Subkultur in München

Zuerst die Kunst, dann das "Cool"

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Die Fassade des "Z common ground" von der Zschokkestraße aus gesehen, direkt vom U-Bahn-Ausgang Westendstraße.
München ist ein hartes Pflaster für die Subkultur. Eine kulturelle Zwischennutzung wie das "Z common ground" öffnet da vielleicht die Augen. © Andi Hörmann
Von Andi Hörmann |
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Ein ehemaliger Gewerbehof in München-Laim wird zur Spielwiese für Kunst und Kultur - und "Z common ground" zu einer herausragenden Zwischennutzung im raumverknappten München.
München-Laim, ein ehemaliger Gewerbehof, Baujahr 1965. Entrümpelt und bereit zum Abriss. Drei Stockwerke mit ehemaligen Büro- und Lagerräumen auf 4.000 Quadratmetern. "Der Gewerbehof ist in zwei Hälften geteilt mit einem Innenhof. Und die eine Seite, die zur Zschokkestraße zeigt, die bespielen wir - und zwar sowohl von innen als auch von außen", sagt Daniel Man.
"Bespielen" meint in diesem Fall: kulturelle Zwischennutzung. Um die 100 Künstler aus diversen Disziplinen verwandeln das Gebäude gerade in ein temporäres Kulturspektakel — für "umme". Das heißt für die Kulturschaffenden: Es gibt kein Geld, aber Raum und Materialkosten stehen zur Verfügung. Sie dürfen sich austoben, ganz für die Kunst.
"Ich sehe es trotzdem positiv und als Freiraum für die Künstlerinnen und Künstler. Weil im Gegensatz zum klassischen Ausstellungsraum hat man hier einfach echt keine Beschränkungen und Vorgaben und kann sich auch einfach ausprobieren", sagt Laura Lang.

Angewandte trifft auf bildende Kunst

Laura Lang und Daniel Man sind neben dem berühmten Graffiti-Künstler Loomit die drei Kuratoren bei "Z common ground". Angewandte trifft dabei auf bildende Kunst. Ein Projekt in einem Münchner Stadtviertel, das kulturell kaum jemand auf dem Schirm hat. Nun zieht die Urban Art ein: Gesprühte Graffitis an allen Ecken und Enden, gepinselte Wandmalereien an den Fassaden.
Der Künstler Melander Holzapfel: "Ich bin Projektleiter bei 'Z common ground' und erster Vorstand beim 'Verein zur Förderung urbaner Kunst'." Auch ein Verein ist im Zusammenhang mit dieser kulturellen Zwischennutzung entstanden, damit es nach den vier Wochen "Bespielen" weiter gehen kann mit Urban Art im Stadtviertel Laim.

Jammerkultur muss aufhören

"Unter verschiedenen Genres, verschiedenen Künstler-Bereichen, das hinzubekommen, ist total irre", sagt Melander Holzapfel.
Ist es eine Win-Win-Situation? Also wer profitiert von dieser kulturellen Zwischennutzung? Sind es die Künstler, die sich hier austoben dürfen, oder ist es tatsächlich wieder auch mal so ein Gentrifizierungsding?
Dazu Melander Holzapfel: "Ich kann ja nicht schimpfen und sagen: Das ist eine Gentrifizierung und darauf verzichten, wenn Leute oder Konzerne uns die Fläche geben. Sondern man muss auch ein bisschen froh sein darum. Und natürlich geht es in eine Richtung, dass es ausgenutzt wird. Aber da muss man auch mal zufrieden sein mit dem, was man hat. Es wird viel zu viel gejammert. Das ist total schlimm. Wir müssen mit dieser Jammerkultur auch aufhören."

"Z common ground" öffnet die Augen

In einer galerieartigen Lagerhalle installiert die Künstlerin Susi Gelb einen etwa 40 Quadratmeter großen Brunnen als eine Mischung aus Pfütze und Wasserschaden. Sie jammert nicht, kennt das Problem aber mit kulturellen Zwischenräumen in München:
"Ich muss sagen, dass ich manchmal gar nicht so ein Fan bin von Zwischennutzungen, weil das mir selbst zum Problem geworden ist, weil ich ständig irgendwelche Lagerräume habe, die nur Zwischennutzungen sind. Die Leute denken dann immer, sie helfen einem. Aber gleichzeitig ist es natürlich immer ein Problem, dass du weißt: Du bist jetzt da zwei Monate, hier sechs Monate und dann musst du wieder was Neues suchen."

München ist ein hartes Pflaster für die Subkultur. Wo soll das nur hinführen? Eine kulturelle Zwischennutzung wie das "Z common ground" öffnet da vielleicht die Augen: Wir brauchen Raum für die Subkultur. Wir wollen gemeinsam etwas anpacken. Wir sind viele und nehmen dabei auch Gentrifizierung in Kauf: Zuerst die Kunst, dann das "Cool", dann der Kommerz.
Menschen in weißen Overall-Anzügen stehen im Innenhof eines Gebäudekomplexes. Sie bemalen den Boden.
Der Innenhof des "Z common ground" während einer Street-Art-Aktion.© Andi Hörmann

Dem Viertel Laim ein Gesicht geben

"Es ja nicht so, dass ich ein Wohngebäude habe, das ich umwandle in etwas Teureres, sondern ich wandle Gewerbe in Wohnen um", sagt Markus Ballauf. Er ist der Eigentümer der Immobilie. 300 Wohnungen stellt er in den nächsten Jahren auf diese Gewerbefläche. Zuvor zieht hier die Kunst ein. Vor dem Abriss die Aufwertung:
"Aufwertung bedeutet ja nicht immer geldmäßige Aufwertung, sondern bedeutet auch, diesem Viertel Laim einfach mal ein Gesicht, einen Spot zu geben, um zu sagen: Da gibt es ja noch was auf der Karte, was ich gar nicht kenne: Laim!" Im riesigen Keller des "Z common ground" steht die garagengroße Skulptur von Matt Wiegele: "Konsunami" ist sie betitelt.

Wiederverwerten, umwerten, aufwerten

"Konsunami ist eine skatebare Skulptur, eine große Welle. Untenrum ist es skate-bar als Wallride-Quarter-Pipe, und oben drüber, der brechende Teil der Welle, ist lauter Verpackungsmüll: Kartons, Füllmaterial, alles was so im Großversandhandel - sage ich jetzt mal - was man halt so bestellt, und was halt so rumgeschickt wird um die Welt", sagt Matt Wiegele.
Ein Kunstwerk, das sinnbildlich das Dilemma mit dem Einzug der Kultur in das Abrisshaus zeigt: wiederverwerten, umwerten, aufwerten.
"Letzten Endes fragt man sich ja auch als Künstler: Was kann ich denn tun, wenn man uns das anbietet? Klar, wir können es auch ablehnen und sagen, wir machen es nicht. Aber das ist dann doch eine Chance. Okay, die stellen uns die komplette Infrastruktur zur Verfügung und wir können hier schalten und walten, wie wir wollen", sagt Daniel Man.

Der Ausstellungszeitraum ist vom 1. Mai bis 2. Juni 2019, wobei das "Z common ground" für die Öffentlichkeit nur donnerstags bis samstags von 14 Uhr bis 21 Uhr und sonntags von 12 Uhr bis 18 Uhr zugänglich ist. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

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