Technik für tief unten

Von Peter Kaiser |
Die Erforschung der Meere hat besonders in den letzten Jahren einen enormen Auftrieb bekommen. Wie wichtig das ist, und welchen unmittelbaren Wert das für uns Menschen an Land hat, zeigt eine neue Ausstellung im Stralsunder "Ozeaneum". Ein Rundgang durch die Schau.
Thomas: Hallo Michael, kannst du mich hören?
Michael: Ja, Thomas, ich höre dich gut.
Thomas: Bei uns ist alles klar, wir können starten.
Michael: Habe verstanden. In wenigen Sekunden kann` s losgehen.


Die Tauchfahrt zu den Black Smoker am Mittelozeanischen Rücken ist zwar passiert, doch nicht so, und nicht jetzt.

Michael: Wir werden bis auf 4000 Meter abtauchen. Unser Ziel sind die Schwarzen Raucher am Meeresboden.

Diese Unterwasserexpedition ist ein Zusammenschnitt mehrerer Tauchfahrten zu einer einzigen. Miterleben kann man die Fahrt zu den Black Smoker als zentrales High-Light in der neuen Dauerausstellung, die jetzt im Stralsunder "Ozeaneum" eröffnet wurde.

Michael: Seht mal, ein großer Heringsschwarm nähert sich dem Tauchboot. Wir gehen jetzt auf 400 Meter.

Die Schau "Erforschung und Nutzung der Meere" ist keine Fachveranstaltung für Ozeanexperten, sagt Harald Benke, Leiter des "Ozeaneums". Vielmehr soll jener Besucher angesprochen werden, der kein Meeresforscher ist.

Harald Benke: "Unsere Absicht ist, dass er versteht wie Informationen über die Meere gewonnen werden. Und er soll auch mitbekommen, wie aufwändig das ist. Ich brauche Forschungsschiffe, ich brauche Tauchroboter, um nur wenige neue Erkenntnisse zu gewinnen."

Im Inneren des "Ozeaneums" wurde die neue Ausstellung auf einem 500 Quadratmeter großen Deck eines Forschungsschiffes aufgebaut, das der Besucher zuerst betritt. Seitlich, wie an einer Reling, sind Ausstellungsvitrinen, Touchscreens und interaktive Diagrammtafeln aufgebaut. Dahinter ist freier Raum.

Sabine Brasse: " … den wir als Freiwasserraum bezeichnen, als Meer. Das bedeutet, dass man auf einem Schiffsdeck ist, und sich ein bisschen fühlen soll wie ein Meeresforscher."

Sabine Brasse ist die Kuratorin der neuen Ausstellung.

Sabine Brasse: "Im Freiwasserraum sind dann die Großexponate. Die Geräte, die im Meer zum Beispiel eingesetzt werden."

Michael: Tauchtiefe 1000 Meter.

Die Geräte zur Erforschung und Überwachung der Meere sind ein wichtiges Thema. Vom Satelliten zum Messmast in der Arkona See etwa, der zum Beispiel Wasserqualität, Temperatur und Salzgehalt misst, geht es zu Unterwasserrobotern oder dem Tauchboot "Jago". Gezeigt wird auf interaktiven Touchscreens, wie enorm der Technik-Aufwand ist. 3 große Monitore etwa geben die Radien von 750, 250 und 25 Kilometer Wasseroberfläche wieder, die die Forscher für Klimavoraussagen betrachten. Doch es gibt auch Geräte direkt vor Ort.

Sabine Brasse: "Das ist ein Fotoschlitten, der in den 80er Jahren verwendet wurde, wo die Manganknollenforschung eigentlich so ein bisschen in die Gänge kam. Die Forschung wurde dann wieder eingestellt, weil an Land neue Vorkommen entdeckt wurden. Jetzt wird es wieder aktuell. Es wird erwartet, dass nächstes Jahr vor Papua Neuginea die ersten Massivsulfide von Schwarzen Rauchern abgebaut werden."

Michael: Tauchtiefe 4000 Meter

Thomas: Geschafft. Wir haben gleich die Schlote von Hydrothermalquellen vor uns. An diesen heißen Quellen wurden Temperaturen bis zu 400 Grad gemessen.

Die Erforschung der marinen Bio-Ressourcen für neue Medikamente ist im Ausstellungsmodul "Schätze der Tiefsee" neben der Erzgewinnung ein weiteres Thema. Im Modul "Labor Ozean" wird mit etlichen Geräten wie einem Kranzwasserschöpfer, einer Sedimentenfalle oder einem Mesokosmos anschaulich gemacht, wie die Forscher Proben bekommen, um etwa die Kohlenstoffkreisläufe im Meer zu untersuchen. Das ist wichtig vor dem Hintergrund des Treibhauseffektes.

Sabine Brasse: "Für uns sind viele Geräte normal, viele Themen normal, wir gehen da tagtäglich damit um, aber die meisten Menschen nicht unbedingt. Und das war eigentlich die größte Schwierigkeit, komplizierte Sachverhalte so einfach wie möglich darzustellen, so dass Besucher es trotzdem noch verstehen können. Ich hoffe, es ist uns gelungen."

Michael: Ihr müsst wieder auftauchen. Die Batterien reichen nicht unbegrenzt.
Thomas: Alles klar, wir machen uns auf den Weg.


Was eigentlich eine Überfischung ist und wie sie funktioniert, wird im Modul "Fischerei heute" ziemlich zum Ende der Ausstellung gezeigt. Dass heutige Fangnetze 2000 Meter lang, 200 Meter breit und 100 Meter hoch sind, und so 100 Tonnen Fisch mit einem Fang herausgeholt werden können, wissen sicher die wenigsten Besucher.

Michael: Tauchtiefe 20 Meter. Gleich seit ihr oben.

Die Tauchfahrt selbst ist ein Muss in der Ausstellung. Und wem das Meer nicht egal ist, der muss auch in diese Ausstellung. Denn die Vorgabe, strenge Wissenschaft anschaulich und spannend dazustellen, ist den Ausstellungsmachern im "Ozeaneum" hervorragend geglückt.

Sabine Brasse: "Für mich ist es manchmal so, als würde man mit einem kleinen Streichholz in den Keller gehen, wenn man die Tiefsee untersucht. Man sieht nur für einen ganz kurzen Zeitpunkt einen ganz kleinen Ausschnitt. Und man weiß eigentlich nicht, was hinter der nächsten Ecke im Dunklen noch steht. Und da ist die Meeresforschung eigentlich erst grade dabei, die dunklen Ecken aufzuklären."

Michael: Willkommen zurück an der Oberfläche.