herzen. Die Angst, das heilende Wasser könnte für immer versiegen, treibt bis heute viele Stuttgarter auf die Straße. Aber es ist nicht nur das Wasser.
Auf einer Bühne neben dem Stuttgarter Rathaus steht der Musiker David Stützel und spielt Gitarre. Der Marktplatz füllt sich. Junge und ältere Menschen scharen sich um die Bühne. Es ist Montag und seit Jahren kommen an diesem Tag Projektgegner zusammen. Früher traf man sich am Hauptbahnhof, jetzt auf dem Stuttgarter Marktplatz. Am Ablauf hat sich nichts verändert: Erst Kundgebung, dann Demozug durch die Innenstadt
"Noch einmal ein herzliches Willkommen ihnen und euch allen bei unserer 244. Montagsdemo. Auch heute begrüßen wir wieder die Fußgänger vom Kernerplatz."
Die Stuttgarter Gynäkologin Dr. Angelika Linckh steht auf einer fahrbaren Bühne und begrüßt ihre Mitstreiter.
"Und ganz besonders begrüßen wir Peter Grohmann, dem wir heute zum Geburtstag gratulieren wollen."
Die Band spielt einen Tusch, die Demonstranten singen mit und die fröhliche Fachärztin kommt nach dem verbindlichen Auftakt zur eigentlichen Sache:
"Unser Motto heute 'Wir lassen nicht locker', wir lassen nicht locker bei unserem Protest gegen dieses zerstörerische Projekt. Volker Kefer brüstete sich beim Lenkungskreis, letzte Woche damit, dass die Hälfte der Bauzeit geschafft sei."
Pfiffe und Rufe. Die Polizei, mit drei Einsatzwagen vor Ort, hält sich im Hintergrund. Etwa 1500 Stuttgart21-Gegner sind an diesem Abend zusammenkommen.
Eine Demonstrantin läuft mit einem Schild durch die Reihen. Auf dem Schild steht der nächste Termin für den sogenannten Wasserwerfer-Prozess. Der Prozess soll die Rolle von zwei Polizeiführern während des eskalierenden Einsatzes im September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten klären.
Viele Aktionsbündnisse gegen das Projekt im ganzen Bundesland
Der Untersuchungsausschuss Schlossgarten II geht indes nahezu zeitgleich der Frage nach, welchen Einfluss der damalige CDU Ministerpräsident Stefan Mappus auf die Polizei hatte. Dabei kann nicht, wie von Grün-Rot gehofft, auf den E-Mail-Verkehr des früheren Ministerpräsidenten aus dieser Zeit zurückgegriffen werden. Nach einer rechtlichen Auseinandersetzung wurde jüngst entschieden, die Mappus-E-Mails aus dieser Zeit kommen ins Landesarchiv. 30 Jahre bleiben sie dort unter Verschluss, erst dann sind sie zur Lektüre frei.
So ist zumindest dieses Mappus-Kapitel eine Weile Geschichte. Die Projektgegner kämpfen indes weiter. Montagsdemo, dienstags Frühstück am Bauzaun, donnerstags Schwabenstreich in Leidenfelden, jeden Tag trifft sich irgendwo im Land ein Aktionsbündnis gegen das Bahnprojekt.
"Dieter Hildebrandt hat mal sehr nett gesagt, kein deutsches Kernkraftwerk ist ohne meinen Protest ans Netz gegangen. Und wir sind davon überzeugt, dass dieser geplante Tiefbahnhof nie funktionieren wird und deswegen werden wir so lange protestieren, so lange es diesen Kopfbahnhof noch gibt, so lange wird unser Protest auf jeden Fall weitergehen."
Die Gynäkologin und Moderatorin der 244. Monatsdemo schüttelt ihre wilde Lockenpracht und strahlt dabei über das ganze Gesicht.
"Kretschmann sagt ja, es zählt nicht die Wahrheit, sondern es zählt die Mehrheit. Wenn man felsenfest davon überzeugt ist, dass das ein schlechtes Projekt ist, viel, viel schlimmer als der Berliner Flughafen, viel, viel schlimmer als die Elbphilharmonie, dann kann man einfach nicht aufhören oder ich kann dann einfach nicht aufhören, zu sagen, das ist schlecht, das will ich nicht."
