Ein bisschen Großstadtfeeling im Chiemgau
Eine Spezialitätenkonditorei mit einer chinesischen Chefin oder ein Tante-Emma-Laden mit Live-Musik: Im Chiemgau siedeln sich kreative Köpfe an und verbreiten ein Flair wie in den Szenebezirken einer Großstadt.
Der ältere Mann betritt mit einem Lächeln die kleine Konditorei am Ortsrand von Schleching. Er grüßt die Verkäuferin hinter der Theke wie eine gute Bekannte. Sie packt für ihn eine flute française ein, also ein französisches Baguette, mehrere Semmeln, ein Stück Himbeer-Rosé-Mousse-Torte für den Nachmittag. Er fragt, welche Kuchen sie denn wieder neu kreiert haben und verabschiedet sich nach draußen:
"Ich wohne ja hier um die Ecke, in Ettenhausen, habe das mal gehört, bin vorbeigefahren, gefragt, wie der sich das leisten kann, habe mir das dann mal angeschaut, mit ihr habe ich schon über China gesprochen, über Marxismus, ich bin nämlich Marxist."
Anfangs sei er schon skeptisch gewesen, als in die ehemalige Dorfbäckerei ein neuer Konditor mit einer Frau aus China zog. Er aus Nordrhein-Westfalen, sie aus Guandong im Süden Chinas. Der alte Bäcker hatte aufgehört, die Backstube stand zum Verkauf. Eine andere Bäckerei im Achental Richtung österreichische Grenze, gab es damals noch, doch die Pächterin sei gestorben, ein Nachfolger nicht in Sicht. Das ist man mittlerweile gewohnt im Chiemgau, dass die kleinen Läden schließen, sagt er:
"Da gibt's einen Dorfladen in Schleching, da war ich auch schon mal, das ist so ein Edeka, da kann man einkaufen, in Ettenhausen gibt's noch so einen Kramladen, ansonsten gibt es nichts mehr hier, Arsch der Welt ... Also ich bin froh, dass es das gibt."
"Ich wohne ja hier um die Ecke, in Ettenhausen, habe das mal gehört, bin vorbeigefahren, gefragt, wie der sich das leisten kann, habe mir das dann mal angeschaut, mit ihr habe ich schon über China gesprochen, über Marxismus, ich bin nämlich Marxist."
Anfangs sei er schon skeptisch gewesen, als in die ehemalige Dorfbäckerei ein neuer Konditor mit einer Frau aus China zog. Er aus Nordrhein-Westfalen, sie aus Guandong im Süden Chinas. Der alte Bäcker hatte aufgehört, die Backstube stand zum Verkauf. Eine andere Bäckerei im Achental Richtung österreichische Grenze, gab es damals noch, doch die Pächterin sei gestorben, ein Nachfolger nicht in Sicht. Das ist man mittlerweile gewohnt im Chiemgau, dass die kleinen Läden schließen, sagt er:
"Da gibt's einen Dorfladen in Schleching, da war ich auch schon mal, das ist so ein Edeka, da kann man einkaufen, in Ettenhausen gibt's noch so einen Kramladen, ansonsten gibt es nichts mehr hier, Arsch der Welt ... Also ich bin froh, dass es das gibt."
"Hier ist das Ende der Welt. Natur pur."
Sie hätten sich schon etwas lustig gemacht über die Schilder, auf denen der Name der Bäckerei steht: "Bonbon & Keksi". Angebracht am Balkon des alpenländischen Gebäudes und am Fahrradständer für die Mountainbiker.
"Die Einheimischen sind froh, dass es das gibt. Also ich frage mich ja auch, wie sich das trägt, also ich fahre immer vorbei, dann ist es oft geschlossen. Ich weiß es nicht, keine Ahnung."
"Der geht kaputt. Der wäre nicht der erste, der hier kaputt geht. Jetzt machen ja schon die Hotels zu bei uns im Ort, ist echt schlimm. Hier ist das Ende der Welt. Natur pur."
