"Tarifauseinandersetzungen werden immer heißer und umstrittener"
Die bisher geltenden Spielregeln in den Tarifauseinandersetzungen stehen nach Ansicht des Wirtschaftshistorikers Werner Abelshauser vor der Auflösung. Grundsätze wie die Tarifautonomie und der Flächentarifvertrag würden angezweifelt, immer mehr Einzelverbände versuchten, ihre partikularen Interessen durchzusetzen, warnte Abelshauser.
Katrin Heise: Erst dieser Tage wird uns Deutschen so richtig klar, bisher lebten wir in einem Wenig-Streik-Land, vor einem international Vergleich ist das natürlich auffällig. Wenn man alle Arbeitnehmer betrachtet, gingen in die früheren Jahren gerade mal 20.000 bis 50.000 Arbeitstage jährlich durch Streik verloren. In den letzten zwei Jahren habe diese streikbedingten Ausfalltage allerdings ziemlich stark zugenommen, 2006 auf fast 430.000 verlorene Arbeitstage, und 2007 sollen es laut Gewerkschaftsmeldung sogar 580.000 gewesen sein. Ich begrüße jetzt den Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser von der Universität Bielfeld. Schönen guten Morgen!
Werner Abelshauser: Guten Morgen, Frau Heise!
Heise: Warum wird in Deutschland in letzter Zeit so viel häufiger die Arbeit niedergelegt?
Abelshauser: Ja nun, erstens muss man schon sagen, dass das möglicherweise noch kein Trend ist. Aber Sie haben recht, die Tarifauseinandersetzungen werden immer heißer und umstrittener. Und das hat sicher zu tun mit dem Kulturkampf, den wir seit etwa einem Jahrzehnt hier in Deutschland vor uns haben.
Heise: Was für einen Kulturkampf sehen Sie da?
Abelshauser: Es geht darum, dass es eine Auseinandersetzung gibt, welche Spielregeln gelten sollten. Und da hat sich in Deutschland, wenn wir mal bei den Tarifen bleiben, eine Regel herausgebildet, die geprägt wird von Tarifautonomie, vom Flächentarifvertrag, der für alle gilt in einer Branche und, was die Akteure angeht, dass wir eine Einheitsgewerkschaft haben, die als Verhandlungspartner gegenüber den Arbeitgebern auftritt. Alle diese Institutionen, alle diese Regeln sind in letzter Zeit angezweifelt worden und sind umstritten. Und das führt dazu, dass Regelunsicherheit herrscht und dass es häufiger zu Auseinandersetzungen kommt.
Heise: Das heißt, die Kultur, die galt, war die des Konsens, und die Kultur, die gilt, ist die des Konflikts?
Abelshauser: So würde ich es noch nicht sagen. Aber das sind die Frontlinien in diesem Kulturkampf, ja.
Heise: Warum war das früher möglich, oder wenn wir von früher sprechen, bisher möglich, sagen wir mal? Warum brauchten die weniger Streik?
Abelshauser: Ich denke, es sollte auch so bleiben, denn diese Regeln, die wir in Deutschland haben, die sind ja orientiert an den Bedürfnissen, die die Wirtschaft hat. Und die Bedürfnisse der Wirtschaft in Deutschland liegen vor allem darin, dass eine langfristige, unternehmerische Perspektive möglich sein muss, dass die Produktion planbar sein muss, verlässlich sein muss, auf Dauer gestellt sein muss. Denn wir in Deutschland verdienen unser Geld ja im Wesentlichen mit dem, was man nachindustrielle Maßschneiderei nennen könnte, also immaterielle Produktion, die über das hinausgeht, was man so Massenproduktion, standardisierte Massenproduktion nennt, nämlich hochqualifizierte Arbeit, die zu intelligenten Maschinen führt, zu ganzen Anlagen, zu anwendungsorientierten Produkten. Und genau da verdienen die Deutschen ihr Geld. Und um eine solche nachindustrielle Maßschneiderei erfolgreich zu praktizieren, braucht man genau diese Spielregeln, und die kommen gleichwohl jetzt unter Druck.