Gegner: "Rot-Grün hat keinen Politikwechsel gebracht"
Am 27. November 2011 sprach sich die Mehrheit der Baden-Württemberger für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 aus. Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands, war damals erst wenige Monate im Amt und kündigte an, die Landesregierung werde das Projekt kritisch-konstruktiv begleiten. Matthias von Herrmann hat den Widerstand gegen das Bahnprojekt strategisch mit aufgebaut und ist bis heute Sprecher der Projektgegner:
"Es sind sicher viele weggeblieben, das zeigen alleine die Demonstrationszahlen, wir wissen auch von vielen Menschen, die alle drei, vier Wochen zur Montagsdemo kommen oder nur noch zu den Großdemonstrationen, allein von daher halbiert oder viertelt sich die Zahl ganz schnell. Es ist insgesamt so, dass in dieser Bewegung sehr viel Frustration und Resignation herrscht, vor allem natürlich seit Grün-Rot hier im Land die Regierung übernommen haben und schlicht und einfach gar nichts gegen das Projekt tun. Im Grunde haben wir eine Bremse gewählt, aber keinen Stopp oder keine Umkehr dieses Projektes ganz offensichtlich bekommen.
Grüne wählen führe zur Politikverdrossenheit, sagt von Herrmann. Kretschmann verdankt seine Wahl zum Ministerpräsidenten unbestritten auch einer großen Zahl von Stuttgart21-Gegnern. Die Grünen hatten sich bis zum Volksentscheid klar für den Erhalt des Kopfbahnhofes ausgesprochen. Von Herrmann stört heute vor allem, dass die Grünen nicht einmal symbolische Dinge tun, wie etwa der Bahn bohrende Fragen stellen:
"Inzwischen glaube ich, dass es keine Konsequenzen hat, egal ob jetzt Grün-Rot, Rot-Grün, Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot 2016 an die Regierung kommen, denn wir haben es gesehen, selbst eine Grün-Rote Regierung hat nur einen Politikerwechsel gebracht aber keinen Politikwechsel."
SPD-Basis: "Mehr und mehr Rechtswidrigkeiten kommen auf den Tisch
2016 findet die nächste Landtagswahl in Baden-Württemberg statt. Das Bahnprojekt galt von der Regierungskoalition als abgehakt. Möglicherweise spielt es im Wahlkampf aber doch wieder eine Rolle. Der Unmut wächst. Die zunehmende Baubelastung wird immer deutlicher und entscheidende Fragen in der Bauplanung sind noch nicht gelöst. Während man bei den Grünen zum Thema Stuttgart 21 eher schweigt, hat die SPD den größten Feind in den eigenen Reihen sitzen:
"An der Basis in der SPD sieht es völlig anders aus, als oben in der Spitze. Es gibt viel Kritik in der SPD an diesem Projekt, aber es gibt natürlich auch viel Resignation und das schlägt sich in den schlechten Wahlergebnissen der SPD, die uns auch schmerzen, immer wieder nieder."
Klaus Riedel war jahrzehntelang Vorsitzender der SPD-Fraktion im Waiblinger Gemeinderat und zählt zu den führenden Sozialdemokraten in Baden-Württemberg, die das Bahnprojekt Stuttgart 21 ablehnen. Nicht einmal aus wahltaktischen Gründen wollen die SPD Mitglieder schweigen.
"Nein, wir sind deshalb nicht ruhig, weil es hier um politisch strukturelle Probleme geht, nämlich um das Vertuschen, Verheimlichen von der Wirklichkeit der Realität, auch um Rechtswidrigkeiten, die begangen werden. Die jeden Tag mehr und mehr auf den Tisch kommen."
Auf dem Tisch liegt seit wenigen Tagen ein Gutachten des Düsseldorfer Verkehrsexperten Sven Andersen. Andersen kommt zu dem Ergebnis, dass durch das Gefälle der Gleise ein großes Unfallrisiko für ein- und aussteigende Fahrgäste bestehe, da haltende Züge wegrollen könnten. Das gäbe es weltweit nirgends, weiß ein Experte vom Verkehrsclub. Außer in Köln. Dort fahre auch ab und zu mal ein Zug nach dem Halt einfach weiter.
