Susanne Garsoffky und Britta Sembach: "Die Kümmerfalle. Kinder, Ehe, Pflege, Rente – Wie die Politik Frauen seit Jahrzehnten verrät"
DVA, München 2022
272 Seiten, 18 Euro
Sachbuch "Die Kümmerfalle"
Auch 2022 ist es noch immer der Normalzustand in Deutschland, dass die Familie Frauenarbeit ist. © imago / Ikon Images / Patrick Georg
Fürsorge gibt es nicht umsonst
13:09 Minuten
Es sind hauptsächlich Frauen, die sich um die Erziehung von Kindern oder die Versorgung von Angehörigen kümmern. Gerade deswegen droht ihnen Altersarmut, wie Susanne Garsoffky und Britta Sembach in ihrem Buch „Die Kümmerfalle“ zeigen.
In Deutschland gibt es ein großes Problem: Es gibt kaum Bereitschaft zur Übernahme von nachehelicher Solidarität. Dadurch sind Menschen, die Fürsorgearbeit, etwa beim Aufziehen der Kinder, übernommen haben, finanziell benachteiligt – bis hin zu finanziellen Notlagen. Betroffen davon sind vorwiegend Frauen.
Unterhaltsreform ist Knackpunkt
Um diese Ungerechtigkeit geht es im Buch „Die Kümmerfalle“ der beiden Journalistinnen Susanne Garsoffky und Britta Sembach. Sie haben sich viele Jahre mit dem Thema beschäftigt, berichtet Sembach. Das Resultat: Hierzulande läuft so viel schief, dass es überhaupt nicht mehr geht. Und, fügt sie hinzu, die Politik wisse darum.
Ein Knackpunkt ist die Unterhaltsreform aus dem Jahr 2008. Durch diese müsse sich nun jeder Partner in einer Ehe um sich selbst kümmern. Doch das sei schwer möglich, wenn man die Sorgearbeit im Haushalt übernehme, so Sembach.
Männer fallen in Rollenbilder zurück
Garsoffky unterstreicht: Die Frauen werden von der Politik allein gelassen. Diese sagte: „Kümmert euch, versucht das untereinander auszuhandeln, aber seid vor allem erwerbstätig, damit wir den Fachkräftemangel einigermaßen in den Griff bekommen und Steuergelder bekommen."
Auch 2022 ist es noch immer der Normalzustand in Deutschland, dass die Familie Frauenarbeit ist. Tobias Moorstedt appelliert an alle Väter: Hören wir auf, uns zu belügen! Für unsere Kinder. Für unsere Partnerinnen. Für uns selbst.
Betroffen seien davon auch diejenigen Männer, die sich mehr bei der Fürsorge einbringen wollen. Doch durch die Bedingungen und Strukturen fielen sie in alte Rollenbilder zurück.
Ehevertrag schützt
Ein Ausweg wäre es, Care-Arbeit als wertvoll anzusehen, so Garsoffky. Etwa indem sie mit ins Bruttoinlandsprodukt einfließe, schließlich „hat Kümmern seinen Preis“. Zudem sei es notwendig, Sorgeberufe aufzuwerten.
Die größte Gefahr für Frauen, die Sorgearbeit geleistet haben, drohen im Alter und nach einer Trennung. Deswegen empfehlen Sembach und Garsoffky, eigene Konten und Verträge zu haben sowie einen Ehevertrag abzuschließen – auch wenn dies zu unangenehmen Diskussionen in der Beziehung führen könne.
(rzr)