Heise: Genau, sie kommen unter Druck. Sind beide Parteien, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, noch gewillt, sich an diese Spielregeln zu halten? Sie sprachen eben gerade da von Langfristigkeit, das ist eigentlich immer so die Sicht der Dinge gewesen. Man hat doch aber bei vielen Arbeitgebern eher den Eindruck, dass sie oft auf die kurzfristigen Bewegungen der Börse schielen?
Abelshauser: Ja, das ist natürlich der Punkt. Immer mehr Unternehmen, jedenfalls die größeren, glauben, sie müssten diesem kurzfristigen Takt der Börse folgen, weil sie sich über den Kapitalmarkt finanzieren. Früher war es so, dass die Unternehmen Hausbanken hatten, die ihnen langfristig Kredite garantiert haben. Der Kapitalmarkt hat in Deutschland und spielt nach wie vor in Deutschland keine so große Rolle. Der Kapitalmarkt hat aber andere Regeln. Die Aktionäre, vor allem die großen Pensionsgesellschaften, die sogenannten institutionellen Anleger, die sind nicht interessiert an dem, was die Unternehmen im Einzelnen produzieren und wie sie arbeiten, sondern sie sind an dem interessiert, was an Rendite sehr kurzfristig herauszuholen ist. Das sind sie ihren Kunden schuldig, und das fordern sie auch ein. Und wenn man sich den Spielregeln des Kapitalmarkts unterwirft, kommt man zu dieser kurzfristigen Taktung. Die ist allerdings Gift für die Produktionsweise, die in Deutschland herrscht.
Heise: Gedanken zum Streikland Deutschland im "Radiofeuilleton" vom Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser. Eine Frage, gerade, wo Sie sagen, Kulturkampf wegen dem Schauen auf die Börse. Die Bahn, die ja jetzt ein Jahr lang ungefähr gekämpft hat, ist ja nun gerade als Monopolist nicht diesen Kräften der Globalisierung ausgesetzt und auch nicht an der Börse bisher?
Abelshauser: Ja, das ist richtig. Aber hier geht es um etwas anderes, nämlich hier geht es um die Auflösung dieser Regeln, die sich in der Einheitsgewerkschaft niederschlagen. Es gibt immer mehr Berufsgewerkschaften, Berufsvereinigungen, die nun versuchen, ihre partikularen Interessen durchzusetzen. Das ist bisher in Deutschland verhindert worden. Wir kennen ja ganz schlimme Beispiele dafür in anderen Ländern. Und dieser Lokführerstreik ist deswegen so wichtig, weil zum ersten Mal nach den Ärzten und den Fluglotsen, bei denen man sagen konnte, das sind nun absolute Spezialisten ...
Heise: Piloten ...
Abelshauser: ... ganz normale Facharbeiter, dieses Recht für sich beanspruchen. Und wenn das die Lokführer können, dann können es schon in der Bahn ein Dutzend anderer Berufsgruppen auch. Und dann kommen wir natürlich in eine Situation, die nicht mehr zu kontrollieren ist.
Heise: Aber gleichzeitig, wenn man sagt, da kommen wir in eine Situation, die nicht mehr zu kontrollieren ist, das heißt, warum sollen die sich auch solidarisieren, die Piloten mit den Stewardessen, die Lokführern mit den Schaffnern, die Ärzte mit den Krankenschwestern? Andererseits ist das ihr verbrieftes Recht. Man kann doch nicht sagen, igittigitt?
Abelshauser: Ja, aber natürlich ist es ihr Recht, deswegen nehmen sie es ja auch wahr. Nur die Frage ist, ob sie langfristig außerhalb des Tarifverbunds wirklich besser vorankommen. Bei den absoluten Spezialisten könnte das so sein. Bei den Lokführern ist es eher ein protektionistischer Reflex, denn Lokführer kann jeder werden. Lokführer ist nichts Hochqualifiziertes. Lokführer ist wahrscheinlich ein Beruf, der demnächst ausstirbt, weil die Züge automatisch fahren.
Heise: Und da sind wir beim nächsten Thema, nämlich bei der Angst vor Arbeitsplatzverlust.