Verbindung von Bahnhof, Flughafen und Trasse nach Ulm unklar
Wäre man ein paar Kilometer weiter am Stuttgarter Flughafen doch bloß schon so weit, und könnte sich wenigstens mit wegfahrenden Zügen beschäftigen. Denn auch die Anbindung des Flughafens samt neuem Bahnhof zählen zum Bahnprojekt. Bis heute ist nicht einmal geklärt, wie die Bahn den Flughafen mit dem künftigen unterirdischen Bahnhof in der Stuttgarter Innenstadt und der ICE-Trasse nach Ulm verknüpfen will. Bahn, Land, Stadt und Region haben sich in dieser Frage total verhakt. Gemeinsam will man nun beim Bundesverkehrsministerium anklopfen und ausloten, ob vielleicht der Bund Geld für den Flughafenbahnhof zuschießt.
In Stuttgart Untertürkheim haben jetzt schon einige die Nase voll von Stuttgart 21. In einer Wurfsendung von der Bahn wurden 8500 Haushalte vorgewarnt, sie werden durch eine Lärmhölle müssen. Dann rammte die Bahn in dem Stuttgarter Ortsteil nachts Spundwände in den Boden. Betroffene sprechen von einem nächtlichen Horror. Kinder konnten nicht schlafen und schrien nächtelang, Hunde bellten, Geschirr flog aus Regalen. Nach 14 Tagen war der Spuk vorbei, die Spundwände stehen, jetzt ist erst einmal wieder Ruhe. Nicht so ein paar Kilometer weiter im Stuttgarter Norden. Im Minutentakt fahren dort Lastwagen mitten durch ein Wohngebiet.
"Es sind Lastwagen mit Anhänger zum Teil, es sind Baufahrzeuge mit jeder Menge Aushubschutt, es sind Betonmischer, die fahren ganz viel auch nachts, die fahren auch am Sonntag, alle Viertelstunde."
Anwohner klagen über Baulärm
Im Stuttgarter Norden warten bis heute Anwohner eines Wohngebiets vergeblich auf eine Baulogistikstraße. Immer wieder bekommen sie neue Termine genannt, wann diese Entlastungsstraße kommt. Claudia Jechow von der Bürgerinitiative Nordlichter, die sich vor zwei Jahren gegründet hat:
"Das hat viel mit der Baulogistikstraße zu tun, die eben nicht gebaut wird. Und diese ganze lange Zeit bedeutet, dass solange diese Baulogistikstraße nicht gebaut wird, das alles durchs Wohngebiet durchgeht, reines Wohngebiet also 30er-Zone, nicht irgendein Mischgebiet, keine Industrie oder so, sondern reines Wohngebiet."
Eine Kindertagesstätte ist im Stuttgarter Norden betroffen, auch eine Flüchtlingsunterkunft.
"Das ist direkt an der Fläche, wo abgeladen wird. Also wo von den LKW auf die Schienen verladen wird, die Waggons, die das ziehen, machen einen Höllenlärm, piepsen, wenn sie rückwärts fahren, also auch Lastwagen piepsen, wenn sie rückwärtsfahren, aber wenn die anfahren, das gibt einen Höllenlärm, dann ist da ein ewig langer Waggontross hinten dran, und es ist tatsächlich so, wir haben uns auch aus anderen Gründen, jetzt nichts deswegen, sondern aus anderen Gründen, um die zu unterstützen, sind wir mit denen in Kontakt gegangen. Es ist wirklich furchtbar für die Bewohner dort. Es geht wirklich die ganze Nacht."
Die Nerven liegen blank. Im Sommer wandte sich die Initiative Nordlichter an die Stadt Stuttgart, die von dem grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn regiert wird. In einem Brief schilderten sie die unerträgliche Verkehrssituation.
Der Stadt sei bewusst, dass die Bautätigkeit für das Projekt Stuttgart 21 mit Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger verbunden sei, heißt es in einer Antwort vom Amt für öffentliche Ordnung. Man werde nochmals bei den Transportunternehmen eindringlich auf die Einhaltung der Verkehrsregeln hinwirken. Gleichzeitig werden die Bewohner in dem Schreiben aufgefordert, Kennzeichen von Fahrzeugen aufzuschreiben und zu melden, sollten sich Fahrer ordnungswidrig verhalten.