... ergänzt ein anderer Einwohner, der 1980 von Köln ins Achental zog. So oft es geht, kauft er bei dem Neuen seine Semmeln, die bei dem ehemaligen Kölner noch immer Brötchen heißen.
"Wie ich das erste Mal hier war und mit ihm gesprochen habe, habe ich Bedenken angemeldet. Nämlich das ist hier ein sterbendes Dorf. Keine Seilbahn mehr, die Hotels machen zu. Wenn die die Straßen besser neu machen, hilft das nicht, besser wäre mehr Menschen hier, aber die haben den Zug verschlafen."
Schleching, muss man wissen, liegt 25 Kilometer südlich vom Chiemsee Richtung Achental am Naturschutzgebiet Geigelstein, Nähe Reit im Winkel, wo die Straßen schmal werden und die Jugendlichen unter den 1800 Einwohnern das Weite suchen. Die Sesselbahn wurde irgendwann stillgelegt. Das Örtchen ist stolz auf die Auszeichnung als "Bergsteigerdorf". Die wichtigste Sehenswürdigkeit ist eine alte Hammerschmiede von 1697.
San Chung-Lüdeke, die Chefin des Hauses, erklärt die einzelnen Zutaten der Daquoise-Rolle. Nur Mandelmehl und Baiser, kein Weizen. Normalerweise eine Torte. Die Rolle sei eine Eigenkreation. Daneben ein Cassis bavarois:
"Das ist eine Schwarze Johannisbeere mit bavarois, wir sagen Bairisch Crème. Ich komme aus China, aus dem Süden, aus Guandong. Ja, ich finde es ganz gut in Schleching. Sie haben schon gesehen, ich kenne alle hier, Touristen oder Einheimische, ich habe keine schlechten Menschen getroffen."
"Die Einheimischen sind froh, dass es das gibt. Also ich frage mich ja auch, wie sich das trägt, also ich fahre immer vorbei, dann ist es oft geschlossen. Ich weiß es nicht, keine Ahnung."
"Der geht kaputt. Der wäre nicht der erste, der hier kaputt geht. Jetzt machen ja schon die Hotels zu bei uns im Ort, ist echt schlimm. Hier ist das Ende der Welt. Natur pur."
... ergänzt ein anderer Einwohner, der 1980 von Köln ins Achental zog. So oft es geht, kauft er bei dem Neuen seine Semmeln, die bei dem ehemaligen Kölner noch immer Brötchen heißen.
"Wie ich das erste Mal hier war und mit ihm gesprochen habe, habe ich Bedenken angemeldet. Nämlich das ist hier ein sterbendes Dorf. Keine Seilbahn mehr, die Hotels machen zu. Wenn die die Straßen besser neu machen, hilft das nicht, besser wäre mehr Menschen hier, aber die haben den Zug verschlafen."
Schleching, muss man wissen, liegt 25 Kilometer südlich vom Chiemsee Richtung Achental am Naturschutzgebiet Geigelstein, Nähe Reit im Winkel, wo die Straßen schmal werden und die Jugendlichen unter den 1800 Einwohnern das Weite suchen. Die Sesselbahn wurde irgendwann stillgelegt. Das Örtchen ist stolz auf die Auszeichnung als "Bergsteigerdorf". Die wichtigste Sehenswürdigkeit ist eine alte Hammerschmiede von 1697.
San Chung-Lüdeke, die Chefin des Hauses, erklärt die einzelnen Zutaten der Daquoise-Rolle. Nur Mandelmehl und Baiser, kein Weizen. Normalerweise eine Torte. Die Rolle sei eine Eigenkreation. Daneben ein Cassis bavarois:
"Das ist eine Schwarze Johannisbeere mit bavarois, wir sagen Bairisch Crème. Ich komme aus China, aus dem Süden, aus Guandong. Ja, ich finde es ganz gut in Schleching. Sie haben schon gesehen, ich kenne alle hier, Touristen oder Einheimische, ich habe keine schlechten Menschen getroffen."
