Adolphe Binder hofft auf Rückkehr als Intendantin
Im Mai 2017 trat Adolphe Binder als Intendantin des Tanztheaters Wuppertal an. Im Juli dieses Jahres wurde ihr nach heftigen Vorwürfen wie Mobbing und Fehlen eines Spielplans fristlos gekündigt. Doch abgeschlossen ist der Fall für Binder noch nicht.
Sie sollte das Erbe Pina Bauschs, die in 70er-Jahren das Tanztheater Wuppertal begründet und weltweit bekannt gemacht hatte, pflegen und weiter entwickeln: Adolphe Binder, die zuletzt das Tanztheater an der Oper Göteborg nach vorn gebracht hatte. Im Mai 2017 übernahm sie die Intendanz. Die erste Saison mit zwei Uraufführungen stieß auf positive Kritik, doch dann hagelte es Vorwürfe wie Mobbing und das Fehlen eines Spielplans.
Im Juli dieses Jahres beschloss der Beirat des Tanztheaters, Adolphe Binder zu entlassen – und zwar sofort. Anfang September gab es einen Gütetermin beim Arbeitsgericht. Weil die Geschäftsleitung des Tanztheaters Wuppertal zuvor gegenüber den Medien deutlich machte, dass eine Rückkehr der geschassten Intendantin ausgeschlossen sei, lehnte Aldophe Binder das Mediationsverfahren ab.
Adolphe Binder: engagiert "mit Haut und Haaren"
Sie habe zunächst auf eine gütliche Lösung des Konflikts gehofft, der mittlerweile am Arbeitsgericht anhängig ist, erklärte Adolphe Binder nun im Deutschlandfunk Kultur. "Nachdem aber die Vertreter der Stadtspitze meine Rückkehr als Intendantin explizit ausgeschlossen hatten, habe ich diese Hoffnung verloren."
Ihrer Meinung nach brauche das Tanztheater aber dringend und rasch eine Lösung, also ein gerichtliches Urteil. "Ich bin schon vorrangig an der Zukunft des Tanztheaters interessiert, für das ich mich ja, wie man auch weiß, mit Haut und Haaren seit 2016 engagiert habe", erklärte die geschasste Intendantin.
Die Weiterentwicklung des Tanztheaters Wuppertal könne sicherlich nur im Austausch mit Künstlern und Choreografen geschehen, so Binder. Sie erläuterte, dass "dieser Austausch fantastisch war", sie "Glück gehabt" habe, "in dieser Zeit mit tief integren und hoch engagierten Ensemble-Mitgliedern und Gästen zusammenarbeiten zu dürfen".
Keine neue Position ohne neue Strukturen
"Von meinem Arbeitsvertrag her bin ich die alleinverantwortliche künstlerische Intendantin. Nun ist diese Alleinverantwortung aber dadurch zu unterstützen – und von allen Beteiligten muss dies auch gewollt werden –, dass man diese Position einer Intendantin nicht nur schafft, sondern sich auch bewusst macht, dass diese neue Position auch Veränderungen mit sich bringt", erläuterte Binder die Hintergründe des Zerwürfnisses.
Da stehe dann eine künstlerische Entscheidungsfreiheit eben nicht mehr im leeren Raum, sondern sei gekoppelt an Fragen der Kommunikation, des Personals, an betriebswirtschaftliche Fragen und letztlich auch an Fragen der strategischen Ausrichtung. "Ich hätte mir sehr gewünscht, dass sich die Geschäftsführung und die Gesellschafterin darüber Gedanken machen, bevor sie diese Position geschaffen haben", erklärte Binder.
"Ab Mai jedes Gespräch mit mir verweigert"
Auf die Frage, an welchem Punkt die Unterstützung verloren gegangen sei, erklärte sie, dass zwar nach innen und nach außen kommuniziert worden sei, dass es ein Konzept der gemeinsamen Theaterleitung geben sollte. "Dieses Konzept ist allerdings weder strukturell noch inhaltlich umgesetzt worden. Personalrechtlich ist das ja eine Sache, aber auf der Ebene der künstlerischen Leitung muss natürlich Gleichberechtigung bestehen, damit eine Kooperation überhaupt stattfinden kann."
Der Verlust der Unterstützung sei ein schleichender Prozess gewesen, "aber ab Mai hat die Geschäftsführung jedes Gespräch mit mir ausgesetzt beziehungsweise verweigert". Im März wurde die Theaterleitung um eine weitere Position ergänzt – nach Binder um einen Teilzeitprokuristen ohne Erfahrungen im Theaterbereich. Dies habe letztlich "nicht dazu beigetraten, die Kooperation mit mir in der Lösungsorientierung zu steigern", sagte sie.
Adolphe Binder würde weitermachen
Am Ende der Spielzeit wurde Adolphe Binder gekündigt. Dabei habe sie "Neues gewagt" und "unter Beweis gestellt, dass wir in der Lage sind, sowas zu wuppen". Umso erstaunter sei sie gewesen, als diese Spielplangestaltung ins Zentrum der Kritik gerückt wurde und "das ja auch erst, nachdem ich dem ersten Trennungsangebot nicht entsprochen habe".
Sie freue sich zudem über die aktuellen Produktionen der neuen Spielzeit – für Binder ein Zeichen, "dass man mir ja durchaus das Vertrauen zuspricht, indem man sagt, wir setzen den Plan, den es gibt, um". Adolphe Binder kann sich vorstellen, in Wuppertal weiterzumachen. Für sie handele es sich um den "interessantesten Job, den es in der Tanzwelt gibt – natürlich als Intendantin".
Erbe von Pina Bausch angemessen fortführen
Hier müsse aber eben geklärt werden, wie dieses Mandat nach innen und nach außen verankert werde und wie die Strukturen dem Arbeitsauftrag entsprechend verändert werden könnten. Deswegen sei sie froh darüber, dass der Beirat eine solche Neukonzeption ohnehin schon in Auftrag gegeben habe. "Darüber freue ich mich sehr und bin ausgesprochen zuversichtlich, dass man hier Lösungen finden wird, um das große Erbe von Pina Bausch angemessen fortführen zu können."
(can)