Der Weiße Hai im Kreidesee
An der Oberfläche sieht er aus wie viele Seen. Seine Geheimnisse liegen in der Tiefe. An Wochenenden steigen einige hundert Taucher in den Kreidesee in Hemmoor.
"Mit einem Atemzug - Einatmen aus dem Gerät - kann man leicht steigen, - Ausatmen - ganz leicht sinken. Man ist völlig schwerelos. Die Welt des Schweigens nannte Cousteau seinen Film damals. Aber man hört doch einiges. Wenn die Fische dann so an Korallen herumknabbern, das hört man dann schon, und das ist schon aufregend."
"So, dann schauen wir mal. Ich habe ein ganz schlechtes Auge für Größen"
"Eins sechsundachtzig."
"Dünn und lang ist total blöd, weil die passen dann immer schlecht. Probieren wir mal den hier."
Georgios zieht den Reißverschluss hoch. Der Neopren-Anzug sitzt wie eine Wurstpelle.
2000 Liter Luft für 80 Minuten
"Wenn du übers Tauchen erzählen willst, solltest du es ausprobieren", meint Christian Lüdke von der Tauchzentrale in Berlin-Kreuzberg. Er hilft mir beim Anschnallen der Druckluftflasche. Ein Schlauch führt zum Mundstück.
"Das hier ist ein zweistufiger Atemregler. In der ersten Stufe wird der hohe Druck gemindert auf einen mittleren Druck, und in der zweiten Stufe wird der Druck dann gemindert auf genau den Umgebungsdruck, damit du atmen kannst."
2000 Liter zusammengepresste Luft reichen bequem für 80 Minuten auf dem Grund des dreieinhalb Meter tiefen Pools.
Ein weiterer Schlauch führt zur Tauchweste.
"Der untere Knopf 'Luft rein', der obere 'Luft geht raus'."
Wir legen Gurte mit Bleigewichten an. Vor jedem Tauchgang ist ein Sicherheitscheck Pflicht.
"Das heißt, du prüfst alles bei ihm und er bei dir. Du fängst an mit dem Tarierjacket: geht Luft rein, geht Luft raus."
Erstmal ein paar Runden durch den Pool
Taucher sehen wie Astronauten aus. Wir verlassen die Erdoberfläche und begeben uns in ein Element, in dem wir ohne Hilfsmittel nicht überleben könnten.
"Es ist erst mal komisch sich zu bewegen. Es ist komplett anders als Schwimmen. Jede Übung mache ich einmal vor. Nur zuschauen! Ich mache alles total langsam und übertrieben. Ihr macht es dann ganz einfach in eurem Tempo nach. Und wenn es dann gut ist, sage ich, okay, oder wenn irgendetwas nicht stimmt, dann sage ich, nein, und versuche durch wildes Herumgefuchtel irgendwie zu erklären, was ich anders haben möchte."
Ein aus Daumen und Zeigefinger geformtes O steht für Okay, seitliches Auf- und Abbewegen der Hand für Probleme.
"Wenn ich euch das zeige, möchte ich auch immer eine Antwort haben. Das heißt, ich sage nicht, 'Mir geht es gut', sondern ich will wissen, wie es euch geht. Entweder kommt das immer zurück oder dieses Zeichen... So die Hand ein bisschen… ja."
Georgios steht am Beckenrand und schaut auf seine Taucherflossen.
"Bevor du reingehst, immer schauen, dass unter dir niemand ist, dass der Bereich frei ist! Und dann fixiert deine rechte Hand den Regler und die Maske und drückt sie gegen's Gesicht. Die linke Hand hält den Bleigurt. Und dann machst du einfach einen langen Schritt nach vorne. So, dann schwimm erst mal ein paar Runden hier an der Oberfläche mit dem Kopf unter Wasser! Okay?"
Das Hobby zum Beruf gemacht
Christian Lüdke hat sein Hobby vor einigen Jahren zum Beruf gemacht.
"Den ganzen Tag im Büro sitzen war nichts für mich, und dann habe ich die Ausbildung gemacht ein halbes, dreiviertel Jahr und war den Winter über fünf Monate in Asien unterwegs."
Seine Freundin ist weniger begeistert und hat keine Lust, mehrere Monate auf einer Miniinsel im Indischen Ozean zu verbringen.
"Und wenn du dann als Begleitung da bist und nichts machen kannst, während der andere dann arbeitet, dann wird es irgendwann, glaube ich, ziemlich langweilig und kann schnell zu Frust führen."