Von Köln über Südkorea nach Bayern
Ihr Mann, Konditormeister Martin Lüdeke, machte seine Meisterprüfung in Köln, ging vor 25 Jahren nach Indien, Neuseeland, Südkorea. Indische Zeitungen wie "The New-India-Express" schrieben über den Martin touch des German pastry chef, des Chefkonditors des ITC Kakatiya in Hyderabad, ein Hotel der Luxusklasse. Jetzt steht er in seiner oberbayerischen Backstube und seine Frau erklärt, warum:
"Oh, das ist eine lange Geschichte: Wir wollten uns selbstständig machen, wir waren in Südkorea und im Internet haben wir gesucht nach einer Bäckerei oder Konditorei zum Übernehmen. Und dann haben wir zufällig hier das mit einer Backstube drin gefunden, weil eine Backstube sehr teuer ist und dann haben wir hier investiert."
Wer zum ersten Mal das Café entdeckt, ist erstaunt, dass es so etwas gibt, jenseits von München oder Salzburg, meint diese Kundin. Ihre Schwester wohnt in Schleching. Manchmal fahre sie einfach nur raus aus München wegen der Qualität der Kuchen. Und auch, um den Laden zu unterstützen:
"Ich weiß, dass die Einheimischen das gut annehmen. Es sind halt ausgesprochen gute Semmeln und Brezen und auch die Kuchen sind sehr gut. Obwohl ich normalerweise selbst backe und auch beruflich auch Hauswirtschaftsleiterin sogar bin, kann ich es empfehlen. – Dann können Sie das ja einschätzen, wie die Kuchen sind? – Ja sehr gut, sehr gut."
"Das ist eine Himbeersahne mit Roséwein. Seit zwei Jahren benutzen wir nur diesen Wein von einem Winzer aus Österreich."
"Oh, das ist eine lange Geschichte: Wir wollten uns selbstständig machen, wir waren in Südkorea und im Internet haben wir gesucht nach einer Bäckerei oder Konditorei zum Übernehmen. Und dann haben wir zufällig hier das mit einer Backstube drin gefunden, weil eine Backstube sehr teuer ist und dann haben wir hier investiert."
Wer zum ersten Mal das Café entdeckt, ist erstaunt, dass es so etwas gibt, jenseits von München oder Salzburg, meint diese Kundin. Ihre Schwester wohnt in Schleching. Manchmal fahre sie einfach nur raus aus München wegen der Qualität der Kuchen. Und auch, um den Laden zu unterstützen:
"Ich weiß, dass die Einheimischen das gut annehmen. Es sind halt ausgesprochen gute Semmeln und Brezen und auch die Kuchen sind sehr gut. Obwohl ich normalerweise selbst backe und auch beruflich auch Hauswirtschaftsleiterin sogar bin, kann ich es empfehlen. – Dann können Sie das ja einschätzen, wie die Kuchen sind? – Ja sehr gut, sehr gut."
"Das ist eine Himbeersahne mit Roséwein. Seit zwei Jahren benutzen wir nur diesen Wein von einem Winzer aus Österreich."
In der Nachbargemeinde Marquartstein schloss kürzlich der Metzger, dann der Bäcker. Der Einzelhandel läuft nur noch über die Supermärkte. Das liege vor allem an politischen Fehlern, kritisiert der aus Bad Reichenhall stammende Stadtmarketing-Experte Christian Klotz. Die Ausweisung von noch mehr Gewerbegebieten, erst kürzlich von der CSU mit einer Änderung des Landesentwicklungsprogramms LEP erleichtert, verschärfe die Situation zusätzlich.
Qualität auf dem Land lohnt sich, ist sich allerdings der Kölner Wahlbayer sicher. Aber in Schleching, wo im Winter nur die Langlaufloipe vorbeiführt und im Sommer die Mountainbikestrecke? Vielleicht hätte Konditor Lüdeke sich doch lieber direkt am Chiemsee niederlassen sollen?
