Susan Arndt: Sexismus – Geschichte einer Unterdrückung
Beck, München 2020
416 Seiten, 26 Euro
Beim Sexismus geht es nicht um Täter und Opfer
10:05 Minuten
Geschlechterungerechtigkeit ist ein System, in das alle - Männer wie Frauen - hineingeboren werden, meint Susan Arndt. In ihrem neuen Buch untersucht die Literaturwissenschaftlerin die historischen Wurzeln der sozialen Ungleichheit der Geschlechter.
"Mit dem Satz 'Es ist ein Mädchen' hat mein Leben begonnen", sagt Susan Arndt. Mit diesem Satz sei klar gewesen, wer sie zu sein habe und wer nicht.
Arndt, die an der Universität Bayreuth englische und afrikanische Literatur lehrt, hat ausgehend von eigenen Erfahrungen in ihrem Sachbuch "Sexismus – Geschichte einer Unterdrückung" die Geschlechterdiskriminierung als System erforscht.
Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur erzählt Arndt von dem bewunderten Großvater, der ihr früh erklärte, dass ihr Cousin wohl klüger als sie sei – eine frühe Verletzung. Als junge Frau war sie immer wieder sexueller Gewalt ausgesetzt.
Sexismus trifft auch heterosexuelle Männer
Die Zusammenhänge seien ihr durch eigene Erfahrungen klarer geworden, sagt die Autorin:
"Sexismus, da steckt Sex drin – im Sinne von Fortpflanzung und Reproduktion. Die Frau ist das Haus, aus dem Kinder geboren werden. Und sie bleibt im Haus, während der Mann die große weite Welt gestaltet. Und weil dieser Reproduktionsgedanke so zentral für den Sexismus ist, lässt er keine anderen Geschlechter zu, lässt er auch keine Homosexualität zu."
Alle Geschlechter und auch heterosexuelle Männer seien vom Sexismus betroffen, meint Arndt. "Auch mein Cousin kam aus dieser Rolle nicht raus, eigentlich immer besser sein zu wollen als ich."
"Keine Täter und Opfer im klassischen Sinne"
Durch das Buch habe sie aber auch eine Nähe zum Großvater herstellen können, weil sie die Verletzung nicht mehr persönlich nahm, sondern das tief verankerte "Riesensystem sozialer Ungleichheit der Geschlechter" erkannte:
"Da gibt es keine Täter und Opfer im klassischen Sinne", sagt Arndt. "Auch Männer werden reinsozialisiert in diese Rolle. Mein Opa ist 1903 geboren – da durften Frauen noch nicht mal wählen. Das habe ich verstanden, dass er mich gar nicht absichtlich diskriminieren wollte. Er hatte Privilegien, die hat er nicht als Privilegien erkannt, sondern als Normalität gesetzt. Und daraus entstand indirekt, dass er mich diskriminierte."
(huc)