Lieber Durchschnittsware als Experimente?
Die ARD will sich von Experimenten in der "Tatort"-Welt weitgehend verabschieden. Unser Kritiker Matthias Dell findet das unverständlich - und bricht eine Lanze für gute Drehbücher.
Der sonntägliche "Tatort" ist wie ein Ehepartner, mit dem man seit Jahrzehnten zusammenlebt. Da möchten viele Zuschauer möglichst keine Überraschungen erleben. Ein Mörder, ein Kommissar, am End siegt das Gute. Fertig und Abspann.
Beschauliche Sicht auf die "Tatort"-Welt
Diese beschauliche Sicht auf die "Tatort"-Welt könnte der Grund für die überraschende Ankündigung der ARD sein, künftig nur noch zwei experimentelle "Tatort"-Folgen im Jahr zu senden. Dementsprechend hat sich gerade der ARD-Koordinator Fernsehfilme, Jörg Schönenborn, in einem Interview geäußert.
Unser "Tatort"-Kritiker Matthias Dell vermutet dahinter fehlende Courage: "Es geht viel darum, dass man Angst vor der Bild-Zeitung hat", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
So hatte das Springer-Blatt beispielsweise den Mundart-"Tatort" "Babbeldasch" im großen Stil verrissen und als schlechteste Folge überhaupt betitelt. Was eine Leistung für sich wäre - bei über tausend Filmen. "Babbeldasch" war laut Dell tatsächlich nicht gelungen - das könne allerdings ja mal passieren.
Den Zeipunkt der Schönenborn-Ankündigung findet Dell im Übrigen "vollkommen absurd". Denn gerade die neue "Tatort"-Saison, die kürzlich begann, habe bisher viele, besondere Filme hervorgebracht, unter anderem "Stau" von Dietrich Brüggemann und den RAF-"Tatort" von Dominik Graf.
Abwechslung ist gut!
Dabei seien die experimentellen nicht zwangsläufig die besseren "Tatort"-Folgen, so Dell. Abwechslung sei gut. Sein Vorschlag: "Wichtig wäre, die Geschichten zu stärken, die Drehbuchautoren zu stärken, dann kommen gute Filme bei raus." (ahe)