Ich konzentriere mich aufs Atmen. Georgios scheint zu schweben. Vor uns kniet Christian. Er tippt auf die Armatur. Meine Flasche ist noch voll. Alles okay.
Eine dreiviertel Stunde später gehe ich mit Georgios zur U-Bahn.
"Also, ich merke zum Beispiel meine Kieferknochen. Man ist verkrampfter als normal, und das strengt dann natürlich auch an und erschöpft einen. Also, es ist nicht so wie Fußballspielen, aber es fordert einen auf jeden Fall."
Zu Hause will er fleißig lernen.
"Und dann geht es schon an den See und zur Prüfung."
Der Kreidesee in Hemmoor ist einer der beliebtesten Tauchseen
Vierhundert Kilometer nordwestlich von Berlin zwischen Stade und Cuxhaven liegt einer der beliebtesten Tauchseen Deutschlands: der Kreidesee in Hemmoor
"Baden verboten!" Tauchen darf nur, wer die Prüfung bestanden hat, sagt Holger Schmoldt von der Tauchbasis.
"Und erst dann, nachdem wir dann die Tauchtauglichkeit gesichtet haben, sein Brevet, also seinen Taucherpass gesehen haben, darf er ins Wasser gehen."
Früher wurde hier Kreide für eine Zementfabrik abgebaut. 1976 wurden die Pumpen abgestellt und sechs Jahre später war die fünfzig Fußballfelder große Grube voll gelaufen. Es dauerte nicht lange, bis sich Sporttaucher an Seilen die steile Uferböschung hinabließen.
"Du kannst nicht alles vom See erkennen. Also, da hinten an der Ecke ist ein Bereich, den man jetzt von hier aus nicht sehen kann."
Heute sind vierzig Tauchziele markiert: von "Holztreppe" über "Förderband" bis hin zum eigens versenkten Flugzeug.
"Und dann siehst du auf dem Wasser vereinzelt Bojen schwimmen. Das sind dann natürlich so die hauptsächlichen Tauchobjekte."
Tauchen ist wie betrunken Auto fahren
Am spektakulärsten ist eine sieben Meter lange, mit dünnem Draht am Grund befestigte Plastikfigur, die - wie alles unter Wasser - größer wirkt.
"Der Weiße Hai ist jetzt hier links um die Ecke rum gut zwei-, dreihundert Metern zu schwimmen unter Wasser.
Wenn du als Taucher da ankommst und siehst auf einmal schemenhaft diesen riesigen Hai mit dem aufgerissenen Maul, das ist natürlich vom Feeling her echt so ... Noppenanzug."
Da auch schon Taucher tödlich verunglückt sind, ist an Wochenenden ein DLRG-Wachturm besetzt.
"Und zum anderen haben wir hier verschiedene Notruftelefone, so wie das, was hier gerade hängt. Und du könntest jetzt im Notfall dich direkt an die Tauchbasis oder eben auch an 112 wenden."
Tauchen ist wie angetrunken Auto fahren, meint Holger Schmoldt. Er war Polizeitaucher.
"Man muss sich das ungefähr so vorstellen, als wenn man jetzt auf nüchternen Magen alle zehn Meter einen Martini getrunken hat. Und wenn du dann so auf vierzig, fünfundvierzig Meter bist und hast deine viereinhalb Martini auf nüchternen Magen getrunken, dann kannst du dir das Gefühl so ungefähr vorstellen.
Da kriege ich dann so einen leicht metallischen Geschmack im Mund, und je tiefer ich dann tauche, desto einfacher wird es für mich. Und das ist dann dieser Tiefenrausch.
Dieses Gefühl ist noch gar nicht lebensbedrohlich, aber wenn in dem Moment natürlich irgendetwas passiert, sei es, dass dein Automat einfriert oder dir platzt ein Schlauch oder dein Tauchpartner kickt dir mit der Flosse deine Maske weg, dann kannst du die Gefahr, die aufgetreten ist, gar nicht mehr so real einschätzen.
Und wenn du dann natürlich in einer Tiefe von fünfundvierzig Metern bist und hast aber noch Deko-Zeiten zu absolvieren, dann ist ja irgendwie ein Problem da."
Warnung vor zu schnellem Auftauchen
Deko steht für Dekompression. Beim Atmen in tiefem Wasser unter hohem Druck löst sich in derAtemluft befindlicher Stickstoff im Blut, und wer zu schnell auftaucht, riskiert, dass er sich in den Blutbahnen festsetzt und Organe schädigt.
