Tagung "Deutsch in sozialen Medien"

Sprache verarmt nicht, sondern wird vielfältiger

06:39 Minuten
Gestellte Aufnahme zum Thema Mobbing in sozialen Netzwerken. Neben dem "Gefällt mir Button" von facebook sind die Worte "Du Opfer" zu sehen.
"Deutsch in Sozialen Medien - interaktiv, multimodal, vielfältig" ist das Motto der Jahrestagung des Instituts für deutsche Sprache. © imago/photothek
Henning Lobin im Gespräch mit Gabi Wuttke |
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Gefühlt ist die Sprache auf den Hund gekommen, vor allen Dingen in den sozialen Medien. Henning Lobin vom Institut für Deutsche Sprache widerspricht: Durch das Digitale verarme die Sprache nicht, sondern gewinne neue Bedeutungsebenen.
"Deutsch in Sozialen Medien - interaktiv, multimodal, vielfältig" - das ist das Motto der Jahrestagung des Instituts für deutsche Sprache. Das klingt nicht so, als ob die deutsche Sprache durch soziale Medien den Bach runtergeht.
Und so gibt Instituts-Direktor Henning Lobin Entwarnung. In sozialen Medien gehe es nicht um "die Sprache", sondern um "einen bestimmten Sprachgebrauch, der nicht in Konkurrenz steht mit anderen, sondern einen eigenen Bereich darstellt", so Lobin.

Es wird multimodal kommuniziert

Dieser weise einige Besonderheiten auf. Aber es könne keine Rede davon sein, dass "die Sprache dadurch verlottert oder immer schlechter wird", meint Linguistik-Professor Lobin. So werde im Internet oft multimodal kommuniziert, Textsprache mit Bildlichkeit versehen.
"Das ist vor allen Dingen deshalb interessant, weil dadurch eine ganz neue Bedeutungsebene mit hinein kommt", erläutert Lobin. Vergleichbare Ansätze habe es etwa in mittelalterlicher Buchmalerei gegeben, ein heutiges Beispiel wären Info-Grafiken bei Online-Medien, die mit Text erläutert werden.

Keine Verarmung, sondern Vielfalt

Sprache verarme also nicht, sondern werde im Gegenteil durch das Digitale vielfältiger, sagt Lobin. "Wir haben es nicht mit der einen Art der Internet-Kommunikation zu tun." Bei einer formellen E-mail werde sehr genau überlegt, was geschrieben wird.
Auf der anderen Seite gebe es, etwa bei Kurznachrichtendiensten oder auf Facebook, sehr spezielle Formen des Austausches. "Und diese Formen sind zusätzlich entstanden, zu dem, was in sprachlicher Hinsicht bereits existiert", erklärt Lobin.

Die Geschwindigkeit ist hoch

Neu sei hingegen das Tempo der Kommunikation. "Man schreibt nicht, um etwas nachhaltig zu sichern, sondern man schreibt es für den Moment. Und schon ist es weg und man kriegt eine Antwort. Das prägt das Schreiben sehr, sehr stark", sagt der Professor der Uni Mannheim.
Auch Rechtsschreibfehler müssen nicht immer schlimm sein. Sie können auch kreativ eingesetzt werden. "Das ist etwas, was in der Literatur große Tradition hat: James Joyce, Arno Schmidt. Arno Schmidt hat das die Kunst der Verschreibung genannt" sagt Henning Lobin.
(beb)
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