Abelshauser: Ja.
Heise: Viele Leute nehmen ja doch eher die Arbeitsplatzsicherheit in Kauf und verzichteten bisher eben auf die Lohnzuwachs ja nun schon eine ganze Weile. Ist das zu Ende?
Abelshauser: Ich denke Ja. Ich meine, wir haben jetzt seit 2003 einen Aufschwung international. In Deutschland ist er immerhin jetzt auch schon seit zwei, drei Jahren angekommen. Und ich denke, hier muss es aufhören, dass keine Reallohnzuwächse da sind. Das ist schädlich für die Gesamtwirtschaft, weil einer der Motoren der Konjunktur neben dem Export, nämlich der Konsum, der Binnenkonsum, lahmt und die Wirtschaft schädigt.
Heise: Was vermuten Sie in Zukunft, welche von Ihnen beschriebene Kultur, Wirtschaftskultur, wird sich durchsetzen?
Abelshauser: Ich denke, diejenige, mit der Deutschland seit Jahrzehnten sehr gut gefahren ist, weil sie nämlich absichert, dass die deutsche Wirtschaft mit zwei Drittel ihrer Arbeitskräfte, mit zwei Drittel ihrer Kapazität auf Märkten wettbewerbsfähig ist, auf Weltmärkten wettbewerbsfähig ist, in denen sie sehr viel Geld verdient. Das sind die, die ich vorhin genannt habe, Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Fahrzeugbau. Dort sind die Deutschen sehr, sehr wettbewerbsfähig. Dazu brauchen sie aber diese Spielregeln.
Heise: Was wird aus den Gewerkschaften?
Abelshauser: Ich denke, die Gewerkschaften werden ihre Position beibehalten. Allerdings haben wir zum Beispiel in den neuen Bundesländern das Problem, dass sowohl im Arbeitgeberlager als auch im Gewerkschaftslager der Organisationsgrad sehr viel schwächer geworden ist. Und die Gewerkschaften sind ja vor allem da schwach, wo es unqualifizierte Arbeitskräfte im Wesentlichen gibt, also in diesen standardisierten Dienstleistungen, in den wenig qualifizierten Dienstleistungen. Denken Sie an die Post, denken Sie an Bewachungsgewerbe usw. Dort gibt es wenig gewerkschaftliche Organisation, und dort muss dann auch der Staat eingreifen, indem er Mindestlöhne festsetzt, weil sonst die Arbeitnehmer praktisch unter die Räder kommen.
Heise: Werner Abelshauser, Wirtschaftshistoriker der Universität Bielfeld. Vielen Dank, Herr Abelshauser, für dieses Gespräch!
Abelshauser: Bitte schön!
Werner Abelshauser: Guten Morgen, Frau Heise!
Heise: Warum wird in Deutschland in letzter Zeit so viel häufiger die Arbeit niedergelegt?
Abelshauser: Ja nun, erstens muss man schon sagen, dass das möglicherweise noch kein Trend ist. Aber Sie haben recht, die Tarifauseinandersetzungen werden immer heißer und umstrittener. Und das hat sicher zu tun mit dem Kulturkampf, den wir seit etwa einem Jahrzehnt hier in Deutschland vor uns haben.
Heise: Was für einen Kulturkampf sehen Sie da?
Abelshauser: Es geht darum, dass es eine Auseinandersetzung gibt, welche Spielregeln gelten sollten. Und da hat sich in Deutschland, wenn wir mal bei den Tarifen bleiben, eine Regel herausgebildet, die geprägt wird von Tarifautonomie, vom Flächentarifvertrag, der für alle gilt in einer Branche und, was die Akteure angeht, dass wir eine Einheitsgewerkschaft haben, die als Verhandlungspartner gegenüber den Arbeitgebern auftritt. Alle diese Institutionen, alle diese Regeln sind in letzter Zeit angezweifelt worden und sind umstritten. Und das führt dazu, dass Regelunsicherheit herrscht und dass es häufiger zu Auseinandersetzungen kommt.
Heise: Das heißt, die Kultur, die galt, war die des Konsens, und die Kultur, die gilt, ist die des Konflikts?
