Sylvia Wetzel: Erwachen und Erlösung. Eine Buddhistin interpretiert das Christentum
Patmos Verlag, Ostfildern 2019
222 Seiten, 24 Euro
Lotos-Sitz trifft Rosenkranz
21:45 Minuten
Vater, Sohn und erleuchteter Geist: Die Meditationslehrerin Sylvia Wetzel erkennt nach 40 Jahren buddhistischer Praxis zahlreiche Parallelen zum Katholizismus ihrer Kindheit. Selbst die Dreifaltigkeit lässt sich für sie buddhistisch erklären.
Sylvia Wetzel, die selbst zwei Jahre lang buddhistische Nonne war, schätzt immer noch die christlichen Texte, Gebete und Rituale ihrer Kindheit. Für sie glauben Christentum wie Buddhismus gleichermaßen an die Möglichkeit der Einsicht:
"Niemand kann beweisen, dass alle Wesen Buddha-Natur haben oder dass Gott die Welt erschaffen hat. Beide Aussagen sind Bilder für das Staunen der Menschen über das Wunder der Welt und der Menschen."
Staunen, Dankbarkeit und Freude
Die Dreifaltigkeit mit Gott Vater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist ist für Wetzel kein theologisches Rätsel, sondern mit den drei Dimensionen des historischen Buddha und letztlich aller Menschen zu verbinden. Im Buddhismus entsprechen ihr nach Wetzels Lesart: die leib-seelische Existenz, der Körper der Weisheit und das Leben mit Staunen, Dankbarkeit und Freude.
Die Anhänger beider Religionen könnten ihrer Meinung nach voneinander lernen, indem sie Elemente der jeweils anderen auch in ihrer eigenen Tradition finden - so könnten Christen die Mystik wiederentdecken oder Buddhisten die aufklärerischen Seite ihres Religionsgründers.
"Sünden" als Weg zur Selbsterkenntnis
Selbst so aus der Mode gekommene christliche Konzepte wie die sieben Todsünden übersetzt Wetzel in eine moderne Sprache, weil sie darin "eine sehr anspruchsvolle Anleitung zur sorgfältigen Innenschau und Selbstprüfung" sieht. Wie überhaupt die Selbsterkenntnis für sie ein zentrales Element nicht nur spirituellen Erwachens, sondern auch gelingenden Miteinanders ist.