Neuer Kult um eine alte Hose
Am 21. Januar ist wieder mal Internationaler Jogginghosentag. Wer hinter diesem Kult nur eine unmodische Provokation der Geschmacksbürger sieht, liegt falsch. Auch in der Sportwelt ist die bequeme Hose dauerhaft vertreten − und das mit großem Erfolg.
Was für ein sonderbarer Tag des Gedenkens, dieser Tag der Jogginghose. Waren wir nicht froh, dass wir diesen Trend hinter uns gelassen hatten − als modische Verirrung aus einer an Verirrungen nicht gerade armen Zeit geächtet, verdammt aus dem Blickfeld, aus der Erinnerung, abgeschoben ins Unbewusste?
Was also reitet ein paar junge Leute aus Graz, den weltweiten Tag des Schlabberlooks auszurufen − wohlwissend, das die Ästheten die Nase rümpfen werden?
Gut möglich, dass es ja nur eine Provokation und die Empörung der Geschmacksbürger wohlkalkuliert ist. Auch nicht ausgeschlossen, dass Nostalgie dahintersteckt, denn die Jogginghose, die sich wegen ihrer Bequemlichkeit hervorragend zweckentfremden ließ, war nicht nur das bevorzugte Kleidungsstück mancher der Nachmittagsprogrammschauer, auch mancher Star des Hip Hop ließ sich mit ihnen auf der Bühne sehen, was zumindest von einer gewissen popkulturellen Relevanz zeugt. Die Hosen waren so weit geschnitten, dass man weiß Gott was vermuten musste.
Wir könnten das Getue um die Hose also überhöhen und Aufsätze über die soziokulturelle Bedeutung des Kleidungsstücks schreiben, mit wuchtigen Titel wie "Die Jogginghose im Zeitalter der Fernsehkritik".
Wir können es aber auch lassen − und zuletzt an den erfolgreichsten Jogginghosenträger der Fußball-Bundesliga erinnern. Mit dem bejogginghosten Torwart Gabor Kiraly, der vom grauen Modell gleich einen ganzen Schrank voll zu haben schien, war die Hertha aus Berlin um den Jahrtausendwechsel nicht nur durchweg erstklassig, sie spielte so erfolgreich wie nie. Ob es einen Zusammenhang gibt? Wer weiß das schon. Jeder Kult hat eben seine Geheimnisse.