Der Effekt wird oft mit einer Seltersflasche verglichen. Die Kohlensäure steht für Stickstoff. Nach dem Schütteln sprudelt die aufgedrehte Flasche über.
"Dieses Beispiel wird immer bei der Tauchausbildung genutzt, um den Tauchschülern zu zeigen, was passiert, wenn du zu schnell auftauchst. Und das ist leider der Grund, weswegen auch hier bei uns sehr viele Taucher ertrunken sind. So getreu nach dem Motto: lieber gesund ertrunken als krank an der Oberfläche."
Die Angst davor überzusprudeln ist unbegründet, meint Holger Schmoldt. Der Prozess ist schleichend und kann behandelt werden.
"Kompetente Hilfe kannst du nur an der Oberfläche erfahren. Der Notarzt, der mit seinem Wagen mit Blaulicht hier steht, der steht hier oben am Ufer. Der zieht sich nicht einen Taucheranzug an und kommt zu dir runter."
Der 900. Tauchgang: ein Besuch beim Weißen Hai
"Wir kommen so im Jahr etwa vierzig Mal hierher."
Michael und Günter sind aus Cuxhaven.
"Innerhalb des Vereins haben wir dann unsere Brevets gemacht und wir sind beide Dreisternetaucher."
Günters 900. Tauchgang wollen sie mit einem Besuch beim Weißen Hai feiern. In voller Montur, die Flossen unter den Arm geklemmt, schleppen sie sich zum Holzsteg.
"Das sind mit den gefüllten Flaschen fünfundzwanzig Kilo, sechs, sieben Kilo Blei. Da kommst du schon auf fünfunddreißig Kilo mit allem."
Alles gut? – Und Tschüss.
Einmal im Jahr treffen sich die "alten Karpfen"
"Eine Eigenbaumaske, ganz verrücktes Ding. Die konnte man unten durch dieses Röhrchen aufblasen, da hat sich der Gummi dann an die Form des Gesichts angepasst."
Auf einige Exponate ist Otmar Richter besonders stolz. Er ist Initiator des Museums in den Vereinsräumen des Tauchvereins Adlershof in Berlin-Köpenick.
"Und die Kamera ist noch nicht beschrieben. Die haben wir jetzt bekommen am Wochenende."
Einmal im Jahr treffen sich im Museum die alten Karpfen, wie sich selber nennen.
"Das sind alles so Taucherveteranen, die 1948, 50,51 angefangen haben zu tauchen und sich alles selbst zu bauen."
Auch Otmar Richter stieg Anfang der fünfziger Jahre mit selbst gebastelter Tauchausrüstung ins Wasser.
"Ich war im Schwimmsport aktiv und eines Tages sah ich den Film 'Abenteuer im Roten Meer' von Hans Hass. Da habe ich gesagt, das ist meins, das will ich auch."
Lady Christine - eine Legende
"Flügel schwingend gleiten über einhundert Kilo schwere Pantherrobben an uns vorbei, unten im Sand eine Riesenholothurie, ein langer schleimiger vielfach gewundener Schlauch, kleine Katzenfische, die am Eingang ihrer Sandlöcher Posten stehen, Zackenbarsche, die nebeneinander auf dem Grund liegen..."
1939 brachte der Österreicher Hans Hass von einer Reise auf die Karibikinsel Bonaire sensationelle Unterwasserfotos mit. 1951 kam sein dritter Film in die Kinos.
"Ich hatte das Glück, ihn noch kennen zu lernen. Zu seinem 85. Geburtstag war ich bei ihm. Wir haben uns lange über Bonaire unterhalten, wo alles mal anfing. Eine Zeit lang bin ich seinen Spuren gefolgt. Ich bin dann auf die Malediven gereist, und habe das Wrack der Lady Christine aufgesucht."
Um die Lady Christine ranken sich die Legenden der Tauchpioniere.
"Man erkennt kaum noch, dass es mal ein Schiff war. Es ist völlig verrostet jetzt. Aber ich war mal da."
Rudeltauchen in Ägypten
Heute ist Tauchen kein exklusiver Sport mehr.
"Wir sagen dazu Rudeltauchen. Das berühmte Panoramariff in Ägypten war mal ein Highlight. Heute liegen da, wenn man Glück hat, nur siebzehn bis zwanzig Schiffe, jedes besetzt mit ungefähr zwanzig Tauchern, und alle springen relativ gleichzeitig ins Wasser. Wissen Sie, was da los ist? Da gibt es keinen Fisch mehr, nur noch Taucher."
