Taliban

Was die Machtübernahme für die arabisch-islamische Welt bedeutet

08:30 Minuten
Ein Talban steht an einem großen Maschinengewehr und blickt ernst in die Kamera.
Ein afghanischer Taliban in Kampfposition: Mit der Übernahme der Macht in Afghanistan sind die Konflikte in der Region nicht zu Ende. © Imago/SNA/Stringer
Stefan Weidner im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Für die arabisch-islamische Welt ist die Machtübernahme der Taliban ein "zweischneidiges Schwert", sagt der Islamwissenschaftler Stefan Weidner. Vordergründig gebe es Jubel. Doch handfeste Interessenskonflikte schwelten bereits.
Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan wird sich auch auf die islamische Welt in der Region auswirken - zumal religiös, ethnisch und ideologisch zum Teil erhebliche Unterschiede bestehen.
Die jüngste Entwicklung in Afghanistan "ist für alle Nachbarstaaten und die islamische Welt insgesamt ein äußerst zweischneidiges Schwert", schätzt der Islamwissenschaftler Stefan Weidner die Lage ein.

Diese Strategie verfolgen die Taliban: In Afghanistan haben die Taliban die Macht übernommen, Präsident Ghani hat das Land verlassen. Ihre schnellen militärischen Erfolge sind auch auf Fehler des Westens zurückzuführen. Wie organisieren sich die Taliban und was kommt nun auf die afghanische Bevölkerung zu?

Taliban-Kämpfer in der afghanischen Stadt Kandahar am 13. August 2021 
© picture alliance / dpa / Xinhua News Agency | Stringer
Zwar mag antiamerikanischer und antikolonialistischer Jubel fürs Erste noch überwiegen. Doch staatliche Akteure dürften wohl eher von einer Gefahrenlage ausgehen.
Der westliche Nachbar Iran etwa ist seit je her zerstritten mit den Taliban. Zwar teilen beide das Feindbild USA, doch der Iran ist schiitisch geprägt, während die Taliban mehrheitlich Sunniten sind.

Katar profitiert von der Lage

Zu den Profiteuren der neuen Situation dürfte nach Weidners Ansicht der Golfstaat Katar zählen. Dieser spiele ein "hervorragendes Doppelspiel. Die Kataris sind eine amerikanische Militärbasis, aber gleichzeitig beherbergen sie das Verbindungsbüro der Taliban."
Dass der Konflikt um Afghanistan sich anders als erwartet zu keinem zähen Bürgerkrieg entwickelt hat, dürfte wohl entscheidend auf von Katar lancierte Verhandlungen zurückzuführen sein, sagt Weidner.

Wie stehen die Nachbarländer zu den Taliban? Die Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban setzt nicht nur die Anrainerstaaten unter Druck. Chinesen und Taliban mögen ein verbindendes Interesse an den großen Rohstoffvorkommen Afghanistans haben, doch Peking fürchtet das Eindringen von Terrorismus ebenso wie Russland. Ein Überblick von Marcus Pindur.

Chinas Außenminister Wang Yi und Taliban Co-Gründer und jetziger Taliban-Außenminister Mullah Abdul Ghani Baradar bei einem Treffen am 28. Juli 2021 in China
© dpa / XinHua / Li Ran
Katars vorteilhafte Position könnte allerdings zu weiteren Verwerfungen in der Golfregion führen: Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, die beiden Konkurrenten Katars, dürften die Entwicklung genau beobachten.

Die größte Gefahr droht in Pakistan

Den größten Konfliktherd in der Region identifiziert Weidner an der Südgrenze Afghanistans zu Pakistan. Zwar habe Pakistan die Taliban gefördert. Doch eine nicht anerkannte Grenzführung zwischen beiden Ländern könnte hier zu Konflikten führen – zumal rings um die Grenze paschtunische Stämme siedeln, aus denen die Taliban viele ihrer Mitglieder rekrutieren.
"Es besteht die Gefahr, dass die Taliban auf diese Gebiete übergreifen", sagt Weidner. Schon zuvor habe es Anschläge pakistanischer Taliban auf pakistanischem Gebiet gegeben. "Ich glaube, da kommen große Konflikte auf uns zu. Das ist umso gefährlicher, als Pakistan eine Atommacht ist."
(thg)
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