Neue Arte-Serie mit Friedrich Liechtenstein
Für Friedrich Liechtenstein sind Tankstellen die romantischsten Orte der Gegenwart. Am Pfingstmontag startet eine zehnteilige Reihe für den Fernsehsender Arte, in der der Entertainer und Performer mit einem goldenen Oldtimer quer durch Europa reist und "Tankstellen des Glücks" besucht.
Filmausschnitt: "Was gibt es Schöneres, als gepflegt den Tag zu beginnen? Den Tank wieder aufzufüllen. Und dann rein ins Einkaufsparadies..."
In Jackett und Sonnenbrille betritt Friedrich Liechtenstein eine Autobahnraststätte: Mit einem Hüftschwung tanzt er durch die Schiebetür. Die Finger mit den Gold lackierten Nägeln elegant gespreizt. Tankstellen sind für den Entertainer und Performer eine Bühne, auf der er Darsteller und Zuschauer zugleich ist - anschaulich gemacht in der neuen Arte-Reihe "Tankstellen des Glücks".
Filmausschnitt: "Bonjour. - Bonjour. - Nummer drei. - Die drei, okay."
Friedrich Liechtenstein: "Tatsächlich geht es mir immer um den Topos Tankstelle. Diese Bühne die da in der Nacht leuchtet, und die man von allen Seiten betrachtet. Jugendliche treffen sich und von der freien Welt träumen und Aufbruch, und dass sie das Dorf verlassen können.
Oder wie einsame Spesenritter da reingehen mit der großen Melancholie. Oder Brummifahrer, die die ganze Zeit vor so einem leuchtenden Cockpit saßen, und dann sich in eine Tankstelle setzen und sitzen dann wieder an so einem leuchtenden Daddel-Automaten und versuchen ihr Glück.
Diese ganzen Aspekte von Miniatur-Theater, Bühne des Lebens, finde ich tatsächlich am beeindruckendsten."
Tankstellen haben im Leben von Friedrich Liechtenstein schon immer eine Rolle gespielt: Erst als Kind auf der Rückbank im Auto der Eltern als der Sommerurlaub an der Ostsee mit dem Benzingeruch der Tankstelle begann. Dann später als One-Man-Show auf Tour im wiedervereinten Deutschland als er auf der nächtlichen Autobahn die Einsamkeit trainierte. Für Friedrich Liechtenstein sind Tankstellen die romantischsten Orte unserer Gegenwart.
Liebesabenteuer an der Tankstelle
"Ich glaube schon, dass wir hier irgendwann dazu übergegangen sind, die Tankstellen links liegen zu lassen, zu verachten, als Schmuddelorte, als Nicht-Ort. Aber wenn man dann Leute kennt, die eine Lieblingstankstelle haben, und vielleicht sogar dort anschreiben lassen können, oder sich in die Tankstellenwärterin verliebt haben.
Gerade in der Provinz da ist es am klarsten, da muss man gar nicht lange reden, die kriegen sofort große leuchtende Augen und sagen: Mein erstes Liebesabenteuer war an der Tankstelle. Mein erstes Bier. Mein erstes Moped. Alles das, was mit der großen weiten Welt zu tun hat, hat an der Tankstelle angefangen."
Doch um diese Freiheitsorte der Moderne ist es schlecht bestellt. Denn womöglich heißt es schon bald Steckdose statt Zapfsäule. Die Idee einer Tankstellen-Dokumentation hat Friedrich Liechtenstein lange beschäftigt. Doch nie schien die Zeit für eine Auseinandersetzung mit diesem Ort reifer.
"Spätestens dann sind die Leute so ein bisschen weicher und zugewandter. Im Leben werden irgendwelche Häuser verachtet, aber wenn sie abgerissen werden: Ach, es war doch ganz schön, dieses schrullige Haus, schade, dass es weg ist.
Dieses Verschwinden spielt eine Rolle. Die Moderne spielt auch eine Rolle. Und dass jeder da mitreden kann. Egal wie teuer sein Auto ist oder wie schrottig sein Moped, alle fahren zur Tankstelle, haben dort ihre Erlebnisse. Und sie können das viel gepriesene, das große Thema Freiheit am besten und einfachsten verstehen, wenn sie den Tank voll haben, und dann ohne Grenzen zum Beispiel durch Europa cruisen können."
Ein exzentrisch-melancholischer Road-Trip
Genau das hat Friedrich Liechtenstein für "Tankstellen des Glücks" gemacht: Mit einem goldenen Oldtimer ist der Sechzigjährige durch Europa gereist. Das Ziel: Tankstellen. Die Kopenhagener Designer-Tankstelle des Star-Architekten Arne Jakobsen. Wiener Hinterhof-Tankstellen mit ihren angeschlossenen Miniatur-Parkhäusern. Die letzte verbliebene Tankstelle des ehemaligen Alpen-Monte-Carlos Bad Gastein. Ein exzentrisch-melancholischer Road-Trip. Und eine Hommage an den Kulturort Tankstelle.
Tankstellen Song: "Ich könnt noch tausend Liter tanken. Wär noch immer nicht am Ziel. Nur bist in meinen Gedanken. Und das ist viel. Orpheus hat sich umgedreht. Den Fehler mache ich nicht. Hörst du diese Hupe hupen? (Hupe) Dreh dich um, denn das bin ich."
"Wir haben uns bemüht, sehr entspannt an den Start zu gehen. Und sehr affirmativ und sehr verklärend. Weil das kommt mir so vor, als wäre das eine bessere Technik, also diese Umarmung.
Als wir auftauchten mit unseren Kameras, dachten oft die Tankstellenbesitzer: Oh, jetzt geht es wieder los, jetzt kommen da wieder welche und erzählen uns, wie schlecht das ist, was wir da machen. Und die haben gar nicht verstanden, dass wir das eigentlich umarmen wollten und sagen: Wir lieben Tankstelle. Und wir lieben die Erlebnisse dort."
Ein Tankstellenlied mit Richard Dorfmeister
Diese Erlebnisse teilt Friedrich Liechtenstein mit verschiedenen Persönlichkeiten: Mit dem Fiat-Erben beschwört er die Grandezza italienischer Küsten-Tankstellen. Mit einer Milliardärin wagt er einen gemeinsamen Tanz um ihre Limousine. Mit dem österreichischen DJ und Produzenten Richard Dorfmeister nimmt er ein Lied auf.
"Tankstellen des Glücks" ist nicht nur eine Reise durch Europa, sondern auch eine Reise in das Universum des Friedrich Liechtenstein:
"Meine Hauptdisziplin ist das Performen. Als Entertainer denke ich schon, dass man leer sein muss. Wie so ein Blatt Papier vor die Leute tritt, und die Leute können was in einen hineindenken. Das mache ich aber gerne. Ich bin gerne für die Leute da. Aber gleichzeitig habe ich schon auch einen harten Kern. Ich bin schon sehr so ein Langstreckenläufer: Bleibe meinem Oeuvre treu. Dann kann ich mich auch selbst im Spiegel angucken, weil ich weiß, ich bin schon auf der richtigen Spur."
Filmausschnitt: "Moment, ich weiß, Sie werden mich gleich zerhacken. Ich will nur für zehn Euro tanken. - Zehn Euro? - Es liegt nicht an Sparsamkeit. Ich möchte noch an vielen Tankstellen heute tanken. - Ja, ja."