Abelshauser: So würde ich es noch nicht sagen. Aber das sind die Frontlinien in diesem Kulturkampf, ja.
Heise: Warum war das früher möglich, oder wenn wir von früher sprechen, bisher möglich, sagen wir mal? Warum brauchten die weniger Streik?
Abelshauser: Ich denke, es sollte auch so bleiben, denn diese Regeln, die wir in Deutschland haben, die sind ja orientiert an den Bedürfnissen, die die Wirtschaft hat. Und die Bedürfnisse der Wirtschaft in Deutschland liegen vor allem darin, dass eine langfristige, unternehmerische Perspektive möglich sein muss, dass die Produktion planbar sein muss, verlässlich sein muss, auf Dauer gestellt sein muss. Denn wir in Deutschland verdienen unser Geld ja im Wesentlichen mit dem, was man nachindustrielle Maßschneiderei nennen könnte, also immaterielle Produktion, die über das hinausgeht, was man so Massenproduktion, standardisierte Massenproduktion nennt, nämlich hochqualifizierte Arbeit, die zu intelligenten Maschinen führt, zu ganzen Anlagen, zu anwendungsorientierten Produkten. Und genau da verdienen die Deutschen ihr Geld. Und um eine solche nachindustrielle Maßschneiderei erfolgreich zu praktizieren, braucht man genau diese Spielregeln, und die kommen gleichwohl jetzt unter Druck.
Heise: Genau, sie kommen unter Druck. Sind beide Parteien, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, noch gewillt, sich an diese Spielregeln zu halten? Sie sprachen eben gerade da von Langfristigkeit, das ist eigentlich immer so die Sicht der Dinge gewesen. Man hat doch aber bei vielen Arbeitgebern eher den Eindruck, dass sie oft auf die kurzfristigen Bewegungen der Börse schielen?
Abelshauser: Ja, das ist natürlich der Punkt. Immer mehr Unternehmen, jedenfalls die größeren, glauben, sie müssten diesem kurzfristigen Takt der Börse folgen, weil sie sich über den Kapitalmarkt finanzieren. Früher war es so, dass die Unternehmen Hausbanken hatten, die ihnen langfristig Kredite garantiert haben. Der Kapitalmarkt hat in Deutschland und spielt nach wie vor in Deutschland keine so große Rolle. Der Kapitalmarkt hat aber andere Regeln. Die Aktionäre, vor allem die großen Pensionsgesellschaften, die sogenannten institutionellen Anleger, die sind nicht interessiert an dem, was die Unternehmen im Einzelnen produzieren und wie sie arbeiten, sondern sie sind an dem interessiert, was an Rendite sehr kurzfristig herauszuholen ist. Das sind sie ihren Kunden schuldig, und das fordern sie auch ein. Und wenn man sich den Spielregeln des Kapitalmarkts unterwirft, kommt man zu dieser kurzfristigen Taktung. Die ist allerdings Gift für die Produktionsweise, die in Deutschland herrscht.
Heise: Gedanken zum Streikland Deutschland im "Radiofeuilleton" vom Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser. Eine Frage, gerade, wo Sie sagen, Kulturkampf wegen dem Schauen auf die Börse. Die Bahn, die ja jetzt ein Jahr lang ungefähr gekämpft hat, ist ja nun gerade als Monopolist nicht diesen Kräften der Globalisierung ausgesetzt und auch nicht an der Börse bisher?
Abelshauser: Ja, das ist richtig. Aber hier geht es um etwas anderes, nämlich hier geht es um die Auflösung dieser Regeln, die sich in der Einheitsgewerkschaft niederschlagen. Es gibt immer mehr Berufsgewerkschaften, Berufsvereinigungen, die nun versuchen, ihre partikularen Interessen durchzusetzen. Das ist bisher in Deutschland verhindert worden. Wir kennen ja ganz schlimme Beispiele dafür in anderen Ländern. Und dieser Lokführerstreik ist deswegen so wichtig, weil zum ersten Mal nach den Ärzten und den Fluglotsen, bei denen man sagen konnte, das sind nun absolute Spezialisten ...
