Tatort Biotonne

Plastik? Nein Danke!

Plastikmüll wird in eine grüne Tonne geworfen.
Eine Regel, die nur wenige befolgen: Neue Vorgaben des Umweltministeriums sollen künftig dafür sorgen, dass die Mülltrennung noch strenger eingehalten wird. © Imago / imagebroker
Von Ludger Fittkau |
Jedes Kind weiß: Plastik gehört nicht in den Biomüll. Die Realität sieht anders aus. Sowohl in Privathaushalten als auch im Einzelhandel gelingt die Mülltrennung nicht immer. Was ist dran an abbaubaren Müllbeuteln und Verpackungsalternativen?
"Sie können ja mal mitgehen, ich kann es ihnen ja mal zeigen. Das ist ja hier Kompost – das ist Plastik."
In der Tat: Auf dem Kompost liegen mehrere Plastiktüten. Doch nicht alle Plastiktüten sind hier falsch, sagt der Hauswart, der seinen Namen nicht nennen will, und greift einen Beutel heraus: "Der ist kompostierbar, dieser Beutel." – "Der kann da rein, aber der hier nicht?" – "Nein, der gehört hier normal nicht rein." – "Und das passiert häufiger?" – "Ja, das ist immer!"

Angeblich biologisch abbaubare Müllbeutel

Verwirrend zusätzlich, dass einige Plastiktüten biologisch abbaubar sein sollen und deswegen ganz bewusst auch in die Komposttonne geworfen werden. Auch Petra Meyer-Ziegenfuß, sie ist im hessischen Umweltministerium zuständig für Produktverantwortung und Abfallwirtschaftsplanung, hält ebenfalls wenig von abbaubaren Plastiktüten im Biomüll – auch wenn es erlaubt ist:
"Biologisch abbaubare Kunststofftüten, gerade auch für Bioabfälle werden sie angeboten in dem einen oder anderen Laden. Die können insofern verwirren, als sie eigentlich nicht zu unterscheiden sind zwischen den biologisch abbaubaren und den nicht biologisch abbaubaren, das sieht man denen nicht an."
Der Effekt: Wenn schon mal Plastik in der Biotonne ist, werfen viele noch welchen dazu, weil es ja eh schon egal zu sein scheint. Doch auch bei den angeblich biologisch abbaubaren Plastiktüten sind die Effekte beim Kompost fatal, so Petra Meyer-Ziegenfuß: "Wenn der Bürger anfängt mit entsprechenden Tüten seine Bioabfälle in die Biotonne zu geben, kann auch die Kompostierungsanlage hinten nicht direkt erkennen, ist es ein solcher oder ein solcher Kunststoff."

Papier – oder einfach direkt entleeren

Also besser gar keine Plastiktüten in die Biotonne werfen – auch wenn sie angeblich biologisch abbaubar sind. Was aber letztendlich oft auch gar nicht stimme, so die Expertin des hessischen Umweltministeriums: "Insofern gelangen sie dann im Output auf Felder und werden dort weiter zersetzt und es entsteht dieses Mikroplastik, was in aller Munde ist."
Papier statt Plastik für den Transport des Biomülls – das wäre die althergebrachte Alternative, so Petra Meyer-Ziegenfuß: "Um in der Biotonne nicht zu viel Probleme zu bekommen und auch auf dem Weg zur Biotonne ist es ganz vernünftig, die Materialien zum Beispiel in Zeitungspapier einzuschlagen. Allerdings der allerbeste Weg wäre der, ein geeignetes Behältnis in der Küche zu haben, dort die für die Biotonne vorgesehen Abfälle reinzugeben und diesen dann zu entleeren in der Biotonne."
Bioabfälle in einem Komposthaufen.
Haushaltsabfälle sollten entweder in Zeitung eingeschlagen oder direkt in die Biotonne entleert werden.© Imago / Chromorange
Dann sei es allerdings wichtig, dass die Biotonne nicht zu lange auf dem Hof herumsteht, erzählt mir der Hauswart des Gewerbehofs in Darmstadt. Im Sommer würden die Biotonnen wöchentlich geleert. Das ändere sich jetzt wieder, obwohl jetzt Herbstlaub und Grünschnitt anfallen:
"Nächsten Monat nur noch alle vierzehn Tage, wo man sie eigentlich bräuchte. Aber die Stadt Darmstadt möchte das so haben. Wir gehen jetzt auf den Herbst zu, jetzt ist es schon relativ voll, muss man sagen. Und jetzt kommt natürlich das Laub und jetzt wird es problematisch: Alle vierzehn Tage wird nur noch geleert. Diese Biotonnen. Im Sommer wird häufiger geleert, weil es heißer ist. Natürlich, wenn gegrillt wird oder so, Fleischreste. Wenn man es in Papier einwickelt, passiert nicht so viel. Aber wenn man es so reinschmeißt, Madenbildung, ganz klar. Die Sonne hier drauf. Deshalb vielleicht alle acht Tage. Aber jetzt, wo man sie bräuchte: Nur noch alle vierzehn Tage."

