Syrien

    Zivilisten in Aleppo warten auf Evakuierung

    Zivilisten in Aleppo: Ein Vater hält ein Kleinkind im Arm.
    Zivilisten sollen aus dem Ostteil von Aleppo gebracht werden. © KARAM AL-MASRI / AFP
    Nachdem die Waffen in Aleppo seit gestern schweigen, sollen nun Zivilisten aus dem Ostteil der Stadt gebracht werden. Doch die Evakuierung verzögert sich. Grund dafür sind offenbar Differenzen zwischen dem syrischen Regime und seinem Verbündeten Russland über die Einigung mit den Rebellen. Die Türkei kündigte derweil die Einrichtung einer Zeltstadt für Flüchtlinge aus der Stadt an.
    Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und der Allianz um den syrischen Machthaber Baschar al-Assad sollte die Evakuierung um 5 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ) beginnen. Im zwischen Rebellen und syrischen Regierungstruppen geteilten Viertel Salaheddin warteten demnach etwa 20 Busse, die die Zivilisten aus dem Ostteil der Stadt bringen sollen. Zuvor waren gestern Abend sechs Busse ohne Insassen aus dem Viertel zurückgekehrt. Nach der Evakuierung der Zivilisten sollen Rebellen mit leichten Waffen abgezogen werden, die entweder in den Westen der Provinz Aleppo oder in die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens gehen sollen.

    Syriens Führung unzufrieden mit Vereinbarung

    Hintergrund der Verzögerug seien Differenzen zwischen dem Regime und seinem Verbündeten Russland über die Einigung mit den Rebellen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Demnach ist Syriens Führung unzufrieden mit dem Abkommen, weil es ihm von Russland aufgezwungen worden sei. Moskau habe die Einigung zudem ohne Abstimmung mit ihr verkündet. Das Regime sei entschlossen gewesen, den Konflikt um Aleppo militärisch zu entscheiden.

    100.000 Menschen auf fünf Quadratkilometern eingeschlossen

    Am Dienstag hatten Rebellengruppen eine Vereinbarung mit der syrischen Regierung über die Evakuierung von Zivilisten und Rebellen verkündet. Sie kam offenbar unter Vermittlung von Russland als Verbündetem der syrischen Regierung und der Türkei als Unterstützer der Rebellen zustande. Die USA wurden nicht einbezogen, teilte das US-Außenministerium mit.
    Nach Angaben der Hilfsorganisation Médecins du Monde sind noch etwa 100.000 Menschen auf einem Gebiet von fünf Quadratkilometern im Osten Aleppos eingeschlossen. Die humanitäre Lage war nach Angaben von Hilfsorganisationen besonders in den letzten Wochen katastrophal. Mehr als 40.000 Menschen flohen in den vergangenen Tagen vor den Kämpfen. Die Türkei will für die Flüchtlinge ein Zeltlager für bis zu 80.000 Menschen aufstellen. Das kündigte Vize-Ministerpräsident Mehemt Simsek über Twitter an.

    Kein Ende des Bürgerkriegs

    Seit Dienstag schweigen in Aleppo die Waffen. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin erklärte, die Gefechte seien beendet. Die Stadt befinde sich wieder vollständig unter Kontrolle des syrischen Militärs. In den letzten Wochen hatte es mithilfe russischer Kampfflugzeuge eine Großoffensive in Aleppo gestartet. Der Abzug der Rebellen ist ein wichtiger Sieg für das syrische Regime. Es kontrolliert damit wieder alle großen Städte des Landes. Beobachter rechnen dennoch nicht mit einem baldigen Ende des Bürgerkriegs. Denn die Rebellen beherrschen immer noch unter anderem die Provinz Idlib im Nordwesten des Landes. Zudem kontrolliert die Terrormiliz IS im Norden und Osten Syriens noch große Gebiete. "Selbst wenn dies das Ende der Belagerung von Aleppo ist, ist es nicht das Ende des Krieges in Syrien," sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, John Kirby. "Er wird weitergehen. Die Opposition wird weiter kämpfen."
    (cvo/mg)
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