"Wenn der die Qualität weiter macht, nette Leute, ich sage Zukunft. Ich komme ja vier Kilometer gefahren. Meine Frau hat das gestern bestellt, ist heute fertig, nur sind die Brötchen ab und an aus. Ich sage, du weißt doch, wenn die Familien die Ferienwohnungen belegen, musst du mehr backen. Jetzt habe ich gesagt, er müsste sich mehr dem Dorfgeschehen anpassen. Am Montag ist hier Motorradmarkt. Gehst mal eine halbe Stunde hin. Hab ich ihm gerade gesagt. Vielleicht treffe ich ihn ja da auf dem Platz."
... lacht der Kölner Oberbayer und geht frühstücken.
Die meisten Läden machen zu
Von Schleching geht es die kleine kurvige Straße zurück auf die Autobahn. Der Chiemsee leuchtet blau in der Sonne. Drüben, vom Wasser grüßt die Fraueninsel herüber, der weiße Kirchturm. Autos mit holländischem, belgischem, französischem, kroatischem Kennzeichen hetzen auf der linken Spur vorbei Richtung Süden. Rechts thront selbstbewusst der Hochfelln, der höchste Berg im Chiemgau. Direkt darunter liegt der Ort Bergen, einfach Bergen, benannt nach den Bergen ringsum. Ein Ausflugsziel für Münchner, die Seilbahn geht bequem direkt hinauf zum Hochfellngipfel. Einwohner: knapp 5000. Nach der Autobahnabfahrt dauert es noch drei Kilometer bis zum Ortseingang. Fährt man weiter, kommt der Dorf-Supermarkt und eine Pizzeria. Fährt man noch weiter, kommt man zur Wallfahrtskirche Maria Eck mit angeschlossenem Klostergasthof. Traditioneller geht's nicht in Bayern.
Am Bergener Dorfplatz hingegen steht: ein leeres Gasthaus. Eine Kirche. Ein Aquarium-Geschäft. Ein Friseurladen. Ein Paar Sitzbänke.
Und ein Wohnhaus mit Anbau. Dorfplatz 7. "Ladenbergen". So heißt es auf einem Plakat und an der Fensterscheibe. Und auf einem grünen Schild oberhalb der großen Parterrefenster. Die Öffnungszeiten sind – ungewöhnlich für den Ort – mit Permanentmarker an die Scheiben gemalt.
Im Inneren sieht man das Barpiano, ein betagtes braunes Klavier. Daneben CD-Regale, lokale Gin- und Wodkakreationen, Biotees und Kaffee, Gewürze, Honig, Wein, 30 Sorten Biolimonade. Und persische Teppiche auf dem Boden. Früher war da eine Drogerie. Das ist lang her.
Drinnen sitzen an diesem Sonnabendnachmittag vier Männer und eine Frau auf Klappstühlen und alten Kinosesseln, Weingläser in der Hand. An der Wand hängen vergilbte Plattencover mit bayerischen Dirndlmädchen auf grüner Wiese. Titel "Glocken der Heimat". Eine riesige Lichtscheibe wechselt gemächlich die Farben.
Die alte Lufthansa-Lampe vom Flohmarkt komplettiert das Retrofeeling. Von der ehemaligen Drogerie ist noch die Verkaufstheke übrig, geschätzt Jahrgang 1963. Auf dem Rückgeldteller steht "Kreuzberg". In Erinnerung an die Berliner Zeit des Ladenbesitzers Andreas Auer. Der pfriemelt gerade in einer Ecke.
Viel Reden ist die Sache nicht vom Ladenchef. Am Abend erwartet Andy Auer einen dänischen Musiker aus Berlin, der noch per Auto auf der Autobahn unterwegs ist. Bis zum Abend ist der Tante-Emma-Laden ein ganz normaler Verkaufsladen. So normal wie das in diesem Wohnzimmerambiente möglich ist:
"Ja, schon. Das empfinden viele so und ich auch. Weil hier gibt's ja nur Sachen, die ich gern mag. Ist ja wie im Wohnzimmer."
Am Bergener Dorfplatz hingegen steht: ein leeres Gasthaus. Eine Kirche. Ein Aquarium-Geschäft. Ein Friseurladen. Ein Paar Sitzbänke.
