Sybille Krämer (Hg.): Ada Lovelace. Die Pionierin der Computertechnik und ihre Nachfolgerinnen
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2015
221 Seiten, 19,90 Euro
Die Erfinderin des ersten Computerprogramms
Ada Lovelace schrieb quasi die erste Software der Welt, lange bevor es Computer gab. Ein Sammelband anlässlich ihres 200. Geburtstages würdigt ihre Bedeutung für die Mathematik und zeigt zugleich, wie Frauen in der Informatik marginalisiert werden.
"Ada Lovelace: das ist die Ambivalenz als Existenz", schreibt Sybille Krämer, Philosophin und Herausgeberin dieses Sammelbands in ihrem Vorwort. Lady Lovelace gilt heute als Erfinderin des ersten Computerprogramms und wird als Ikone verehrt; gleichzeitig ranken sich von Beginn an Geschichten um sie, die ihre Leistung und ihren Ruhm infrage stellen.
Pünktlich zum 200. Geburtstag widmen sich nun 13 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Disziplinen und Blickwinkeln Ada Lovelace und ihren Nachfolgerinnen.
Geboren als Tochter des britischen Dichters Lord Byron und einer aristokratischen Mutter, die ihr die künstlerischen "Byronschen Tendenzen" austreiben will, korrespondierte Ada Lovelace schon in jungen Jahren mit herausragenden Wissenschaftlern ihrer Zeit.
Geboren als Tochter des britischen Dichters Lord Byron und einer aristokratischen Mutter, die ihr die künstlerischen "Byronschen Tendenzen" austreiben will, korrespondierte Ada Lovelace schon in jungen Jahren mit herausragenden Wissenschaftlern ihrer Zeit.
Besonders folgenreich entpuppte sich der Austausch mit dem Erfinder Charles Babbage, der an einer neuartigen Maschine namens "Analytical Engine" arbeitete. Bei der einzigen Präsentation seiner Entwürfe für eine Maschine, die nie realisiert werden sollte, war auch der italienische Ingenieur Luigi Federico Menabrea zugegen.
Dieser veröffentlichte einen französischsprachigen Artikel über Babbages Pläne. Ada Lovelace übersetzte diesen Artikel ins Englische und ergänzte ihn um einen Anhang, der den übersetzten Text um mehr als das Doppelte übertraf.
Von der Rechenmaschine zur universellen Maschine
Unter der schlichten Überschrift "Anmerkungen der Übersetzerin", nur mit ihren Initialen versehen, vollzieht Ada Lovelace eine gedankliche Revolution: Sie beschreibt Babbages "Analytical Engine" nicht als physikalische Rechenmaschine, sondern als universelle Maschine, die auch Musik komponieren könnte.
Ada Lovelace hielt die "Analytical Engine" für programmierbar und lieferte ein konkretes Beispiel: In Form einer Tabelle notierte sie die Berechnung sogenannter "Brenouilli-Zahlen", einer komplexen mathematischen Zahlenabfolge. Heute gilt dies als erstes Computerprogramm der Welt, die erste Software, lange bevor dieser Begriff den Bereich der Anwendungen von jenem der Maschine, der Hardware, abkoppeln sollte.
Anhand von drei Kapiteln über Ada Lovelace, die Rolle "rechnender Frauen" in der Geschichte des Computers und einem Ausblick über aktuelle Tendenzen der Digitalisierung gelingt den Autorinnen und Autoren eine umfangreiche Würdigung und Einordnung von Ada Lovelace. Denn während die "Analytical Engine" in die Technikgeschichte einging, wurde Ada Lovelace erst 100 Jahre später wiederentdeckt: Als Übersetzerin wurde ihr ein eigener Beitrag zur "Analytical Engine" lange Zeit abgesprochen.
Anhand von drei Kapiteln über Ada Lovelace, die Rolle "rechnender Frauen" in der Geschichte des Computers und einem Ausblick über aktuelle Tendenzen der Digitalisierung gelingt den Autorinnen und Autoren eine umfangreiche Würdigung und Einordnung von Ada Lovelace. Denn während die "Analytical Engine" in die Technikgeschichte einging, wurde Ada Lovelace erst 100 Jahre später wiederentdeckt: Als Übersetzerin wurde ihr ein eigener Beitrag zur "Analytical Engine" lange Zeit abgesprochen.
Keine feministische Kampfschrift
Der große Verdienst dieses wissenschaftlichen Sammelbandes ist, die historische Kontinuität des Unsichtbar-Machens "rechnender Frauen" aufzuarbeiten – von Ada Lovelace über die amerikanischen ENIAC-Girls der 1940er Jahre bis zur Unterrepräsentation von Frauen in der Informatik heute.
Wer dabei eine feministische Kampfschrift erwartet, der irrt: Verständlich geschrieben und eindrücklich belegt, zeigt das Buch nüchtern, wie die Marginalisierung von Frauen in der Geschichte des Computers funktioniert. Mit einem Appell für einen Paradigmenwechsel in der Informatik, die noch immer im Kern als mathematisch-ingenieurwissenschaftliche, "männliche" Disziplin verstanden wird und Bereiche, in denen gerade Frauen historische Leistungen erbracht haben, an den Rand deligiert, schließt das Buch den Kreis.
Wer dabei eine feministische Kampfschrift erwartet, der irrt: Verständlich geschrieben und eindrücklich belegt, zeigt das Buch nüchtern, wie die Marginalisierung von Frauen in der Geschichte des Computers funktioniert. Mit einem Appell für einen Paradigmenwechsel in der Informatik, die noch immer im Kern als mathematisch-ingenieurwissenschaftliche, "männliche" Disziplin verstanden wird und Bereiche, in denen gerade Frauen historische Leistungen erbracht haben, an den Rand deligiert, schließt das Buch den Kreis.
Eine faszinierende Tour de Force vom viktorianischen England des 19. Jahrhunderts bis zu unserem digitalen Zeitalter, dessen Grundzüge sich in den 1843 verfassten Kommentaren von Ada Lovelace bereits abzuzeichnen scheint. Eine großartige Wiederentdeckung!