Tag des Sports in Japan

Ein ganz besonderer Feiertag

06:13 Minuten
Olympische Spiele in Tokio 1964
Mit dem Tag des Sports erinnert Japan an die Olympische Spiele in Tokio im Jahr 1964. © Imago
Von Anja Röbekamp |
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An jedem zweiten Oktober feiert Japan den Tag des Sports. Er wurde anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Tokio 1964 eingeführt. Für das Land waren die Spiele der Anfang einer neuen, modernen Zeit.
Die Olympischen Spiele 1964 in Tokio waren ein großer Erfolg. International wurde Japan seitdem als fortschrittliche, wirtschaftlich erfolgreiche Nation wahrgenommen.
Im Land selbst wuchs das Interesse an modernen Sportarten. Japan feiert diese Olympischen Spiele noch heute mit einem „Nationalen Feiertag“.

Erfolgreiche Olympische Spiele 1964 in Tokio

Japans Wirtschaft florierte und Tokio präsentierte sich mit modernen Hotels, dem neuen Flughafen und dem damals schnellsten Zug der Welt: dem ersten Shinkansen.   
Bei den Spielen selbst überzeugte Japan auch in sportlicher Hinsicht: Nur die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika gewannen mehr Goldmedaillen als die Gastgeber.
Die erfolgreichen Olympischen Spiele sollten in Japan nicht in Vergessenheit geraten: Um an sie zu erinnern, wurde ein nationaler Feiertag eingeführt. Seit 1966 beschert der „Taiiku no hi“, der „Tag der Leibeserziehung und der Gesundheit“, den Japanerinnen und Japanern einen freien Tag.

Zunächst war der Feiertag am 10. Oktober

Zunächst wurde er jeweils am 10. Oktober gefeiert, dem Eröffnungstag der Spiele 1964. Seit dem Jahr 2000 findet er immer am zweiten Montag im Oktober statt und ist inzwischen eine feste Größe in der Freizeitplanung.
„In Japan werden die Feiertage genutzt, um sich zu entspannen. Weil Urlaub wird so gut wie keiner genommen, leider immer noch nicht. Und dann wird der Undokai Tag, genauso wie der Tag des Waldes oder der Tag des Meeres, dann für ein verlängertes Wochenende genutzt“, berichtet Klaus Orth.

Sportfeste auf japanische Art

Er lebt seit über 30 Jahren in Japan, in der Kleinstadt Toon auf Shikoku. Bis vor kurzer Zeit hat er dort als Englischlehrer an verschiedenen Schulen gearbeitet,  jetzt ist er Rentner.
Die „Undokais“, wie die Sportfeste genannt werden, die um den Feiertag des Sports herum meist im September in Kindergärten und Schulen stattfinden, haben einen gänzlich anderen Charakter als die Sportfeste, die wir in Deutschland kennen.

Geschicklichkeits- oder Kampfspiele

Es sind „mehr oder weniger Geschicklichkeits- oder Kampfspiele. Tauziehen ist zum Beispiel eine Sache. Die Mädchen machen meistens dann Seilspringen, also nicht einzelne Mädchen, sondern Gruppen von 30 oder 40 Mädchen. Und dann wird gezählt, wie oft sie es geschafft haben“, beobachtet Klaus Orth.
Es geht – anders als bei uns – nicht um individuelle Leistungen. Der Gruppengedanke ist wichtig in Japan. Und er wird auf vielerlei Weise gefördert, auch im Sport. Schon bevor es den nationalen Feiertag des Sports gab, wurden überall in Japan Sportfeste für Kinder und Jugendliche veranstaltet.
Schulsport in Japan

Drill und Förderung

27.08.2023
06:23 Minuten
Kinder beim Sportunterricht in Tokio
Kinder beim Sportunterricht in Tokio
„Taikku“, häufig übersetzt mit Sport, bedeutet eigentlich eher „Leibeserziehung“  und weckt zwiespältige Assoziationen.
Klaus Orth erklärt: „Wenn es dann losgeht, dann rennen die Gruppen geschlossen auf den Sportplatz,  stellen sich in Reihen auf. Es ist auch ein bisschen so ein militärischer Drill bei, der bei mir einen etwas üblen Nachgeschmack erzeugt.“

Spaß trotz Disziplin

Im Internet gibt es viele Videos von den Sportfesten. Dabei sind Kinder und Jugendliche zu sehen, die offenbar aber trotz der geforderten Disziplin viel Spaß an den Spielen haben.
Ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder einem Team wird über die Kleidung sichtbar. Zum Teil sind es Fantasieuniformen, manchmal nur T-Shirts oder Kopfbedeckungen in unterschiedlichen Farben.
Die „Little Olympics“, kleine Olympische Spiele, werden diese Sportfeste in Japan manchmal genannt. Und sie werden sehr ernst genommen. In der Kawauchi Junior High School in Toon traten die Schülerinnen und Schüler in drei Gruppen an.

Von der ersten bis zur dritten Jahrgangsstufe Junior Highschool, die dann einen Fahneneid auch ablegen, die sich also vor den Schuldirektor stellen, der auf einem erhöhten Podium steht. Da werden dann die Ärmchen hochgehoben, und es wird gelobt, dass man eben alles geben wird, um einen Sieg und einen Erfolg zu erreichen später. Während der Sommerferien fangen die an für die Sache zu üben, das marschieren lernen sie schon vorher, während des Sportunterrichts. Aber die wirklichen Übungen dann, was jetzt eben später durchgezogen wird, das wird in den Sommerferien mit vereinten Kräften geübt, jeden Tag.

Klaus Orth

Sport an der Hauptschule Kawauchi in Toon, Japan
Sport in Japan ist geprägt von Drill und Disziplin - auch in den Schulen.© Klaus Orth

Ein wandelbarer Feiertag

Normalerweise finden die Sportfeste in den Kindergärten und Schulen im September statt. Manche Schulen verlegen ihre Sportfeste aber in den Frühling, wenn die Temperaturen freundlicher sind.
Auch die Olympischen Spiele 1964 waren streng genommen keine Sommer-, sondern Herbstspiele. Sie fanden vom 10. bis zum 24. Oktober statt, um der schwülen Hitze des japanischen Sommers zu entgehen.
Japan erhoffte sich von den Olympischen Sommerspielen 2020 eine ähnlich positive Wirkung für das Land wie von den Spielen 1964. Diese markierten damals den Wiedereintritt des Landes in die Weltgemeinschaft.

Rund 70.000 Feste am Tag des Sports

Für das Jahr 2020 wünschten sich die Verantwortlichen „Heilende Spiele“, die helfen sollten, die Folgen der Nuklearkatastrophe in Fukushima vom März 2011 zu überwinden.
Es ging um Erneuerung, und auch der Nationale Sport-Feiertag bekam einen neuen Namen: Sportsu no hi, der „Tag des Sports“ heißt er seitdem, und bezieht sich im Japanischen somit auf eine modernere Idee von Bewegung als der frühere Name „Taiiku no hi“.
In diesem Jahr fällt der „Tag des Sports“ auf den 9. Oktober. Da können die Erwachsenen eines von rund 70.000 Sportfesten des Landes besuchen, wenn sie möchten – die Kinder haben dann schulfrei.

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