Das neue Album von Sun Tailor "Light" erscheint am 21. August 2015 in Deutschland. Ab Mitte September ist er damit auf Deutschland-Tour. Die Konzerttermine und weitere Infos zu Sun Tailor auf seiner Website
Indiefolk aus Israel
Sun Tailor gilt in seiner Heimat Israel als Botschafter einer neuen Folk-Szene. Die Songs auf seinem Album "This Light" sind harmonisch, mal rockig, mal jazzig. Im September tourt er durch Deutschland. Er wünscht sich ein Ende des Palästina-Konflikts - sieht ihn aber auch als Quelle der Kreativität.
Sun Tailor wird ganz offensichtlich magisch angezogen von Bühnen. Seitdem 2012 sein Debütalbum erschienen ist, hat er in den folgenden drei Jahren mehrere hunderte Konzerte gespielt. Dabei, irgendwann zwischen einem Konzert in London und einem in Paris ist dieses Lied entstanden: "Who's at your window".
Düster und dramatisch klingt das Lied, für das er in seiner Heimat Israel gerade gefeiert wird. Sun Tailor gilt dort als ein Botschafter einer neuen Folk Szene. Indie Folk, wie er es nennt.
"Es gibt noch jede Menge Folkmusik, die noch genauso klingt wie vor 50, 60 Jahren. Aber das ist nicht die Art Musik, die ich mache. Und diese junge Folkszene, die gerade in Israel aus dem Boden schießt, macht diese Art von Folk auch nicht. Wir lassen uns von den unterschiedlichsten Musikwelten inspirieren. Das ist doch auch das Schöne an Musik. Musik lebt. Musik steht nicht still auf einem Platz, sie bewegt und verändert sich."
Die junge Folk Szene Israels ist für Sun Tailor eine ganz besondere. Die meisten Musiker leben, wie er, in Tel Aviv. Man kennt sich, unterstützt sich bei Konzerten und produziert sich teilweise sogar gegenseitig.
Fesselnde Energie
Den familiären Zusammenhalt der Musiker in Israel mag er sehr. In London, wo er nach seiner Zeit bei der Armee fünf Jahre gelebt hat, hat ihm das immer gefehlt. Die Armee war offensichtlich eine seiner prägendsten Erfahrungen bisher. Nicht nur, weil er dort lernen musste, mit einer Waffe umzugehen, sondern weil er in dieser Zeit anfing, Gitarre zu spielen. Die Musik hat ihm dabei geholfen, den Alltag während der Armeezeit erträglicher zu machen. Und auch heute hilft ihm die Musik, Erlebnisse zu verarbeiten. Denn auch wenn er im Alltag kaum etwas vom Konflikt mit Palästina wahrnimmt , ist ihm natürlich bewusst, dass sein Land immer wieder von gewalttätigen Konflikten erschüttert wird. Doch gerade darin sieht er einen Grund für die Kreativität vieler Israelischer Künstler.
"So traurig es auch ist, Drama ist immer ein großer Auslöser für Kunst und Kreativität. Diese Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, sind außergewöhnlich und schwierig. Aber gleichzeitig wird dadurch eine künstlerischer Umgang mit dieser Situation gefördert. Menschen brauchen eine Möglichkeit, ihr Leid und ihre Anspannungen loszuwerden. Sie müssen über ihre Gefühle sprechen. Und Kunst ist eine Form des Gespräches."
Sun Tailors Sprache ist die Musik. Die zehn Songs auf seinem neuen Album werden alle von harmonischen Melodien getragen. Mal schimmert etwas Rock durch, mal sogar etwas Jazz. Was alle Lieder aber gemeinsam haben, ist eine fesselnde Energie. Sie werden zusammen gehalten von einer Stimme, die oft verletzlich und melancholisch klingt, ohne dabei kitschig zu sein, wie zum Beispiel im dem Song "I'll make my way home."
"'I'll make my way home' haben wir in einer riesigen schottischen Kirche in Jerusalem aufgenommen. Ich hatte das Stück für fünf Sänger plus Extra-Stimme geschrieben. Und diese Stimme sollte der Ort sein, an dem das Lied aufgenommen wird. Die schottische Kirche. Die singt auch mit. Man kann sie wirklich hören."
Künstler sollten in Konfliktlösung einbezogen werden
Im September wird Sun Tailor für zwei Monate nach Berlin ziehen. Hier will er sich zu neuen Liedern inspirieren lassen, und er will Konzerte spielen. Denn so sehr er das Komponieren und Texten mag, liebt er es, auf der Bühne zu stehen. Seine Lieder immer wieder neu zu interpretieren und sich mit dem Publikum auszutauschen. Er träumt davon, irgendwann auch mal in Palästina zu spielen, auch wenn es gerade nicht so aussieht, als würde das in absehbarer Zukunft möglich sein. Wenn es nach ihm ginge, hätten Künstler schon lange bei den Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern mit einbezogen werden sollen, um den Konflikt endlich zu beenden.
"Ich bin überzeugt, dass Kunst Dinge erreichen kann, die Politik nicht erreicht. Würde man Künstler als Vermittler zwischen Israelis, Palästinensern und Arabern einsetzten, würde sich die Situation zumindest verbessern. Denn wir hätten eine gemeinsame Ausgangsbasis – unsere Kunst. Ich hoffe, dass ich eines Tages nur noch gegen normale Bürokratie ankämpfen muss, wenn ich zum Beispiel ein Konzert in Ramallah spielen will oder irgendwo anders in Palästina. Aber bisher haben wir diese künstlerische Verbindung nicht. Ich hoffe, das ändert sich."