Verpackungsalternativen

Ortswechsel. Ein Supermarkt rund 100 Kilometer weiter östlich, bei Fulda. "Tegut" ist eine hessische Supermarktkette, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, möglichst viele regionale Produkte sowie Feldfrüchte aus dem Biolandbau anzubieten. "Dieser Betrieb wirtschaftet nachhaltig" – so steht es auf einem Schild an der Eingangstür. Dennoch sind auf der Obsttheke direkt hinter dem Eingang ein Teil der Weintrauben und Äpfel in Einweg-Plastikfolie eingepackt. Michael Krause ist der Sprecher der Supermarktkette, lenkt aber das Augenmerk auf Verpackungsalternativen, die hier angeboten werden:
"Jetzt haben Sie es eben angesprochen – wir sind im Obst- und Gemüsebereich. Da gibt es sogenannte Mehrwegbeutel. Das sind Beutel, die sind relativ strapazierfähig. Die haben ein kleines Eigengewicht. Und dieses Eigengewicht wird an der Kasse direkt erkannt, wird abgezogen. Und diese Beutel sind wunderbar geeignet, um Weintrauben, um Äpfel, um Orangen, Birnen, Bananen – also all das, was wir unter loser Ware verstehen, gut und sicher zu transportieren.

Filtermechanismen in Biogasanlagen

Und was mit dem Obst passiert, das in Einwegplastik verpackt ist und nicht verkauft wird? "Wir haben entsprechende Dienstleister, die die Abfälle für uns abholen. Die werden abgeholt in der Verpackung und gehen in Biogasanlagen. Also Tegut entsorgt komplett in Biogasanlagen, es wird nicht unbedingt kompostiert. Und bei den Anlagen, bei den Dienstleistern, da sind wir eigentlich sicher und überzeugen uns auch davon, dass dort das Plastik über entsprechende Filtermechanismen, wenn die Ware vorbehandelt wird zur Biogaserzeugung, nicht dort mit in die Biogasanlage geht. Das heißt, das Plastik bleibt draußen, die organischen Abfälle werden zu Biogas und das, was letztendlich übrigbleibt, man spricht dort auch vom sogenannten Gär-Rest, also ein Substrat, was auch ausgebracht werden kann zum Düngen, das ist dann entsprechend plastikfrei, weil wir eben mit diesen entsprechenden Filtermechanismen arbeiten."
Frische Lebensmittel, Obst und Gemüse einzeln in Plastikfolie verpackt.
Frische Lebensmittel, Obst und Gemüse einzeln in Plastikfolie verpackt.© Imago / Jochen Tack
Auch wenn die Trennung von Plastik und Biomüll im Falle Tegut einwandfrei funktionieren sollte: Die deutschen Umweltminister sind grundsätzlich noch nicht zufrieden mit den Filtermechanismen, mit denen die Plastikverpackungen vom Bioabfall getrennt werden. Petra Meyer-Ziegenfuß, die Fachfrau des hessischen Umweltministeriums:
"Beschluss der Umweltministerkonferenz aus dem Juni 2018. Als sie zuletzt getagt hat: Da geht es um die Vermeidung von Verunreinigung der Umwelt bei der Entsorgung verpackter Lebensmittel. Da wurde beschlossen, dass nur vollständig entpackte Lebensmittel entsprechend den Anlagen zugeführt werden dürfen. Das heißt, zum Beispiel ist die Problematik die: Werden verpackte Lebensmittel in Schredderanlagen gegeben, dann ergeben sich kleine Kunststoffteile, die dann gegebenenfalls nicht von allen Sieben zurückgehalten werden können. Und dann letztendlich wieder auf dem Feld landen, was auf keinen Fall der Fall sein sollte."
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