Und ein Wohnhaus mit Anbau. Dorfplatz 7. "Ladenbergen". So heißt es auf einem Plakat und an der Fensterscheibe. Und auf einem grünen Schild oberhalb der großen Parterrefenster. Die Öffnungszeiten sind – ungewöhnlich für den Ort – mit Permanentmarker an die Scheiben gemalt.
Im Inneren sieht man das Barpiano, ein betagtes braunes Klavier. Daneben CD-Regale, lokale Gin- und Wodkakreationen, Biotees und Kaffee, Gewürze, Honig, Wein, 30 Sorten Biolimonade. Und persische Teppiche auf dem Boden. Früher war da eine Drogerie. Das ist lang her.
Drinnen sitzen an diesem Sonnabendnachmittag vier Männer und eine Frau auf Klappstühlen und alten Kinosesseln, Weingläser in der Hand. An der Wand hängen vergilbte Plattencover mit bayerischen Dirndlmädchen auf grüner Wiese. Titel "Glocken der Heimat". Eine riesige Lichtscheibe wechselt gemächlich die Farben.
Die alte Lufthansa-Lampe vom Flohmarkt komplettiert das Retrofeeling. Von der ehemaligen Drogerie ist noch die Verkaufstheke übrig, geschätzt Jahrgang 1963. Auf dem Rückgeldteller steht "Kreuzberg". In Erinnerung an die Berliner Zeit des Ladenbesitzers Andreas Auer. Der pfriemelt gerade in einer Ecke.
Viel Reden ist die Sache nicht vom Ladenchef. Am Abend erwartet Andy Auer einen dänischen Musiker aus Berlin, der noch per Auto auf der Autobahn unterwegs ist. Bis zum Abend ist der Tante-Emma-Laden ein ganz normaler Verkaufsladen. So normal wie das in diesem Wohnzimmerambiente möglich ist:
"Ja, schon. Das empfinden viele so und ich auch. Weil hier gibt's ja nur Sachen, die ich gern mag. Ist ja wie im Wohnzimmer."
Am Abend wird aus dem Laden ein Treffpunkt
Deshalb auch die ungewöhnlichen Öffnungszeiten. Wenn andere Geschäfte im Dorf längst geschlossen haben, geht es bei Andy erst richtig los. Der Treffpunkt im Dorf, sagt Wolfgang, ein Einheimischer. Man duzt sich hier:
"Das Haus ist ja lange Zeit leer gestanden und wurde dann umgebaut. In Bergen ist es ja doch so ... wir brauchen hier ein bisschen Leben. Die Alterspyramide spielt da mit eine große Rolle. Da gibt's jetzt jemanden, der sich um bissl Nachhaltigkeit kümmert, um biologische Produkte, viele Gleichgesinnte versammeln sich dann hier und das finde ich echt gut. Das findet ja auch Zulauf, wie man sieht, er kümmert sich und hat noch Ahnung von Musik, deshalb versammeln wir uns hier."
Die meisten kennen sich hier. Der Betriebschef der Autobahnraststätte, der Kellner vom Hotel im nächsten Dorf, der Weggezogene, der einmal die Woche seine Mutter besucht:
"Na, ich bin eigentlich oft hier, weil ich meine Mutter im Pflegeheim besuche und dann mache ich immer einen Abstecher zum Andy. Da treffe ich halt manche zum Reden, Bekannte, und dann fahre ich wieder heim."
Mit Kreide schreibt Andy auf eine Tafel "Eingang nächste Tür". Am Abend spielt der dänische Sing- und Songwriter Flemming Borby. Wie viele Gäste kommen werden? Kann man nie vorab sagen, lächelt Andy Auer. Eigentlich wollte er ja nur einen richtig coolen Plattenladen auf dem Land eröffnen, überlegt er bedächtig:
"Das ist halt alles so gekommen, das musste wohl so sein. Nein ich bin kein Esoteriker ... Also ich war DJ ziemlich lange, so insgesamt 20 Jahre und irgendwann hat es mich genervt, dass die Leute so viel jünger waren wie ich. Und dann habe ich gesagt, ich mache jetzt einen Plattenladen auf. Es hat etwas gedauert, aber dann ist es ein Plattenladen geworden mit allem, was ich sonst noch so mag. Also hier kann man 30 verschiedene Biolimonaden kaufen, eine Auswahl fast wie in Berlin."