Otmar Richter war Schauspieler und gehörte zum Ensemble des DDR-Fernsehens. 1978 ging ein Traum in Erfüllung. Nach seinem Drehbuch entstand ein Spielfilm übers Tauchen.
"Das war 'Amor holt sich nasse Füße', eine einfache Liebesgeschichte, Komödie, aber im Sporttauchermilieu. Der lief bei uns drei-, viermal. Die ARD hat ihn gekauft, die haben ihn drei- oder viermal nudeln lassen."
"Markus hat doch die Flaschen gefüllt, nicht? Und meine nur zur Hälfte. Du kannst froh sein, dass ich nicht wie eine Rakete mit dicken Augen hoch geschossen bin." – "Für die Prüfung des Luftvorrats ist jeder Taucher selbst verantwortlich." – "Geschenkt. Das wird mir eine Lehre sein." – "Was soll denn das? Mit der Kontrolle hat Markus Recht. Außerdem ist gar nicht raus, dass Markus die Flaschen nicht richtig gefüllt hat. Da kann auch was undicht sein." – "Kamerad Rosenkranz bitte zur Wettkampfleitung!"
Abschlussprüfung am Glienicker See
Die Wettkampfdisziplin ist Orientierungstauchen. Wer tauchen wollte, musste schon damals eine Prüfung ablegen. Ganz ohne Physik geht es nicht.
"Jeder Körper, unabhängig von der stofflichen Zusammensetzung erhält im Wasser einen Auftrieb, der gleich ist dem Gewicht des von ihm verdrängten Flüssigkeitsvolumens... Prinzip des Archimedes… hm."
Die Abschlussprüfung absolvieren die Schüler der Tauchzentrale Berlin am Glienicker See, durch den zu DDR-Zeiten die Grenze verlief.
"Ihr müsst einmal heute an der Oberfläche einen geraden Kurs schwimmen und dann unter Wasser den genauen Umkehrkurs."
Mit einem Handtuch über dem Kopf übt Georgios das Navigieren mit dem Kompass zunächst an Land.
"Eins, zwei, drei, vier …. und jetzt muss ich umdrehen……eins, zwei…."
Katrin und Christian quälen sich in enge Neopren-Anzüge.
"Dienstag geht's los nach Neuseeland. - Das war wirklich sehr eng alles getimet. Aber es hat alles gepasst, außer wir kriegen das nicht hin."
Die theoretische Prüfung haben bereits alle bestanden.
Ein Hai? Der tut doch nichts
"Atme mal bitte!...Nein, in das Mundstück…"
Tauchlehrer Christian Lüdke beaufsichtigt den Sicherheitscheck.
"Erste Übung ist: Maske ab- und wieder aufsetzen. Zweite Übung: sauber schweben. Und dann machen wir noch den Notaufstieg."
"Oh, heute ist es gefühlt aber kälter."
Die Prüflinge sind unter Wasser. In der Tauchbasis wird gefachsimpelt.
"Das tiefste waren fünfzig Meter bis jetzt bei mir. Und wenn die Sicht gut ist, hat man immer noch fünfzehn Meter Sicht im Mittelmeer."
Thomas fährt nächste Wochen nach Elba. Er war schon häufiger dort, aber es wird nicht langweilig.
Jetzt haben sie zum Beispiel einen Katzenhai dort gefunden, einen ein Meter langen Katzenhai. Den möchte ich jetzt auch einmal sehen.
Hai klingt eigentlich immer gefährlich
"Der tut ja nichts. Der ist ja relativ klein. Da sind die Moränen ja viel komplizierter, die da aus den Felsspalten gucken, weil sie werden wirklich bis zweieinhalb Meter lang. Also, die können dann schon zubeißen."
Im Mini-U-Boot durch den Kreidesee
"So. Willkommen an Bord."
Im gelben Mini-U-Boot bietet Holger Schmoldt Rundfahrten im Kreidesee an.
Wie im Flugzeug wird vor dem Start erklärt, was im Notfall zu tun wäre.
"Im Notfall würdest du dir diese Rettungsweste anziehen, du würdest die Tauchmaske aufsetzen und anschließend eben diese Tauchflasche in dieser Weste einhängen und den Automat in den Mund nehmen. Danach würde ich den Deckel öffnen, und dann gehen wir raus. Dann geht es fahrstuhlmäßig nach oben."
