Mike Nicol: "Bad Cop"
btb Verlag
544 Seiten, 9,99 Euro
David gegen Goliath in Kapstadt
Entschlossen kriminelles Handeln eröffnet in Südafrika gewaltige Möglichkeiten. Davon erzählt Mike Nicol im Roman "Bad Cop", in dem der ehemalige Polizeipräsident Kapstadts und ein Privatdetektiv aneinander geraten: cool, lakonisch und gleichzeitig bissig.
Die erstaunliche Blüte südafrikanischer Kriminalliteratur hat vermutlich einen eher betrüblichen Grund: Gewalt und Korruption bedrohen das nach der Apartheid noch keinesfalls stabile Miteinander der Ethnien, Verteilungskämpfe und ein irrwitziges Gefälle zwischen Arm und Reich sorgen für ein bedrückendes gesellschaftliches Klima. In den Romanen von Malla Nunn, Andrew Brown oder Deon Meyer - so verschieden sie auch sein mögen - geht es im Grunde immer um diese beängstigende Entwicklung. Besonders prononciert allerdings bei Mike Nicol, dem wohl schärfsten, aggressivsten und gnadenlosesten Sezierer südafrikanischer Verhältnisse.
Nach Mike Nicols' Rache-Trilogie, die sich mit den Nachwirkungen des bewaffneten Kampfes gegen das Apartheidregime in der heutigen Republik Südafrika beschäftigt hatte, erzählt sein neuer Roman "Bad Cop" von den enormen Möglichkeiten, die entschlossen kriminelles Handeln hat, wenn es nur gut genug mit den offiziellen Stellen und Institutionen vernetzt ist. Und davon, dass jeder noch so skrupellose Gangster naiv ist, wenn er nicht daran denkt, dass im Hintergrund womöglich noch viel skrupellosere Mächte lauern.
Alles fast wie im richtigen Leben
Der Bad Cop hier heißt Jacob Mkezi, war Polizeipräsident von Kapstadt, wurde wegen Korruption aus dem Amt gejagt, ist jetzt freischaffender Krimineller mit besten Verbindungen zu den gesellschaftlichen Eliten aus Business, Medien und Unterwelt, liebt Krokodillederstiefel und beschäftigt ein PR-Büro zur Imagepflege, das fast genauso kriminell ist wie er selbst. Also alles fast wie im richtigen Leben, dem Mike Nicol seinen Stoff abgeschaut hat.
Dummerweise kommt der Surfer, Gelegenheitsdealer und Privatdetektiv Bartolomeu "Fish" Pescado dem Schurken aus verwickelten Gründen ins Gehege. David gegen Goliath, sollte man meinen. Aber so einfach ist natürlich die Welt, wie sie Mike Nicol beschreibt, nicht. Mkezi hat eine Vorgeschichte, die aufs Engste mit einer Todesschwadron des alten Apartheid-Regimes verknüpft ist, deren Wirken bis heute Unheil über Menschen bringt. Das ist bei Mike Nicol eine ständige wiederkehrende Denkfigur: Die nicht verarbeitete Vergangenheit vergiftet die Gegenwart. Und letztere ist absurd genug.
Am Ende herrscht poetische Gerechtigkeit
Ein wichtiger Motor der Handlung besteht in einem riesigen Lager von Rhinozeroshörnern, die in einer gespenstisch geschilderten Höhle als Kapitalreserve des MK (also des ehemals militärischen Arms des ANC) dienten und die mittlerweile einen Marktwert von 200 Millionen Dollar haben. Herzzerreißend grotesk auch eine Miss-Wahl in Angola, bei der das schönste Landminenopfer gekürt wird: Miss-ohne-Fuß, Miss-ohne-Bein – auch das leider keine Fiktion, aber von Mike Nicol höchst würde- und respektvoll, wenn auch bissig geschildert. Wie überhaupt Coolness, Sarkasmus und Lakonie die Erzählhaltung des Romans am besten charakterisieren.
Immerhin, am Ende, akzeptiert auch Mike Nicol das Privileg von Literatur, laut dem poetische Gerechtigkeit herrschen darf. Auch, wenn sie sehr grimmig rüberkommen mag.