Ein wütendes Performance-Solo als Höhepunkt
Die Zwischenbilanz vom Tanz im August fällt durchwachsen aus. Die erste Uraufführung beim Berliner Festival "Those Specks of Dust" kam über die Grundidee nicht hinaus. Umso mitreißender präsentierte die Performerin Silvia Calderoni ihr Solo "MDLSX".
Das internationale Festival Tanz im August in Berlin hat die erste Woche hinter sich – und die erste Uraufführung stand auf dem Programm.
Kat Valastur hat für fünf der sechs Dance-On-Tänzer ein 30-minütiges Stück choreografiert, in dem sich die Tänzer – allesamt über 40 – selbst erforschen: Leicht selbstironisch bestaunen sie ihre Arme und Hände, ein "Wow"' entfährt ihnen beim Anblick von Muskeln und Bewegungen. Doch mehr als diese Grundidee will sich in "Those Specks of Dust" nicht entfalten – ein mehr als dünnes Ergebnis für diese Auftragsarbeit.
Ganz anders in dem von dem Komponisten und Musiker Mattheo Fargion verantworteten "7 Dialogs", in dem jeder der sechs Tänzer mit jeweils einem Choreografen ein Soli erarbeitet hat. Zusammengehalten werden die Einzelauftritte von Fargion selbst, der am Piano die Vorstellung begleitet und ganz dezent musikalisch kommentiert. Ein kleines, feines Einstandsstück für die Dance-On-Kompanie, dessen Tänzerinnen und Tänzer durch ihre Charakterstärke und Präsenz überzeugen.
Solo "MDLSX" als bisheriges Highlight
Als bisheriger Höhepunkt kann das Solo "MDLSX" der Performerin Silvia Calderoni gelten, das sie mit der italienischen Theatercompanie Motus erarbeitet hat – und in dem sie ihre eigene Transgender-Geschichte erzählt: als Junge geboren, aber aufgewachsen als Mädchen muss Silvia Calderoni als Jugendliche unzählige Untersuchungen über sich ergehen lassen, fühlt sich fremd im eigenen Körper, verlässt die Familie und kehrt irgendwann als junger Mann zurück.
In "MDLSX" erzählt sie, spielt ihre Lieblingssongs ein, filmt sich selbst mit der Kamera – und zwar überall, auch an sehr intimen Stellen des Körpers und macht sich – im direkten wie im übertragenen Sinne des Wortes – nackt vor dem Publikum, ohne dabei je peinlich zu sein. Ihre Wut, Wahrhaftigkeit und große performative Kraft lassen den 80 Minuten langen Abend zu einem bewegenden Ereignis werden.