Susie Hodge: "Die Künstlerinnen"

Eine Kunstgeschichte nur mit Frauen

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Cover Susie Hodge "Die Künstlerinnen"
In "Die Künstlerinnen" schreibt Susie Hodge eine rein weibliche Kunstgeschichte von der Renaissance bis in die Gegenwart. © Laurence King Verlag / Deutschlandradio
Von Anne Kohlick |
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Kann man über die Renaissance schreiben, ohne Raffael zu erwähnen? Und über den Barock ohne Rubens? Ja, geht! Das beweist Susie Hodge in ihrem Buch, in dem die Kunsthistorikerin ausschließlich von den großen Frauen der Kunstgeschichte erzählt.
Selbstbewusst schaut sie uns aus ihrem Gemälde entgegen: Die Künstlerin Sofonisba Anguissola zeigt sich auf einem Selbstporträt aus dem Jahr 1556 in einem eleganten dunklen Kleid. Im 16. Jahrhundert war sie die erfolgreichste Malerin Europas, mit Aufträgen am spanischen Hof, die ihr so gut gelangen, dass Peter Paul Rubens ihre Porträts später kopierte.

Bedeutende Künstlerinnen wurden vergessen

Und doch haben die wenigsten bisher von Sofonisba Anguissola gehört. Ihr Name wurde von der Kunstgeschichtsschreibung vergessen, wie die Werke und Lebensgeschichten so vieler anderer Malerinnen, Bildhauerinnen, Grafikerinnen. Frauen, die erst in den letzten Jahren mit ihrer Kunst in den Fokus rücken durch Bücher wie das der britischen Kunsthistorikerin Susie Hodge.
In ihrem neuen Band "Die Künstlerinnen" schreibt die Autorin eine rein weibliche Kunstgeschichte von der Renaissance bis in die Gegenwart. Das Buch ist mehr als nur ein Listicle mit Namen und Kurzbiografien bemerkenswerter kreativer Frauen wie sie bereits in Titeln wie "50 Künstlerinnen, die man kennen sollte" von Christiane Weidemann oder "I love Women in Art: 100 Künstlerinnen vorgestellt" von Janine Mackenroth und Bianca Kennedy versammelt wurden.
Susie Hodge legt den Fokus in ihrem Buch weniger auf Personen als auf Epochen und die schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen Frauen früher Kunstwerke schufen. Ihr Buch gliedert sie in vier Teile. Im ersten gibt sie einen chronologischen Kurzüberblick über Stile und Strömungen der Kunstgeschichte mit Fokus auf die weiblichen Vertreterinnen.

Detaillierte Bildananlysen

Detailanalysen von 60 Werken folgen: Beginnend mit dem Selbstporträt von Sofonisba Anguissola sind hier barocke Stillleben zu entdecken, bewegte Schlachtenszenen, Collagen mit politischem Biss, aber auch abstrakte Skulpturen bis hin zu Performances von Marina Abramovic und Installationen von Yayoi Kusama. 150 große farbige Abbildungen machen das handliche Buch auch visuell zu einem Genuss.
Weniger überzeugt aber das dritte Kapitel mit dem Titel "Wendepunkte". Darunter versammelt Susie Hodge ein Sammelsurium aus kurzen Texten, manche über Kunsthochschulen, wie die Accademia delle Arti del Disegno in Florenz, die 1616 Artemisia Gentileschi als erstes weibliches Mitglied aufnahm, andere über sehr allgemeine Themen wie "Abstrakte Kunst" oder "Schwesterlichkeit".

Abseits der Historienmalerei

Das letzte Kapitel widmet sich den Sujets, die Künstlerinnen in ihren Werken verhandeln. Die Annahme, es seien die gleichen Themen, die auch männliche Künstler darstellen, widerlegt Susie Hodge schlüssig. Denn Frauen blieben viele Möglichkeiten, die ihre Kollegen hatten, verwehrt: Aktkurse zum Beispiel waren ihnen bis ins 20. Jahrhundert hinein verboten.
Somit fiel auch die Historienmalerei - bis ins 19. Jahrhundert die angesehenste Gattung der bildenden Kunst Europas - für Frauen als Betätigungsfeld aus, da die mehrfigurigen Kompositionen detaillierte anatomische Kenntnisse voraussetzten.
Trotz all dieser Hindernisse schaffen Künstlerinnen seit Jahrhunderten inspirierende Werke, die eine eigene Kunstgeschichte, wie Susie Hodge sie ihnen widmet, verdienen. Übersichtlich aufgemacht und zugänglich geschrieben ist dieses Buch ein perfekter Einstieg, um zu Unrecht vergessene Größen wie etwa Sofonisba Anguissola wiederzuentdecken.

Susie Hodge: "Die Künstlerinnen. Werke aus fünf Jahrhunderten"
Aus dem Englischen von Bettina Eschenhagen
Laurence King/Berlin 2020
224 Seiten, 18 Euro

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