Autorin Svetlana Lavochkina über den Krieg

Wenn Schriftsteller mit Waffen statt Worten kämpfen

08:03 Minuten
Ein ausgebranntes Auwowrack steht auf dem von Trümmern übersäten großen Platz.
Der zentrale Platz der Stadt Charkiw liegt nach dem Beschuss des Rathauses durch das russische Militär in Trümmern © Pavel Dorogoy/AP/dpa
Svetlana Lavochkina im Gespräch mit Mariette Schwarz |
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Es gibt in der ukrainischen Bevölkerung eine große Bereitschaft zur Verteidigung des Landes, sagt die ukrainische Autorin Svetlana Lavochkina. Auch Schriftsteller würden sich der Armee anschließen. Dennoch sei ein weltweiter Protest von Autoren weiter wichtig.
Natürlich hätten die Menschen in der Ukraine Angst, sagt die ukrainische Autorin Svetlana Lavochkina, aber sie würden einen solchen Siegeswillen verspüren, dass die Angst in den Hintergrund trete. Viele ihrer Freunde hätten sich der Zivilverteidigung angeschlossen und würden auf Straßen in Vororten gegen die russische Spionage kämpfen.
Diese sogenannten russischen Diversanten (Saboteuren) würden sich mit ukrainischen Militäruniformen verkleiden oder versuchen, mit falschen ukrainischen Autokennzeichen in die Stadt vorzudringen und dort Gebäude für Bombardierungen zu markieren.

Bevölkerung bewaffnet sich

Lavochkina berichtet von einer großen Bereitschaft in der Bevölkerung, selbst zur Waffe zu greifen. Es würden Waffen ausgeteilt, „aber die reichen nicht für alle.“ Sie kenne selbst Schriftsteller, die sich der Armee angeschlossen hätten, so Lavochkina. Wer ein Gewehr bedienen könne oder es schnell lernen würden, würden sich eines beschaffen.

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Nach Lavochkina Beobachtung gibt es in ihrem „breiten Netzwerk“ keine Widersprüche gegen die Anordnung, dass Männer über 18 Jahre das Land nicht verlassen dürfen und zur Landesverteidigung bleiben müssen. Es gäbe sogar Fälle von geflüchteten Frauen, die mit ihren Kindern zurückkehrten, weil sie ihre Männer nicht verlassen wollen.

Putin hat Stalins Methoden für die Jetztzeit adaptiert

Lavochkinas Roman „Die rote Herzogin“ ist gerade auf Deutsch erschienen und handelt von Stalins „Säuberungsaktion“ Ende der 1920er-Jahre in der Ukraine. Für Lavochkina ist Stalinismus und Putinismus „eigentlich dasselbe“. Die Welt sei natürlich etwas anders, ebenso die Möglichkeiten, sein Regime aufrecht zu erhalten. „Aber die Methoden sind die gleichen geblieben. Putin hat sie etwas angepasst an die moderne Zeit.“  

"Schriftsteller sind mächtig"

Lavochkina ist überzeugt, dass Literaten in dem Militärkonflikt eine wichtige Rolle spielen können. Weltweit hätten sich Schriftsteller „massiv“ gegen den Krieg geäußert. Sie hätten die russischen Kulturträger aufgerufen, zu protestieren.
Das Wort hält Lavochkina für eine starke Waffe. Schriftsteller und andere Künstler, die mit Wörtern arbeiten, seien mächtig, sagt sie. Literaten müssten die Worte finden, mit denen sie ihre Fans erreichten. „Ihre Fans werden ihnen glauben.“
Die Suspendierung Waleri Gergijews, des russischen Chefdirigenten der Münchener Philharmoniker, sei „leider“ eine richtige Maßnahme, findet Lavochkina. Man solle „die ganz klare Haltung zeigen, dass diejenigen, die Putin unterstützen, in Europa und auf der ganzen Welt“ nichts zu suchen hätten.
(tmk)
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