Tanz als Brücke
Der Südafrikaner Sello Pesa ist einer der wichtigsten Choreographen seines Landes. Mit seiner Arbeit will er Brücken bauen - zwischen traditionellem Ritualtanz, Hiphop und zeitgenössischem Tanz. Zurzeit arbeitet er mit Kreuzberger Jugendlichen in Berlin.
Sonntagnachmittag in einer zum Tanzstudio umgebauten Kreuzberger Fabriketage: Sechs junge Männer stehen im Kreis und proben kichernd Körperkontakt. Eine sanfte Stimme begleitet sie: "Push". Push" .. drücken , drücken .. nachgeben, drücken: Unbeholfen klopfen sich die Teenager auf die Schulter, probieren unterschiedliche "Handshakes".
Der Mann mit der sanften Stimme stellt sich zur Gruppe. Unter der gewaltigen Ballonmütze quellen dread-locks hervor. Sein breites Kreuz erinnert eher an einen Ringer als an einen Tänzer. Er stützt einen Kopf mit seiner Hand, hält einen Arm, und allmählich werden die Begrüßungsrituale der Jugmänner zu einer Bewegung, die sich wie eine Welle fortpflanzt.
"Was ich versuche zu entdecken,"
Erklärt Sello Pesa, der Mann mit der Ballonmütze
"was mich interessiert, sind Übergänge, wo aus alltäglichen Bewegungsabläufen Rituale werden, wann eine Alltagsbewegung wie eine Meditation wirkt und wann nicht."
"Cross curents" heißt das Programm, das Berliner Jugendliche zum Tanzen bringen soll. Die Tänzer kommen aus aller Herren Länder: Nelson aus Angola macht eine Ausbildung zum Hotelkaufmann, Ahmed aus Afghanistan lernt Tischler.
Auf einer Bühne standen sie noch nie, genauso wie die Jugendlichen, mit denen Pesa im Januar in Soweto improvisierte, nicht nur im Studio, sondern auf der Straße . Pesa ließ seine Tänzer im Stadtzentrum minutenlang in einer Umarmung verharren und forderte zufällige Passanten zum mittanzen auf.
Am Ende gab es eine große Party im Vorgarten von Pesas Mutter mit Grillwürstchen für alle und Hiphop aus Lautsprecherboxen. Der 38-jährige Sello Pesa entdeckte den Tanz in den Achtzigerjahren. In Soweto führte das Apartheidsregime Krieg gegen die eigene Bevölkerung
"Seitdem weiß ich, wie ein Gewehrschuss klingt. Und wir wussten, wenn sie einen verhafteten wurde es ernst. Jede Gruppe von mehr als drei Personen war illegal, wir warfen mit Steinen auf die Polizeiautos und die schossen zurück mit Gummigeschossen, aber auch scharf."
Aber unter dem Dach der Kirchen formierte sich eine Gegenkultur: Pesas Klassenkameraden machten in Gemeindesälen Musik, spielten Theater oder studierten zu den Hits von Michael Jackson und George Michael Disco-Tanz für die Kirchenbühne ein.
"Was mich faszinierte, dass alle das gleiche machten, und ich trotzdem die Tänzer noch als Individuen wahrnehmen konnte."
Durch Zufall erfuhr er von privaten Ballettschulen in Johannesburg, die auch Schwarze in ihren Klassen unterrichteten und Sello Pesa meldete sich an:
"Das war schon ein komisches Gefühl: Ich im Ballettsaal, barfuss, in kurzen Hosen mit einem Haufen weißer Mädchen. aber es war klasse: Ich konnte tanzen und springen und außerdem noch Mädchen angucken."
Dafür nahm Pesa gerne die stundenlange Busfahrt nach Johannesburg in Kauf und den Zorn seiner Eltern
"Die fanden das furchtbar. Eine Tanzschule war für sie als strenge Katholiken ein Ort des Teufels, aber ich hatte mich im Herzen schon längst entschieden."
Dafür entschieden, einmal Tänzer zu werden.
"Beim Tanzen konnte ich selbst sehen, wie ich Fortschritte machte, wie ich mich entwickelte, Das war genau das richtige für mein Selbstwertgefühl, endlich konnte ich auf etwas stolz sein."
Sello Pesas Fortschritte sahen auch andere. Der renommierte Choreograph Jacky Semela entdeckte ihn und holte ihn zum Training in sein bekanntes Soweto Dance Theatre. Zwei Jahre lang konnte er danach als Stipendiat im englischen Leeds studieren. Nach dem Ende der Apartheid gründete er gemeinsam mit anderen Kollegen, die wie er in Europa oder den USA Erfahrungen gesammelt hatten, ein Netzwerk für zeitgenössischen Tanz.
Auch wenn die Apartheid in Südafrika der Vergangenheit angehört: Tanz funktioniert für Pesa immer noch als Brücke zwischen Gegensätzen. Das letzte Mal hat er das vor fünf Jahren auf der Hochzeit mit seiner zweiten Frau erlebt, die aus einer gutbürgerlichen weißen Familie stammt: Bei der Feier auf dem Land mit vielen Freunden und lauter Musik brach das Eis.
Mittlerweile ist Pesa mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern von Soweto nach Johannesburg gezogen, aber er träumt davon, wieder zurückzuziehen, in ein eigenes Haus mit Probenräumen und einem Aufführungssaal für Schwarze und Weiße.