"Das Haus ist ja lange Zeit leer gestanden und wurde dann umgebaut. In Bergen ist es ja doch so ... wir brauchen hier ein bisschen Leben. Die Alterspyramide spielt da mit eine große Rolle. Da gibt's jetzt jemanden, der sich um bissl Nachhaltigkeit kümmert, um biologische Produkte, viele Gleichgesinnte versammeln sich dann hier und das finde ich echt gut. Das findet ja auch Zulauf, wie man sieht, er kümmert sich und hat noch Ahnung von Musik, deshalb versammeln wir uns hier."
Die meisten kennen sich hier. Der Betriebschef der Autobahnraststätte, der Kellner vom Hotel im nächsten Dorf, der Weggezogene, der einmal die Woche seine Mutter besucht:
"Na, ich bin eigentlich oft hier, weil ich meine Mutter im Pflegeheim besuche und dann mache ich immer einen Abstecher zum Andy. Da treffe ich halt manche zum Reden, Bekannte, und dann fahre ich wieder heim."
Mit Kreide schreibt Andy auf eine Tafel "Eingang nächste Tür". Am Abend spielt der dänische Sing- und Songwriter Flemming Borby. Wie viele Gäste kommen werden? Kann man nie vorab sagen, lächelt Andy Auer. Eigentlich wollte er ja nur einen richtig coolen Plattenladen auf dem Land eröffnen, überlegt er bedächtig:
"Das ist halt alles so gekommen, das musste wohl so sein. Nein ich bin kein Esoteriker ... Also ich war DJ ziemlich lange, so insgesamt 20 Jahre und irgendwann hat es mich genervt, dass die Leute so viel jünger waren wie ich. Und dann habe ich gesagt, ich mache jetzt einen Plattenladen auf. Es hat etwas gedauert, aber dann ist es ein Plattenladen geworden mit allem, was ich sonst noch so mag. Also hier kann man 30 verschiedene Biolimonaden kaufen, eine Auswahl fast wie in Berlin."
Im Regal dudelt ein Digitalradio. Der hauseigene Internetradiosender "radio-festung.de" bringt Berichte zu den Konzerten, Interviews mit den Sängern, Livemitschnitte oder auch musikalische Neuentdeckungen aus dem Chiemgau. Daneben Playlists, die Andy mag.
Im zweiten Raum stehen die Kartons mit Platten. Klar verkauft er nur LPs, Langspielplatten, Vinyl von Chiemgauer Bands. Oder von Mahalia Jackson. Oder von den "Landlergeschwistern". Oder von The Smiths. Preis: Verhandlungsbasis.
"Vielleicht braucht man gerade hier so was. Weil, in München, Salzburg oder Berlin gibt es ja so was schon."
"Ja, das ist ungewohnt, ja, aber es bringt Leben."
Der 80-jährige Paul kommt fast zu allen Konzerten, sitzt bei Weißweinschorle ganz vorn in den drei Stuhlreihen. Er kommt direkt aus dem Ort. Für ihn ist der Laden "Ladenbergen" der Stammtisch, das Wohnzimmer, der Kontakt zur Jugend:
"Ich finde, dass der Andy das gut macht, einfach mir nichts dir nichts so ein Lokal betreibt. Ich finde, belebend ist es auf alle Fälle."
"Ganz ehrlich? Ich komme hier rein, weil ich hier Freunde treffe. Ich komme daher, Entspannung, ein Bier, Runterkommen nach 14 Stunden Arbeit, super Wirt, kein Thema."
