Zwischen Hoffnung und Enttäuschung
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Südafrikas neuer Präsident Cyril Ramaphosa galt als Reformer, doch inzwischen gibt es Hoffnungslosigkeit bei denen, die auf schnelle Veränderungen gehofft hatten. Überall flammen Proteste auf, die der Künstler Asanda Kupa in seinen Werken festhält.
Ein Protest, wie er in Südafrika fast täglich stattfindet. Die Menge skandiert, singt, setzt sich in Bewegung. Auf Kollisionskurs mit der Polizei. Steine fliegen, Barrikaden brennen. Ein Tumult bricht aus. All das klingt im Kopf des Malers Asanda Kupa nach:
"Wenn ich eine Menschenmenge male, dann höre ich ihre Stimmen. Ich versetze mich in die Situation und spüre die Energie. Man sollte meinen Bildern zuhören, statt sie nur zu betrachten."
Gesichter sind in dem Getümmel ebenso wenig zu erkennen, wie einzelne Stimmen. Es geht um das Kollektiv, nicht um das Individuum. Dutzende Figuren, skizziert mit dynamischen Pinsel-, Tusche-, oder Kohlestrichen. Teils überlappend, ausradiert, übermalt. Sie strahlen etwas Unmittelbares, Dringliches aus. So wie die Proteste selbst. Auch heute, nach Ende der Apartheid, würden viele Bürger im Kern Grundrechte einfordern, sagt der Künstler:
Düstere Abbildungen der enttäuschten Hoffnung
"1994 wurde uns Südafrikanern gesagt: Ihr seid jetzt frei. Aber für mich ist Südafrika bis heute kein wirklich freies Land. Die Gesichter in der Regierung haben sich zwar verändert, aber das System ist in vielerlei Hinsicht geblieben. Die Menschen, die früher arm waren, sind es heute noch. Es gibt keine wirtschaftliche Freiheit. Die Situation hat sich aus meiner Sicht nicht geändert, vielleicht sogar verschlechtert."
Entsprechend düster wirken seine Bilder. Vor allem jene, die nach dem sogenannten ‚Massaker von Marikana‘ entstanden sind - dem brutal niedergeschlagenen Streik, bei dem 2012 dutzende Bergarbeiter von der Polizei erschossen wurden. Viele stammten aus der ländlichen Ostkap-Provinz, so wie Asanda Kupa selbst:
"Ich bin in einer sehr politischen Familie aufgewachsen. Mein Vater ist während der Apartheid von der Polizei getötet worden. Ich fühle mich also, wie einer von ihnen. Viele von uns kommen aus dem Ostkap nach Johannesburg, um nach Arbeit und einem besseren Leben zu suchen. Dabei sind die Verhältnisse dort oft schlechter."
Der 38-Jährige schätzt sich glücklich, dass er Kunst studieren konnte und heute davon leben kann. Aber ganz in der Nähe seines Ateliers, in der Innenstadt von Johannesburg, schlafen Obdachlose auf den Bürgersteigen. Am Stadtrand wachsen Siedlungen aus Blechhütten. In Politiker setzt der Künstler, so wie viele Südafrikaner seiner Generation, keine Hoffnung:
"Denen geht es nur um Macht, um einen Sitz im Parlament und ein schickes Leben. Zwar haben wir gerade wieder eine neue Regierung gewählt, aber wir geben nun schon seit 25 Jahren unsere Stimme ab und trotzdem verbessert sich nichts. Die einzige Hoffnung, die ich habe, liegt in den Menschen selbst."
Mit Kunst die Menschen vereinen
Ein Symbol dieser Hoffnung sind sparsam verwendete, leuchtende Farben und Vögel, die auf vielen seiner Bilder aus den Protest-Szenen in den Himmel aufsteigen.:
"Sie symbolisieren die Freiheit. So wie sie, sollen die marginalisierten Bevölkerungsgruppen aus ihrem Käfig ausbrechen und zu freien Individuen werden. Meine Arbeit soll sie ermutigen, die Dinge in die Hand zu nehmen, um ihre Lage zu verbessern. Proteste können in diesem Kontext Debatten anstoßen, um Lösungswege aus der Ungleichheit unserer Gesellschaft zu finden."
Dabei geht es dem Künstler nicht nur um lautstarke Demonstrationen auf der Straße, sondern auch um einen Mentalitätswandel. Statt zusammenzuarbeiten, gebe es leider viel Missgunst untereinander. Asanda Kupa greift in seine Jackentasche und holt eine Metallplatte heraus, auf die ein dicker Nagel gelötet ist:
"Als ich eines Morgens von meinem Heimatort nach Johannesburg aufbrechen wollte, habe ich das unter meinem Autoreifen gefunden. Ein deutliches Zeichen von jemandem, der mir meinen Erfolg nicht gönnt. Mit Eifersucht und Hass jedoch werden wir die Freiheit und den Frieden, von dem wir träumen, nicht erreichen."
Vor diesem Hintergrund sind seine Bilder von Menschenmengen, die wie eine Einheit wirken, auch eine Sehnsucht nach mehr Solidarität. Ein Appell, in schwierigen Zeiten zusammenzustehen.