Als Paul Simon den Kulturboykott ignorierte
Vor 30 Jahren ist Paul Simons Album "Graceland" erschienen. Aufgenommen hatte er die weltweit erfolgreiche Platte in Südafrika, wo damals noch Apartheid herrschte und westliche Künstler nicht auftreten sollten. Der Historiker Detlef Siegfried zum Kulturboykott.
Das Südafrika der Rassentrennung löste damals eine breite Anti-Apartheids-Bewegung aus. So hatten die Vereinten Nationen alle Staaten aufgefordert, auch die kulturelle Arbeit mit dem Land einzustellen. Künstler, die in Südafrika auftraten wie Elton John oder Black Sabbath, landeten auf einer Art schwarzen Liste. Deshalb wurde der Musiker Paul Simon auch stark kritisiert, als er sein Album "Graceland" Mitte der 80er-Jahre dort aufnahm.
Das Problem sei gewesen, dass in Südafrika zu der Zeit eben noch Apartheid herrschte, sagte der Historiker Detlef Siegfried im Deutschlandradio Kultur: "Kulturboykott bedeutete, dass Künstler aus dem Ausland nicht in Südafrika auftreten durften. Und anders herum südafrikanische Künstler eben auch nicht im Ausland auftreten durften. Beides wurde boykottiert." Es sei aber umstritten gewesen, ob die Aufnahme einer Platte schon unter den Kulturboykott fallen sollte oder nicht, erläuterte Siegfried.
Wollte südafrikanische Kultur bekannt machen
Paul Simon war nach Südafrika gegangen, um mit afrikanischen Künstlern zusammenzuarbeiten. Es sei für ihn darum gegangen, die südafrikanische Kultur in der Welt bekannt zu machen, sagte Detlef Siegfried: "Und es war eben die Frage: unterliegt das noch dem Kulturboykott oder nicht?"
Diese Frage sei im Vorfeld nicht klar definiert worden und da habe sich Paul Simon zwischen alle Stühle begeben und es gemacht. Er wollte in seine musikalischen Präferenzen und Projekte keine Einmischung: "Er wollte niemanden um Erlaubnis bitten, bestimmte Projekte durchzuführen oder nicht durchzuführen."
Mit dem Ergebnis, dass "Graceland" musikalisch eine herausragende Produktion der 80er-Jahre sei, sagte Detlef Siegfried. Und noch immer sei das Album eines der bekanntesten und beliebtesten der Popgeschichte. Politisch sei er dafür aber teilweise von der Anti-Apartheid-Bewegung und des ANC kritisiert worden: "Weil die das eben, insbesondere die Anti-Apartheid-Bewegung in Großbritannien, das Ganze als einen Bruch des Kulturboykotts betrachtet haben und seine Konzerte auch boykottiert haben in Großbritannien."
Auftritte wurden gut bezahlt
Der Kulturboykott wurde von vielen Künstlern aber auch durchbrochen, erläuterte Detlef Siegfried. Ende der 70er-Jahre wurde der Freizeitkomplex "Sun City" in Südafrika eröffnet, wo Auftritte gut bezahlt wurden. So traten dort Musiker wie Shirley Bassey, Status quo oder Boney M. auf: "Die wirklich politischen Künstler haben das nicht gemacht. Aber es war eben attraktiv, dort aufzutreten, aufgrund der finanziellen Konditionen. Und da, muss man sagen, hat Paul Simon nicht mitgemacht. Er wurde auch zwei Mal eingeladen, in Sun City aufzutreten. Da hat er sich geweigert. Eben aus diesem Grunde, das Apartheid-Regime zu boykottieren."