Süß und saftig

Neue Zitrusfrüchte dank DNA-Entschlüsselung

Verschiedene Sorten Zitrusfrüchte wie Grapefruits, Zitronen, Orangen, Mandarinen und Clementinen.
Verschiedene Sorten Zitrusfrüchte wie Grapefruits, Zitronen, Orangen, Mandarinen und Clementinen. © picture-alliance / dpa / Marco Stirn
Von Stephanie Eichler |
In Valencia in Spanien ist es Wissenschaftlern geglückt, anhand von DNA-Analysen den Stammbaum der Zitrusfrüchte zu rekonstruieren. Die Forscher nutzen die Kenntnisse über das Erbmaterial, um Orangen, Zitronen und Mandarinen resistenter gegen Schädlinge zu machen.
Bäume voller Zitrusfrüchte, auf einem Acker so groß wie ein Fußballplatz, direkt an der Autobahn. Es ist das Feld der archaischen Arten des Instituts für Agrarforschung im spanischen Valencia. Die Forscher, die hier arbeiten, haben herausgefunden: Alle Zitrusfrüchte gehen auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück, der vor acht Millionen Jahren im Süden des Himalayas wuchs. Aus ihm entwickelten sich drei Urahnen, die Eltern aller Mandarinen, Orangen, Zitronen und Pampelmusen. Manuel Talon, der Institutsleiter, zeigt auf die Nachfahren der Stammväter:
"El cidro, mandarina y ahora vamos ... El pummelo. Lo ves?"
"Die Zitronatszitrone, die wilde Mandarine und ein Vorläufer der Pampelmuse. Hier siehst du sie."
Die Pummelo, der Vorläufer der Pampelmuse, sieht so aus wie die Kürbisse, die Kinder zu Halloween ausschnitzen. Der Forscher pflückt eine wilde Mandarine und reicht sie mir. Es ist nicht einfach, sie zu schälen. Sie schmeckt bitter. Ich muss das ausspucken.
Manuel Talon: "Cuando vemos esto uno .... que es la naranja que hoy conocemos."
"Die Pummelo ist riesig und hat eher die Farbe einer Zitrone. Die wilde Mandarine hingegen ist winzig – sie hat die Farbe heutiger Mandarinen. Diese beiden haben sich gekreuzt. Und daraus ist die Orange hervorgegangen."
Auf der Suche nach den Ursprüngen
Die Studie bestätigt: Orange und Bitterorangen entstanden vor 3000 Jahren in China – was bereits der Name Apfelsine, von niederdeutsch appelsina, übersetzt: "Apfel aus China" nahelegt.
"El limon procede de una .... mandarinas distintas que luego los agricultores."
"Die Zitrone geht aus der Kreuzung der Bitter-Orange mit der Zitronatszitrone hervor. Die Mandarine, die wir heute kennen, ist einer Reihe von Kreuzungen und Rückkreuzungen von Orange und Wilder Mandarine geschuldet, die die Bauern dann selektiert haben."
Um die Abstammung zu rekonstruieren, verglichen die Biologen die DNA fossiler Zitrusfrüchte mit der DNA heutiger Orangen und Zitronen. Je größer die Unterschiede, desto mehr Zeit liegt zwischen der Entstehung der Fruchtsorten. Je geringer, desto enger ist das Obst miteinander verwandt.
Die Kenntnisse des Erbmaterials wollen Manuel Talon und sein Team nun nutzen, um Zitrusfrüchte zu züchten, die den verschiedensten Ansprüchen gerecht werden.
"Der Geruch ist wichtig. Orangen müssen nach Orangen riechen und Mandarinen nach Mandarinen. Herrlich wenn die Haut zwischen den Mandarinenschnitzen ganz dünn ist. Die Mandarine soll saftig sein, sich gut schälen. Ich würde gerne noch im Februar, März richtig gute Zitrusfrüchte essen."
Ein Durchbruch ist den Wissenschaftlern um Manuel Talon bereits geglückt. Die Forscher haben zwei neue Mandarinensorten gezüchtet, die vor und nach der eigentlichen Erntezeit reifen. Die Biologen ließen hunderte von Mandarinenkernen energiereicher Strahlung aussetzen. Die Strahlung soll Mutationen auslösen. Die Hoffnung der Wissenschaftler aus Valencia: In einigen Fällen trifft die Strahlung die Erbanlage, die die Reifezeit steuert:
An einem Baum zehn neue Arten
"Nuestro objectivo es .... mucho espacio, mucho tiempo."
"Unser Ziel ist es, die Fragmente der DNA zu kennen, die für die Zeit der Reife, den Zucker- oder Säuregehalt ausschlaggebend sind. Dann finden wir die gewünschten Pflanzen, die aus den mutierten Kernen hervorgehen, schnell heraus: Wenn sie noch ganz klein sind. Wir brauchen dann nur ihre DNA zu analysieren. Weil wir noch nicht alle Sequenzen der DNA bestimmt haben, müssen wir bisher alle durch die Strahlenmutation generierten Pflanzen aufs Feld bringen und dort wachsen lassen. Das ist sehr teuer. Weil es viel Platz und Zeit in Anspruch nimmt."
Auf dem Feld der neuen Arten des Agrarforschungsinstituts. Hier stehen dreihundert Bäume. An einem Baum haben die Mitarbeiter mitunter zehn verschiedene Arten aufgepfropft. Alle Mandarinen sind bereits orange. Doch an wenigen Bäumen hängen noch grüne Früchte:
"El que màs illusion .... este arbol debe ser interesante."
"Als wir das zum ersten Mal sahen, haben wir uns riesig gefreut. Wir haben uns gesagt: Die noch grünen Mandarinen werden später reif. Wir sind am Ziel. Dieser Baum ist interessant."
Die neue Art, die später reift als alle bisher bekannten Arten, tauften die Wissenschaftler auf den Namen Neufina. Sie hat alle Qualitäts-Tests bestanden: Ihr Säure- und Zuckergehalt gilt als ideal.
Die Schale löst sich leicht. Schmeckt köstlich. Die Züchtung hat der Mandarine nicht geschadet.
Einige Gärtnereien in Spanien haben Neufina bereits im Repertoire. Doch es wird noch einige Jahre dauern, bis die Frucht reif ist für den Großhandel. Dann könnte die Sorte bald in den Supermärkten zu finden sein – und die Mandarinenzeit verlängern.
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