Ein Gebläse saugt die verbrauchte Atemluft an und filtert Kohlenmonoxyd heraus.
"So, dann wird der Hebel auf 'auf' gestellt. Und jetzt kann man merken, wie wir langsam absinken."
Am Rand des Deckels bilden sich Tropfen.
"Ja, ich meine, das ist normal. Ein U-Boot, das nicht tropft, ist fast schon ungewöhnlich. Es gibt immer so kleine Stellen."
Durch Algen und Pollenflug ist das Wasser ein bisschen trüber als sonst, meint Holger Schmoldt.
"Aber ich sage mal, so zehn Meter können wir durchaus gucken. Und wo kann man das sonst? In der Regel haben ja die Seen in Deutschland, irgendwelche Kiesseen einen halben bis einen Meter Sicht. Wir fahren jetzt gerade über den alten Flieger rüber, in Richtung Hai."
An der Helligkeit lässt sich die Tiefe ablesen
An den Abbruchkanten der Kreidegrube und an der Helligkeit kann der geübte U-Boot-Kapitän die Tiefe ablesen.
"Du siehst, wir fahren gerade 320 Grad. In der Nordsee sind wir bei Helgoland getaucht und haben ein altes U-Boot gesucht, da hast du so schnell wirklich die Orientierung verloren, dann fährst du nachher nur noch im Kreis und hast dich total verzettelt. So, wir sind jetzt auf einer Tiefe von ungefähr zwanzig Meter. Wie man sieht, ist es noch relativ hell, und es wird auch weiter unten nicht mehr so großartig dunkel. Viele denken ja: so ein See wird unten stockfinster wie die Nacht. Aber das ist eben unser großer Vorteil. Unser See ist ja reines Quellwasser."
Vor uns sind zwei ahnungslose Taucher unterwegs. So ist das immer, sagt Holger Schmoldt.
"Und dann schleichen wir uns quasi von oben so an und auf einmal bemerken sie einen dunklen Schatten über sich, gucken hoch und dann stehen wir genau über denen. Also, man hört einfach nichts und das ist das Spannende an der Sache."
"Ein Ungeheuer schwimmt da im Meer, ein Tier, wie wir dergleichen noch nie gesehen haben, ein Hai von mehreren Tonnen Gewicht."
"Ich glaube, da hinten kann man ihn schon leicht sehen. Er schält sich sozusagen aus dem Nichts."
"Von allen Seiten nähern wir uns dem Ungetüm. Es ist ein Walhai, der größte Hai der Welt, ein Tier, das bis zu achtzehn Meter Länge erreicht."
"Ja, das ist natürlich so ein Highlight für die Taucher. Die tauchen natürlich auch oftmals vorbei. Das ist ganz klar. Wenn du zehn Meter daran vorbei getaucht bist und hast gerade nicht in die Richtung geguckt, dann war es das, nicht. Und hier kannst du jetzt schön das aufgerissene Maul… also, das kann man super erkennen hier."
"Der Riese ist seiner selbst so sicher, dass er uns überhaupt nicht beachtet. Da, jetzt sieht er mich, glotzt mich an. Aus nächster Nähe filme ich das mächtige Maul."
"Hans Hass war übrigens auch so ein Grund, weswegen ich damals mit dem Tauchen angefangen habe. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es ein Sammelbuch gab. Und dieses Buch habe ich verschlungen, mit den Haien, also, das war spektakulär für mich. Da habe ich immer gesagt, wenn ich mal groß bin, dann muss ich auf jeden Fall Taucher werden. Also, dieses Buch hat mich unheimlich inspiriert."
Entlüften gegen den Überdruck
Es ist ziemlich warm geworden in der Kabine.
"Ich stelle mal eben den Sauerstoff ein bisschen höher, und dann wird es auch gleich wieder ein bisschen frischer."
Die Sonne scheint. Vor dem Panoramafenster schwappt die Wasseroberfläche.
"Jetzt darfst du einmal über dir diesen kleinen Hebel betätigen. Du hast jetzt ein ganz klein wenig entlüftet, weil wir haben einen ganz minimalen Überdruck gefahren. Du hast das ja auch gemerkt. Den müssen wir wieder los werden. Wenn ich jetzt gleich den Dom hier oben aufstoße, dann wäre es für die Ohren so ein bisschen unangenehm. Und jetzt kommt gleich wieder schöne Frischluft. So, wir sind ziemlich dicht am Ufer hier."