Außenseitern wird das Leben schwer gemacht
Hansi stammt aus Wien. Als Betriebsleiter der Autobahnraststätten entlang der A8 im Chiemgau braucht er etwas Großstadtflair. Das bekommt er beim Andy. Es bräuchte viel mehr derartige Läden im Chiemgau, in Oberbayern, in Bayern, sind sich alle einig. Wo sogar Berliner Musiker gern spielen:
"Also Freunde, Musikerkollegen, die haben mir empfohlen, hier zu spielen, weil es soll so schön sein und out in the countryside und so intim und so sieht es auch aus. Ja, jetzt habe ich gesagt, ich habe Vertrauen, dass Leute kommen, ich habe immer eine optimistische Einstellung. Also ich wohne ja selbst in Kreuzberg, ja, es gibt viele kleine Orte, wo es so Kleinkunstbühnen gibt, ich bin nicht so überrascht. Also ich komme aus Dänemark, da gibt es sowas nicht, das ist besonders in Deutschland, das finde ich supergut."
Bis Ende des Jahres steht das Line-up aller Konzerte. Plakate hängen in der ganzen Region. Anfragen nehme er erst wieder für 2019 entgegen, meint Andy Auer gelassen. Im Prinzip sei das mittlerweile ein Selbstläufer. Die meisten Bands kenne er von seinem Job als Musikmanager beim Summerfestival Chiemsee und auch von seiner Zeit bei La Brass Banda, dem bekanntesten Exportschlager unter den Chiemgauer Bands.
Ironischerweise will und kann er für die wöchentlichen Konzerte derzeit keine Werbung machen. Neider aus der Umgebung missgönnen ihm den Erfolg. Das alternative Konzept von "Ladenbergen", neue, moderne Ideen, Großstadtfeeling – selbst im touristenverwöhnten Chiemgau wird es den Außenseitern schwer gemacht.
Man stehe der Geschäftsidee grundsätzlich nicht negativ gegenüber, heißt es vom Landratsamt Traunstein in einer Stellungnahme gegenüber Deutschlandfunk Kultur. Aufgrund einer Beschwerde habe man beim Betreiber ein aktuelles Betriebskonzept angefordert. Dieses sei bislang noch nicht eingegangen. Damit solle geklärt werden, ob der bisherige genehmigte Zustand von "Ladenbergen" mit dem aktuellen Betrieb übereinstimmt.
"Also Freunde, Musikerkollegen, die haben mir empfohlen, hier zu spielen, weil es soll so schön sein und out in the countryside und so intim und so sieht es auch aus. Ja, jetzt habe ich gesagt, ich habe Vertrauen, dass Leute kommen, ich habe immer eine optimistische Einstellung. Also ich wohne ja selbst in Kreuzberg, ja, es gibt viele kleine Orte, wo es so Kleinkunstbühnen gibt, ich bin nicht so überrascht. Also ich komme aus Dänemark, da gibt es sowas nicht, das ist besonders in Deutschland, das finde ich supergut."
Bis Ende des Jahres steht das Line-up aller Konzerte. Plakate hängen in der ganzen Region. Anfragen nehme er erst wieder für 2019 entgegen, meint Andy Auer gelassen. Im Prinzip sei das mittlerweile ein Selbstläufer. Die meisten Bands kenne er von seinem Job als Musikmanager beim Summerfestival Chiemsee und auch von seiner Zeit bei La Brass Banda, dem bekanntesten Exportschlager unter den Chiemgauer Bands.
Ironischerweise will und kann er für die wöchentlichen Konzerte derzeit keine Werbung machen. Neider aus der Umgebung missgönnen ihm den Erfolg. Das alternative Konzept von "Ladenbergen", neue, moderne Ideen, Großstadtfeeling – selbst im touristenverwöhnten Chiemgau wird es den Außenseitern schwer gemacht.
Man stehe der Geschäftsidee grundsätzlich nicht negativ gegenüber, heißt es vom Landratsamt Traunstein in einer Stellungnahme gegenüber Deutschlandfunk Kultur. Aufgrund einer Beschwerde habe man beim Betreiber ein aktuelles Betriebskonzept angefordert. Dieses sei bislang noch nicht eingegangen. Damit solle geklärt werden, ob der bisherige genehmigte Zustand von "Ladenbergen" mit dem aktuellen Betrieb übereinstimmt.