Verkehrspsychologie
Heiß geliebt und innig gehasst: der SUV. © picture alliance/dpa/Arne Dedert
„Mit dem SUV kaufe ich mir soziale Anerkennung“
07:56 Minuten
Vorstadtpanzer, Müttertaxis, Dreckschleudern: SUVs haben bei vielen Menschen einen schlechten Ruf. Dennoch boomt der Markt. Der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier kritisiert, die Hersteller hätten mit den Autos geschickt Bedürfnisse geschaffen.
Fast jedes zehnte neuzugelassene Auto ist laut Kraftfahrt-Bundesamt ein SUV. Der Erfolg der großräumigen Wagen hat nach Ansicht des Berliner Verkehrspsychologen Wolfgang Fastenmeier vor allem psychologische Gründe. Die Autos würden bei den Käufern unter anderem zwei „sozio-emotionale Motivatoren“ bedienen: Privatheit und Prestige. Fastenmeier: „Wenn ich ein solches Fahrzeug habe, dann kaufe ich mir damit sozusagen soziale Anerkennung.“ Die könne dabei sowohl real als auch eingebildet sein.
Das Umkipp-Problem
Nach Ansicht des Psychologen spielt für einige SUV-Fahrer auch Bequemlichkeit eine gewisse Rolle: Es sei für manche Personengruppen sicher einfacher, in einen SUV zu steigen als in einen herkömmlichen Pkw. Das Gefühl der Sicherheit, das mancher mit den Autos verbindet, hält der Experte indes für trügerisch. SUVs hätten unter anderem ein „Umkipp-Problem“: Wegen des erhöhten Schwerpunkts fallen die Autos leichter um, als normale Pkw.
Der Experte sieht bei den Autos aber noch weitere Nachteile, darunter den Platzverbrauch. „Die Straßen oder die Infrastruktur ist ja sicher nicht für diese immer größer breiter werdenden Fahrzeuge geschaffen“, sagt Fastenmeier. Das sei anders in den USA, wo es viel Platz gebe. Hinzu kämen Vorurteile gegen die Autos, wie etwa „Vorstadtpanzer“ oder „Müttertaxi“.
Trotz dieser Nachteile hat die Automobilindustrie mit den SUVs nach Ansicht des Psychologen sehr erfolgreich „Bedürfnisse geweckt und geschaffen“. Dies sei bei vielen Leuten auf fruchtbaren Boden gefallen.
Eine aggressive Anmutung
Dass SUVs polarisieren, hat unter anderem mit deren Erscheinung zu tun, glaubt Fastenmeier. Die SUVs würden von den Herstellern „mit einer gewissen aggressiven Anmutung versehen“, die großen Modelle hätten tatsächlich etwas „panzerartiges“. Fastenmeier: „Wenn ich vor einem solchen SUV fahre, und der ist vielleicht in einem Abstandsbereich, den ich nicht mehr als komfortabel erlebe, dann wird es von vielen Leuten auch als offene Aggression erlebt. Ich denke, das ist ein ganz wesentlicher Faktor, der zu dieser Polarisierung beiträgt.“
Das Auto als „Universal-Verkehrsmittel“
Für den Verkehrspsychologen ist das Auto an sich dennoch „das Universal-Verkehrsmittel, weil es eben am bequemsten und am praktischsten die Mobilitäts- und Transportfunktion erfüllt.“ Im Gegensatz zum öffentlichen Personenverkehr bediene es zudem „Extra-Motive“, so der Verkehrspsychologe. „Also ich kann Erlebnisse haben, ich kann technische Faszination empfinden. Ich kann mein Selbstwertgefühl bestimmen. Ich kann zu meinem Fahrzeug eine Beziehung entwickeln. Ich kann sagen, das Fahrzeug ist quasi mein Reich, indem ich mich verwirkliche, wo ich Autonomie lebe. Also das sind Punkte, die einfach mit dem Automobil verbunden sind und die Leute jetzt nicht nur in Sportwägen, sondern eben auch in diese SUVs hineinlegen.“
(tmk)