Gemeinde Talheim wehrt sich gegen das Abladen von Erdaushub
60 Kilometer sind es von der Stuttgarter Innenstadt bis nach Talheim bei Horb am Neckar. Talheim ist ein verwunschener Flecken Erde umgeben von hohen dunklen Tannen, durch das Tal schlängelt sich ein kleiner Bach. Die Zeit scheint ein wenig stillzustehen in der kleinen Gemeinde. Jetzt soll vielleicht bald ein großer Teil des Erdaushubs aus Stuttgart in Talheim landen. Ein großer, seit Jahren stillgelegter Steinbruch könnte mit Erdhaushub in Stuttgart aufgefüllt werden.
An einem Haus in der zu Horb am Neckar gehörenden Gemeinde Talheim (Baden-Württemberg) hängt am 20.10.2014 ein Transparent auf dem steht "Behaltet euren Dreck in Stuttgart! Kein Talheim 21". in der Gemeinde soll ein ehemaliger Steinbruch mit Abraum des Bahnprojekts Stuttgart 21 aufgefüllt werden. 
Die Bürger der Gemeinde Talheim protestieren mit einem Transparent gegen das Abladen von Erdaushub in einem renaturierten Steinbruch.© picture alliance / dpa / Uli Deck
"Behaltet euern Dreck in Stuttgart" steht groß auf einem Plakat am Ortseingang von Talheim. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, und kämpft nun gemeinsam gegen die Pläne des Steinbruchbesitzers. Dietmar Meintel, Sprecher der Bürgerinitiative gegen "Talheim 21":
"Wir brauchen die Bürger eigentlich gar nicht mobilisieren, weil die Leute haben 40 Jahre mit diesem Steinbruch gelebt, die Leute haben dafür gekämpft, dass das zugegangen ist. Es besteht hier ein Vertrag mit der Stadt Horb, der eindeutig regelt, dass hier nichts mehr rein darf. Jeder, die Leute sind Sturm gelaufen, die Leute haben gesagt, wir vertrauen auf die Staatsgewalt, wir vertrauen auf die Verträge, die Leute, wenn die daran denken, die weinen. Diese Leute sind so was von emotional, diese Leute muss man einfach nur vertreten."
Im Steinbruch wachsen Büsche und Bäume. Eidechsen leben zwischen den Steinen, ein Uhu brütet regelmäßig, Füchse und Rehe leben hinter einem hohen Zaun, der den Zugang zum stillgelegten Steinbruch verhindert. Stefan Merkle, ebenfalls von der Bürgerinitiative, steht vor dem Zaun und blickt in Richtung Steinbruch. Die Felswand ist etwa 70 Meter hoch, das Gelände darunter erstreckt sich über mehrere hundert Meter:
"Sie sehen hier im unteren Bereich, alles bewachsen, alles renaturiert, und das ist eigentlich die ganze Thematik, die uns hier beschäftigt, hier haben wir einen renaturierten Steinbruch, der als Teilbiotop ausgewiesen ist und dieser Steinbruch soll künftig zu einer Deponie werden. Wir haben ja hier die Situation, so wie sie es sagen, Straßen sind vorhanden, wenn sie sich das aber genau angucken, haben wir keine Straßen, sondern wir haben hier in Talheim enge Gassen und man kennt das aus der Vergangenheit dass damals schon die LKWs kaum aneinander vorbei gekommen sind und wenn wir jetzt hier überlegen, dass damals 40 Jahre lang abgebaut wurde und wir jetzt von einer Auffüllung innerhalb von fünf Jahren sprechen, würde das bedeuten, die Verkehrsbelastung als solches wäre mit Sicherheit um ein Fünffaches bis Zehnfaches höher, wie es in der Vergangenheit war. Wir gehen davon aus, nach den Berechnungen des Unternehmers, die er auch präsentiert hat, dass hier innerhalb von zwei Minuten, jeweils ein LKW rein- und rausfährt."
Ende November wird im Horber Gemeinderat über das Vorhaben endgültig entschieden. Über 80 Prozent der Talheimer haben sich beim Volksentscheid für den Bau des Bahnprojekts ausgesprochen. Bei der Montagsdemo in Stuttgart heißt es: Selber schuld, jetzt haben sie den Dreck aus Stuttgart.
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