Tanssilvanien goes global (2/6)

Saanenziegen in Katzendorf

Drei Männer und Rinder auf der grünen Wiese, den Ebenen Rumäniens.
Auf den weiten Ebenen Transsilvaniens leben viele Menschen von der Viehzucht - auch in Katzendorf. © Carmen-Francesca Banciu
Von Carmen-Francesca Banciu |
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu mit rumänischen Wurzeln verbrachte im Herbst 2014 einige Woche in einem kleinen siebenbürgischen Dorf. Für den Originalton berichtet sie von den Einwohnern und den Spuren der Vergangenheit.
In Weiß gekleidet und mit einer Saanenziege an der Leine geht Charlotte durchs Dorf. Die weiße Ziege läuft ihr hinterher, wie ein Hund. Auch zu den Dorffesten kommt Charlotte mit der Ziege im Schlepptau.
Obwohl sie weiß ist, hat die Saanenziege nichts mit der Sahne zu tun.
Eine Saanenziege ist eine Ziegenart aus der Schweiz.
Heute nimmt mich Charlotte mit zu sich nach Hause. Ich will ihr kleines Reich kennen lernen. Und wir stolzieren durchs Dorf.
Charlotte ist in Thüringen geboren. Und noch zu DDR Zeiten in die BRD übergesiedelt. Sie hat Design in Berlin studiert, dann eine Weile in der Schweiz gelebt. Mit ihrem kanadischen Mann ist sie nach Belgien gezogen. Und jetzt ist sie aus Belgien nach Rumänien, nach Katzendorf in Siebenbürgen gekommen. Mit einem jungen, belgischen, zugelaufenem Kater, der auf den rumänischen Namen Viorel hört. Mit fünf belgischen Zwerghühnern. Mit neun internationalen Milchziegen. Und einem Ziegenbock.
Alle Ziegen haben Namen wie Melo, Melitta und so weiter - auch rumänische Ortsnamen, wie Oradea und Tulcea.
Tulcea ist die intelligenteste unter den Ziegen. Auch wenn Ziegen bekanntlich ohnehin besonders intelligente Tiere sind.
Tulcea ist ein Star, sie hat in einem Theaterstück hier im Dorf mitgespielt. Ob sie auch gute Milch für Käse gibt, weiß ich noch nicht.
Charlotte hat ein Haus gekauft in dem Teil von Katzendorf, der früher von Rumänen bewohnt war und der inzwischen von Ungarn bewohnt ist. Die Rumänen sind in den sächsischen Teil umgezogen. Die Sachsen sind nach Deutschland gezogen.
Jetzt gibt es hier nur noch die Sommersachsen. Und eine einzige Siebenbürgische Sächsin mit ihrem behinderten Sohn.
Charlotte hat ein gutes Haus gekauft. Und etwas Land. Für wenig Geld. Das Haus braucht aber noch viel Arbeit. Damit sie dort überwintern kann.
Damit sie dort ihren Traum verwirklichen kann.
Charlotte will in Katzendorf eine Ziegenkäserei aufbauen.
Im Keller wird die Käseküche sein.
Sie erzählt mit solcher Begeisterung. Mit solcher Überzeugungskraft. Dass selbst ich die Käserei und die Küche und den Keller voller Käselaibe vor meinen Augen sehe.
Charlotte hat eine Vision von all dem, was hier entstehen soll. Eine Pergola und eine mit Wein überdachte Veranda. Ein großer Birnbaum soll im Garten wachsen und Schatten spenden. Einen Gemüsegarten, einen Blumengarten und eine weite Wiese wird sie anlegen.
Charlotte hat eine Vision.
Und weil sie allein ist, bekommt sie viel Hilfe. Auch von Freunden aus Thüringen, die auf Kurzurlaub vorbei kommen. Und beim Reparieren von Fenstern und Türen helfen.
Charlotte hat Rumänisch gelernt. Mit Tulcea spricht sie aber Deutsch. Und Tulcea versteht alles.
Charlotte hat Kurse gemacht und weiß alles über Ziegen, über Milch und Käserei.
Zu Charlottes Haus kommt man über die Hängebrücke.
Mit einer Ziege im Schlepptau ist das Überqueren einer solchen Brücke ein Wagnis.
Aber auch der Traum von einer Ziegenkäserei in einem kleinen siebenbürgischen Dorf in den rumänischen Bergen ist ein Wagnis.
Nur wer wagt, der gewinnt.
Charlotte hat alle alten Brücken hinter sich gelassen. Und baut neue auf.
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu ist in Rumänien aufgewachsen und lebt inzwischen seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Im vergangenen Herbst ist Carmen Francesca Banciu wieder für einige Wochen nach Rumänien zurückgekehrt, in den kleinen siebenbürgischen Ort Katzendorf.
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu© Marijuana Gheorghiu
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