"Superqueeroes" im Schwulen Museum

Queer im Comic

Blick auf das Schwule Museum in Berlin
Blick auf das Schwule Museum in Berlin © Imago / Stefan Zeitz
Von Christoph Reimann |
Fernab des Comic-Mainstreams hat sich eine alternative Comic-Szene entwickelt, in der die Helden auch schwul, lesbisch, bisexuell oder Transgender sein dürfen. Die Geschichte dieses nicht-heteronormativen Comics wird zurzeit im Schwulen Museum in Berlin gezeigt.
"Sie ist mindestens zweimal so stark wie eine 'gewöhnliche' Frau, und sie kann doppelt so schnell laufen. Frauen-Power hat sie auch zweimal so viel. Damit ist sie natürlich mehr als eine ebenbürtige Gegnerin selbst für den härtesten Mann der Stadt. Und sie hilft den Opfern einer männlich dominierten Gesellschaft."

Sie - das ist Superdyke, die Super-Lesbe. Und noch obendrauf: die wahrscheinlich erste lesbische Comic-Heldin überhaupt. 1976 erschienen ihre Abenteuer in den USA. Mit Superdyke beginnt die Ausstellung "SuperQueeros" im Schwulen Museum in Berlin, die die Geschichte des nicht-heteronormativen Comics erzählt. Einer der Kuratoren ist Michael Bregel: "In den USA gab es ausgehend von den 68ern, von Stonewall, ab Ende der 60er eine Entwicklung und eine queere Comic-Szene, die sich auch als solche begreift. Im Rest der Welt kann man das eigentlich nicht behaupten."

Was man schnell lernt: Die Geschichte des queeren Comics ist mindestens so divers wie ihre Protagonisten. Und die kommen mal als klassische Superhelden mit Vorliebe fürs selbe Geschlecht daher, mal als Hauptfiguren dramatischer Coming-out-Geschichten und mal als auf jugendlich getrimmte HIV-Beratung. Einen Raum füllt die Ausstellung aus, thematisch unterteilt in Mainstream und Underground, in europäische und amerikanische Comics.
Queere Comics hatten es nicht leicht
Oft interessanter als die Comic-Ausschnitte, die da an den Wänden hängen, sind die Geschichten dahinter: Denn queere Comics hatten es auf einem Markt, dessen Zielpublikum lange weiß, männlich und hetero war, nicht leicht. Ihre Zeichner fanden oft keinen Verlag und mussten erst mal ihre eigene Infrastruktur schaffen. Sie passten nicht zu den Moralvorstellungen der prüden Nachkriegs-USA – und schon gar nicht zu denen der Comics Magazine Association, einer Vereinigung amerikanischer Comic-Verleger.

"1954 hat ja dieses amerikanische Selbstzensur-Medium zum Comic-Code geführt, so einer Art Selbstzensur. Und die hat unter anderem natürlich jede Darstellung von nicht nur Homosexualität, sondern von Sexualität generell komplett unterbunden."

Unterkriegen lassen haben sich die Zeichner queerer Comics davon zum Glück nicht. Und deshalb werden auch sie in der Ausstellung als Superhelden bezeichnet. Ein Pionier im deutschsprachigen Raum war zum Beispiel Ralf König. Seit den 80ern zeichnet er Geschichten über schwule Knollennasen-Männchen, die ganz alltägliche Probleme haben. Homosexuelle sind auch nur gewöhnliche Menschen, ist seine Botschaft. Diese durchaus politische Aussage findet sich in vielen Zeichnungen wieder.
Selten pornographisch
Damit spiegelt die Ausstellung auch immer wieder das Ringen um gesellschaftliche Anerkennung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen. Wirklich pornographisch wird es nur selten.

"Man sieht hier zum Beispiel einen holländischen Künstler, Frydenlund heißt der, der hat in den 60er-Jahren angefangen, so Batman-und-Robin-Fantasien in Comic-Form, aber sehr sexlastig zu zeichnen. Und auf dem Cover geht Batman sozusagen Robin in die Hose. In den weiteren Einzelblättern gibt’s dann so Szenen, wo Robin masturbierend da liegt und dann nach dem Sex mit Batman sagt: 'Naja, it takes some time for him to get going, but once he starts, it’s wow'", erklärt Kevin Clarke vom Vorstand des Schwulen Museums.

Inzwischen kommen auch im Mainstream-Comic immer häufiger queere Charaktere vor: Batwoman hatte 2006 ihr Coming-out, und Green Lantern aus den amerikanischen "DC Comics" ist seit vier Jahren ein offen schwuler Superheld. Was mal Subkultur war, wird jetzt langsam also auch für andere zugänglich. Das macht die "SuperQueeros"-Ausstellung aber nicht weniger wichtig. Und manchmal treffen Superhelden-Welten immer noch aufeinander: In einem Comic nimmt etwa Wonderwoman Clark Kent – also das Journalisten-Alias von Superman – mit auf eine lesbische Hochzeit. Und muss ihn immer noch korrigieren.
"Clark, wir bezeichnen das nicht als lesbische Hochzeit. Wir sagen einfach: Hochzeit."
"SuperQueeros" – eine Ausstellung über queere Comic-Helden im Schwulen Museum in Berlin. Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Juni.

Mehr zum Thema