Heise: Piloten ...
Abelshauser: ... ganz normale Facharbeiter, dieses Recht für sich beanspruchen. Und wenn das die Lokführer können, dann können es schon in der Bahn ein Dutzend anderer Berufsgruppen auch. Und dann kommen wir natürlich in eine Situation, die nicht mehr zu kontrollieren ist.
Heise: Aber gleichzeitig, wenn man sagt, da kommen wir in eine Situation, die nicht mehr zu kontrollieren ist, das heißt, warum sollen die sich auch solidarisieren, die Piloten mit den Stewardessen, die Lokführern mit den Schaffnern, die Ärzte mit den Krankenschwestern? Andererseits ist das ihr verbrieftes Recht. Man kann doch nicht sagen, igittigitt?
Abelshauser: Ja, aber natürlich ist es ihr Recht, deswegen nehmen sie es ja auch wahr. Nur die Frage ist, ob sie langfristig außerhalb des Tarifverbunds wirklich besser vorankommen. Bei den absoluten Spezialisten könnte das so sein. Bei den Lokführern ist es eher ein protektionistischer Reflex, denn Lokführer kann jeder werden. Lokführer ist nichts Hochqualifiziertes. Lokführer ist wahrscheinlich ein Beruf, der demnächst ausstirbt, weil die Züge automatisch fahren.
Heise: Und da sind wir beim nächsten Thema, nämlich bei der Angst vor Arbeitsplatzverlust.
Abelshauser: Ja.
Heise: Viele Leute nehmen ja doch eher die Arbeitsplatzsicherheit in Kauf und verzichteten bisher eben auf die Lohnzuwachs ja nun schon eine ganze Weile. Ist das zu Ende?
Abelshauser: Ich denke Ja. Ich meine, wir haben jetzt seit 2003 einen Aufschwung international. In Deutschland ist er immerhin jetzt auch schon seit zwei, drei Jahren angekommen. Und ich denke, hier muss es aufhören, dass keine Reallohnzuwächse da sind. Das ist schädlich für die Gesamtwirtschaft, weil einer der Motoren der Konjunktur neben dem Export, nämlich der Konsum, der Binnenkonsum, lahmt und die Wirtschaft schädigt.
Heise: Was vermuten Sie in Zukunft, welche von Ihnen beschriebene Kultur, Wirtschaftskultur, wird sich durchsetzen?
Abelshauser: Ich denke, diejenige, mit der Deutschland seit Jahrzehnten sehr gut gefahren ist, weil sie nämlich absichert, dass die deutsche Wirtschaft mit zwei Drittel ihrer Arbeitskräfte, mit zwei Drittel ihrer Kapazität auf Märkten wettbewerbsfähig ist, auf Weltmärkten wettbewerbsfähig ist, in denen sie sehr viel Geld verdient. Das sind die, die ich vorhin genannt habe, Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Fahrzeugbau. Dort sind die Deutschen sehr, sehr wettbewerbsfähig. Dazu brauchen sie aber diese Spielregeln.
Heise: Was wird aus den Gewerkschaften?
Abelshauser: Ich denke, die Gewerkschaften werden ihre Position beibehalten. Allerdings haben wir zum Beispiel in den neuen Bundesländern das Problem, dass sowohl im Arbeitgeberlager als auch im Gewerkschaftslager der Organisationsgrad sehr viel schwächer geworden ist. Und die Gewerkschaften sind ja vor allem da schwach, wo es unqualifizierte Arbeitskräfte im Wesentlichen gibt, also in diesen standardisierten Dienstleistungen, in den wenig qualifizierten Dienstleistungen. Denken Sie an die Post, denken Sie an Bewachungsgewerbe usw. Dort gibt es wenig gewerkschaftliche Organisation, und dort muss dann auch der Staat eingreifen, indem er Mindestlöhne festsetzt, weil sonst die Arbeitnehmer praktisch unter die Räder kommen.
Heise: Werner Abelshauser, Wirtschaftshistoriker der Universität Bielfeld. Vielen Dank, Herr Abelshauser, für dieses Gespräch!
Abelshauser: Bitte schön!