Kurz darauf nähern sich regelmäßig aufsteigende Blubberblasen dem Ufer.
"Moin, Moin"
Wegen der sperrigen Taucherflossen watet Michael rückwärts aus dem Wasser, Daumen und Zeigefinger zum Okay geformt.
Nur sein Tauchcomputer hat den Geist aufgegeben.
"Der zeigte mir keine Tiefe mehr an. Der differierte um zwei Meter. Der hier, das ist eine Taucheruhr, die hat auch noch einen integrierten Tauchcomputer, und der hat mir dann die Tiefe angezeigt."
Und die Temperatur?
"Acht Grad. Oben sind es fünfzehn, neunzehn sogar teilweise. Ab dreißig Metern wird es dann mal ein bisschen kälter. Und im Winter ist es unten sogar wärmer als oben."
Apnoe-Tauchen im Pool
"Dann beginnt mal jeder für sich mit den tiefen vorbereitenden Atemzügen. Und wenn ihr soweit seid, dann nehmt ihr den letzten und lasst das Atmen sein."
Jessica Schäfer gibt in der Tauchzentrale Berlin Kurse im Apnoe-Tauchen, so wie man es aus der Badewanne kennt.
"Ich bin Karsten, ich bin jetzt hier weil ich primär schon aus dem Wassersport und hauptsächlich über Wasser unterwegs war, da wollte ich einfach mal den Kopf unter Wasser nehmen längere Zeit." – " Ich bin Karo, ich bin voll gespannt. Ja, mal gucken, ohne Geräte zu tauchen ist bestimmt auch schön."
Karsten liegt lang ausgestreckt im Pool, das Gesicht unter Wasser. Sein Herz schlägt langsamer. Irgendwann werden nur noch die lebenswichtigen Organe mit Sauerstoff versorgt. Das ist der körpereigene Tauchreflex. Jessica Schäfer kneift ihm leicht in den Arm.
"Und einatmen. Hast du das erste Zeichen gemerkt? Ja okay, dann versuche mal langsam aufzutauchen, weil, wenn das zweite Zeichen kommt, heißt es eigentlich nur noch Kopf aus dem Wasser, wenn es ein begrenzter Tauchgang ist. Du hattest jetzt 58 Sekunden, das heißt, du machst jetzt eine Minute zehn."
"Mir macht das unglaublich viel Spaß, und ich habe auf Mallorca gleiche Tauchplätze, da habe ich als Gerätetaucher getaucht und bin dann wieder gekommen und bin sie alle Apnoe-getaucht und fand das natürlich super, dass ich das gleiche mit meinem Körper hingekriegt habe, was ich vorher mit Pressluftflasche hintendrauf tauchen konnte, dann auch so tauchen konnte. Kürzer, dafür öfter, aber die gleichen Tiefen."
Der Weltrekord im Zeittauchen liegt bei 11 Minuten und 35 Sekunden. Karsten steigert sich im dritten Durchgang auf 2 45.
Unter Wasser: von wegen Stille
"Da sind wir wieder."
Zurück am Glienicker See. Georgios hat alle Prüfungen absolviert, die letzte war der Notaufstieg.
"Wir warten auf sechseinhalb Metern, und dann muss man einen tiefen Atemzug nehmen und dann sehr langsam ausatmen und dabei ein Geräusch machen und dann muss man halt sehr langsam und dabei eben Hand hoch, den Ton machen, dass man da mit dem letzten möglichen Atemzug, den man aus der Flasche genommen hat, die Wasseroberfläche durchstößt. Ich habe echt langsam gemacht, aber ich glaube, er hat mich doch noch zurückgehalten. Man glaubt ja nicht, wie lange man ausatmen kann. Man hat ja schon immer noch Reserven und die kommen dann auch raus.
Aber das ist total laut da unten. Man denkt dauernd, aus irgendwelchen Richtungen kommt irgendetwas angerauscht. Ich frage mich die ganze Zeit, was da drin so laut sein kann. Also, ich habe es in einem Buch gelesen, dass man den Schall nicht so zuordnen kann unter Wasser, aber da unten… ich meine, da fährt ja kein Boot.… doch?"
Nachbar der Tauchbasis ist ein Tretbootverleih.
"Das hat auch echt was Meditatives mit der Atmung und so. Also, mir macht das schon Spaß. Das ist irgendwie beruhigend, keine Ahnung."