Kunstfreiheit in Zeiten von #MeToo
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Eine Konferenz in Rothenburg ob der Tauber widmet sich dem Thema #MeToo in der Musik. Einer der Vorträge befasst sich mit Fällen, in denen musikalische Performances juristische Folgen hatten, etwa bei Pussy Riot, Madonna oder Carolin Kebekus.
Wenn Kunst zu einem Straftatbestand wird, sagt das auch etwas über gesellschaftliche Begebenheiten aus. Die Punkrockerinnen von Pussy Riot etwa wurden in Russland in einem öffentlichkeitswirksamen Prozess zu mehrjährigen Haftstrafen wegen "Rowdytums" verurteilt – einen Straftatbestand, den es in Deutschland gar nicht gibt. Hierzulande hatte die Comedian und Schauspielerin Carolin Kebekus im Jahr 2013 Ärger: Ihr Song "Dunk dem Herrn" richtete sich kritisch gegen die Katholische Kirche.
Der WDR sendete ihr Musikvideo damals nicht. Es könnte sich um den Straftatbestand der Beschimpfung religiöser Bekenntnisse und Gemeinschaften handeln, laut §166 des Strafgesetzbuches. Kebekus sprach von Zensur und einem Einschnitt in die Kunstfreiheit. In den 80er-Jahren hatte auch die Sängerin Madonna wegen ihres Videos zum Song "Like a Prayer" Ärger.
Feministische Vorbilder und Vordenkerinnen
Auf einem Symposium im Kriminalmuseum in Rotheburg ob der Tauber, das gemeinsam mit dem Taubertal-Festival ausgerichtet wird, sollen in einem Vortrag diese und weitere Fälle an der Grenze zwischen Kunst und Straftat kritisch beleuchtet werden. "Wenn lästernde Weiber die Kirche besingen - Ein Fall für die Justiz?" heißt der Vortrag des am 10. August stattfindenden Symposiums. Claudia Zielińska ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht an der Viadrina Universität in Frankfurt/Oder und wird den Vortrag gemeinsam mit den Kolleginnen Joana Melz und Lisa Weyhrich halten.
Zielińska glaubt, dass sowohl Madonna als auch Pussy Riot und Caroline Kebekus als feministische Vorbilder und Vordenkerinnen taugen, etwa, "durch ihr selbstbewusstes und selbstbestimmes Auftreten. Sie vertreten offen ihre Meinung nach außen, ganz im Geiste des Feminismus. Und sie scheuen nicht vor Kontroversen zurück." Ihre gesellschaftliche Rolle habe jedoch nichts mit einer juristischen Schuld zu tun, das sei eine "rechtliche Bewertung, die so oder so ausfallen kann".
Erst muss sich die Einstellung ändern
Das ganze Symposiums ist thematisch weiter gefasst und trägt den Titel "Gender, Macht und Recht". In den Vorträgen wird es auch um die Rolle von Musikerinnen in Zeiten von #MeToo gehen. Denn noch immer haben in dieser Branche hauptsächlich Männer das Sagen.
"Die Einstellung in der Branche zur Rolle der Frau müsste sich ändern", glaubt Zielińska. "Es ist eher eine Frage der Einstellung, die sich ändern müsste. Gesetze können lediglich unterstützend bei der Wahrung der Rechte der Frau tätig werden."
(aba)