Tanz als Brückenschlag zwischen Blechhütten-Wohnzimmer und weißen Bürgersalons. und natürlich zwischen Soweto und Berlin. Morgen abend steht Pesa mit Nelson aus Angola , Ahmet aus Afghanistan zum ersten Mal auf der Bühne im Berliner Haus der Kulturen der Welt: "Sharp sharp – Party- Performance" steht auf dem Programm. Was genau passieren wird, weiß Sello Pesa noch nicht, nur dass am Ende ganz so wie vor ein paar Monaten in Soweto alle tanzen werden Publikum und Tänzer, da ist er sich sicher.
Der Mann mit der sanften Stimme stellt sich zur Gruppe. Unter der gewaltigen Ballonmütze quellen dread-locks hervor. Sein breites Kreuz erinnert eher an einen Ringer als an einen Tänzer. Er stützt einen Kopf mit seiner Hand, hält einen Arm, und allmählich werden die Begrüßungsrituale der Jugmänner zu einer Bewegung, die sich wie eine Welle fortpflanzt.
"Was ich versuche zu entdecken,"
Erklärt Sello Pesa, der Mann mit der Ballonmütze
"was mich interessiert, sind Übergänge, wo aus alltäglichen Bewegungsabläufen Rituale werden, wann eine Alltagsbewegung wie eine Meditation wirkt und wann nicht."
"Cross curents" heißt das Programm, das Berliner Jugendliche zum Tanzen bringen soll. Die Tänzer kommen aus aller Herren Länder: Nelson aus Angola macht eine Ausbildung zum Hotelkaufmann, Ahmed aus Afghanistan lernt Tischler.
Auf einer Bühne standen sie noch nie, genauso wie die Jugendlichen, mit denen Pesa im Januar in Soweto improvisierte, nicht nur im Studio, sondern auf der Straße . Pesa ließ seine Tänzer im Stadtzentrum minutenlang in einer Umarmung verharren und forderte zufällige Passanten zum mittanzen auf.
Am Ende gab es eine große Party im Vorgarten von Pesas Mutter mit Grillwürstchen für alle und Hiphop aus Lautsprecherboxen. Der 38-jährige Sello Pesa entdeckte den Tanz in den Achtzigerjahren. In Soweto führte das Apartheidsregime Krieg gegen die eigene Bevölkerung
"Seitdem weiß ich, wie ein Gewehrschuss klingt. Und wir wussten, wenn sie einen verhafteten wurde es ernst. Jede Gruppe von mehr als drei Personen war illegal, wir warfen mit Steinen auf die Polizeiautos und die schossen zurück mit Gummigeschossen, aber auch scharf."
Aber unter dem Dach der Kirchen formierte sich eine Gegenkultur: Pesas Klassenkameraden machten in Gemeindesälen Musik, spielten Theater oder studierten zu den Hits von Michael Jackson und George Michael Disco-Tanz für die Kirchenbühne ein.
"Was mich faszinierte, dass alle das gleiche machten, und ich trotzdem die Tänzer noch als Individuen wahrnehmen konnte."
Durch Zufall erfuhr er von privaten Ballettschulen in Johannesburg, die auch Schwarze in ihren Klassen unterrichteten und Sello Pesa meldete sich an:
"Das war schon ein komisches Gefühl: Ich im Ballettsaal, barfuss, in kurzen Hosen mit einem Haufen weißer Mädchen. aber es war klasse: Ich konnte tanzen und springen und außerdem noch Mädchen angucken."
Dafür nahm Pesa gerne die stundenlange Busfahrt nach Johannesburg in Kauf und den Zorn seiner Eltern
"Die fanden das furchtbar. Eine Tanzschule war für sie als strenge Katholiken ein Ort des Teufels, aber ich hatte mich im Herzen schon längst entschieden."
Dafür entschieden, einmal Tänzer zu werden.
"Beim Tanzen konnte ich selbst sehen, wie ich Fortschritte machte, wie ich mich entwickelte, Das war genau das richtige für mein Selbstwertgefühl, endlich konnte ich auf etwas stolz sein."
Sello Pesas Fortschritte sahen auch andere. Der renommierte Choreograph Jacky Semela entdeckte ihn und holte ihn zum Training in sein bekanntes Soweto Dance Theatre. Zwei Jahre lang konnte er danach als Stipendiat im englischen Leeds studieren. Nach dem Ende der Apartheid gründete er gemeinsam mit anderen Kollegen, die wie er in Europa oder den USA Erfahrungen gesammelt hatten, ein Netzwerk für zeitgenössischen Tanz.
Auch wenn die Apartheid in Südafrika der Vergangenheit angehört: Tanz funktioniert für Pesa immer noch als Brücke zwischen Gegensätzen. Das letzte Mal hat er das vor fünf Jahren auf der Hochzeit mit seiner zweiten Frau erlebt, die aus einer gutbürgerlichen weißen Familie stammt: Bei der Feier auf dem Land mit vielen Freunden und lauter Musik brach das Eis.
Mittlerweile ist Pesa mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern von Soweto nach Johannesburg gezogen, aber er träumt davon, wieder zurückzuziehen, in ein eigenes Haus mit Probenräumen und einem Aufführungssaal für Schwarze und Weiße.
Tanz als Brückenschlag zwischen Blechhütten-Wohnzimmer und weißen Bürgersalons. und natürlich zwischen Soweto und Berlin. Morgen abend steht Pesa mit Nelson aus Angola , Ahmet aus Afghanistan zum ersten Mal auf der Bühne im Berliner Haus der Kulturen der Welt: "Sharp sharp – Party- Performance" steht auf dem Programm. Was genau passieren wird, weiß Sello Pesa noch nicht, nur dass am Ende ganz so wie vor ein paar Monaten in Soweto alle tanzen werden Publikum und Tänzer, da ist er sich sicher.