Suizid von Terrorverdächtigem in JVA

"Versäumnis des gesamten Justizapparates in Sachsen"

Ein Justizbediensteter steht in der Justizvollzugsanstalt Leipzig.
Der Suizid des Terrorverdächtigen aus Syrien geschah in der JVA Leipzig. © picture alliance / dpa / Sebastian Willnow
Oliver Rast im Gespräch mit Axel Rahmlow und Vladimir Balzer |
Für den ehemaligen Gefangenen Oliver Rast wirft der Selbstmord des terrorverdächtigen Syrers Dschaber al-Bakr in Leipzig viele Fragen auf. Er habe keine Erklärung, wie man sich mit Anstaltskleidung erhängen könne, sagte der Sprecher der Gefangenengewerkschaft. Zudem hätte Al-Bakr in kurzen Intervallen überwacht werden müssen.
Zahlreiche Ungereimtheiten beim Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis bringen Sachsens Justiz in Erklärungsnot. Der als hochgefährlich eingestufte Syrer war gestern in seiner Zelle erhängt aufgefunden worden. Parteiübergreifend wurde Kritik daran laut, dass die Verantwortlichen nicht erkannten, dass er sich das Leben nehmen könnte. Er sei in Haft wie ein "Kleinkrimineller" behandelt worden, kritisierte selbst Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig. Justizminister Sebastian Gemkow beteuerte hingegen, man habe alles Nötige unternommen, um einen Suizid zu verhindern.
Im Deutschlandradio Kultur kommentierte Oliver Rast, Sprecher der Gefangegengewerkschaft, den Fall:
"Das, was Fakt ist, dass Menschen, die als suizidgefährdet gelten, unter ständiger Beobachtung zu stehen haben. Das scheint hier nicht der Fall gewesen zu sein. Das ist ein ganz massives Versäumnis der Anstaltsleitung und letztlich auch ein Versäumnis des gesamten Jusizapparates in Sachsen."
Wie sich der terrorverdächtige Syrer mit Anstaltkleidung habe erhängen können, sei ihm nicht erklärlich:
"Ich halte es auch für fragwürdig, dass man sich mit einem solchen Kleidungsstück erhängen kann. (…) Die Kleidung, die ich kenne, die dann von der Anstaltsleitung verteilt wird, ist in der Regel nicht sonderlich belastbar, um es mal vorsichtig zu sagen."
Leider kämen Freitode in deutschen Haftanstalten "regelmäßig" vor:
"Das ist ein Problem von Strafvollzugsanstalten prinzipiell. Das ist auch ein Ergebnis davon, dass es in vielen Haftanstalten de facto eine medizinische Nicht-Versorgung gibt, dass psychotherapeutische Einrichtungen fehlen, dass Inhaftierte, die entsprechende Anzeichen haben, nicht entsprechend betreut werden."

Oliver Rast, Sprecher der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation, hier bei seinem Besuch im Deutschlandradio Kultur
Oliver Rast, Sprecher der Gefangenengewerkschaft: "Die Kleidung, die ich kenne, die dann von der Anstaltsleitung verteilt wird, ist in der Regel nicht sonderlich belastbar."© Deutschlandradio / M. Hucht
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