Technik und neue Strategien gegen Diabetes
Und da am vergangenen Mittwoch Welt-Diabetes-Tag war, haben wir auf der Medica nach Neuem rund um die Volkskrankheit gesucht. Denn derzeit sind etwa sechs Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes erkrankt. Tendenz steigend. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft geht davon aus, dass im Jahr 2030 schon fast acht Millionen Menschen an der Zuckerkrankheit leiden werden.
Die weltgrößte Medizinmesse Medica ist in erster Linie eine Leistungsschau der Branche. Aber es geht auch um Visionen, um Erfindungen, für die auf der Medica solvente Hersteller gesucht werden. Der "intelligente" Strumpf ist solch eine Erfindung. Er ist für Menschen gedacht, die durch Diabetes inzwischen auch eine Polyneuropathie entwicklet haben.
Das ist eine Nervenstörung, die zumeist am Fuß und Unterschenkel auftritt und einerseits große Schmerzen verursacht, andererseits aber die Empfindsamkeit extrem einschränkt. Patienten mit einem diabetischen Fuß spüren nicht, wenn der Schuh drückt oder die Ferse schon zu lange auf der selben Sofastelle ruht. Der Anti-Dekubitus-Strumpf könnte das ändern, sagt Thomas Velten vom Fraunhofer Institut für biomedizinische Technik in St. Ingbert, das den Strumpf mitentwickelt hat.
"Es ist so, dass der Strumpf diese Druckbelastung spürt, der wandelt die um in ein elektrisches Signal."
Der Strumpf besteht nämlich aus einem speziellen Garn, in dem feine Drucksensoren eingearbeitet sind, die permanent den Belastungszustand erfassen.
"Und dieses Signal wird zu einer Auswertebox geschickt. Und wenn jetzt diese Druckbleastung sehr hoch ist, oder zu lange anliegt, dann entschiedet dieses intelligente System, dass der Patient informiert werden muss und dann wird ein mechanischer Stimmulator aktiviert, der zum Beispiel am Arm angebracht ist. Und durch diese Vibrationen spürt der Patient, da stimmt was nicht mit meinem Fuß, ich muss den Fuß umlagern."
Bestenfalls sollen so künftig Geschwüre verhindert werden, die bei Diabetikern zu offenen und nur schwer heilenden Wunden führen. Die Patienten, die den intelligenten Strumpf bei der Entwicklung testen durften, hielten das für eine gute Idee.
"Also die Patienten waren schon sehr begeistert. Und ein Patient, der hat auch ganz schnell erkannt, dass er damit seinen Fuß wieder spüren kann. Also genau das ist ja das, worum es geht. Und die fanden das auch durchweg sehr gut."
Jetzt hoffen Thomas Velten und seine Mitstreiter Firmen zu finden, die dem Anti-Dekubitus-Strumpf zur Marktreife verhelfen.
"So dass diese Forschungsergebnisse nicht in der Schublade verschwinden sondern weiterentwickelt wreden und dass sich die Fördergelder, die da rein geflossen sind auch wirklich lohnen, dass ein Produkt rauskommt, dass Arbeitsplätze entstehen und dass auch dem Patienten geholfen wird."
Einige sehr interessante Gespräche hat er auf der Medica geführt, aber erfahrunggemäß hört er von den Meisten nach den Messetagen nichts mehr. Aber wenn nur einer übrig bleibt, sagt er….
"… dann hat es sich schon gelohnt, dass man hier gewesen ist."
Wer auf den intelligenten Strumpf nicht warten kann, für den gibt es bereits auf dem Markt der Polyneuropathie-Behandlung die "Hochton Elektrische Muskelstimulation". Dabei legt sich der Patient zu Hause Manschetten an den Oberschenkeln an, über die Strom an den Muskel geleitet wird und ihn anregen, sich zu bewegen. Das soll den Muskel stärken, den Stoffwechsel anregen und sogar die Insulinempfindlichkeit verbessern. Jörgen Vetter vom Anbieter gbo aus dem Hessischen Rimbach räumt aber ein, dass es die wirklich großen technischen Neuerungen im Breiech der Diabetes kaum gibt.
"Der Diabetesmarkt ist noch längst nicht ausgereizt. Da gibt es noch so viel Potential nach oben, wir stecken erst in den Kinderschuhen. Bisher wurde ja technisch auch nicht viel gearbeitet. Es wurde ja im Endeffekt mit der Insulinigabe gearbeitet und den Einsatz von apparativer Medizin, der kommt erst so langsam."
Doch auch wenn es technisch kaum große Innovationen zum Thema Diabetes gibt, so bietet die Medica dennoch viel Neues dazu. Zum Beispiel im Kongresscenter auf dem Messegelände, wo dutzende Veranstaltungen stattfinden. Hier werden die Besucher auch auf den neuesten Stand in der Behandlung des Diabetes mellitus gebracht. Größte Neuerung beim Typ2 Diabetes ist die so genannte individualisierte Therapie, so Sven Schinner, Oberarzt an der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie Düsseldorf.
"Noch bis vor wenigen Jahren hatte man für alle Patienten gleich strikte Blutzuckerziele. Und so ein bisschen war das Motto – je niedriger desto besser. Dann gab es Arbeiten, die gezeigt haben, dass das nicht für alle Patienten gleich gut ist. Und jetzt ist man da, ich sag mal, etwas liberaler geworden und wird nach dem, was der Patient mitbringt an Vorerkrankungen, an Therapieansprechen, an Diabestesdauer, mit dem Patienten zusammen, individuell ein Therapieziel festlegen, natürlich in einem bestimmten Korridor."
Inzwischen sprechen sich sowohl die amerikanische wie auch die europäische Diabetesgesellschaft in ihrer neuen Leitlinie zur Behandlung des Typ-2-Diabetes für diese individualisierte Therapie aus. In der Praxis bedeutet das, dass zum Beispiel ein älterer Diabetes-Patient mit Herz-Kreislauf-Problemen weniger streng "eingestellt” werden kann, als ein junger Diabetes-Patient. Ziel ist, die Therapie in einem gewissen Rahmen für jeden Erkrankten so individuell anzupassen, dass seine Lebensqualität optimiert wird. Das geht meist nur indem unterschiedliche Medikamente miteinander kombiniert werden. Einen wachsenden Stellenwert in dieser Kombinationstherapie, sagt der Diabetologe Sven Schinner, haben die noch recht jungen GLP1-Präparate.
"GLP1 ist ein körpereigenes Hormon, das wird im Darm gebildet, und das regt die Bauchspeicheldrüse dazu an, selbst mehr Insulin zu bilden. Und man kann nun durch bestimmte Stoffe, als Tablette oder Spritze, die GLP1-Wirkung nachahmen. Und jetzt geht man immer mehr dazu über, diese Substanzgruppen mit den anderen Medikamenten, sogar auch mit Insulin, zu kombinieren. Da hat man also ein Instrument dazu gewonnen.Eines das auch wirklich gut funktioniert und sich bewährt hat."’"
Ein weiterer Trend in der Pharmaforschung ist die Entwicklung von Diabetes-Medikamenten, die eine so lange Wirkdauer haben, dass sie zum Beispiel nur einmal wöchentlich eingenommen werden müssen, was für manche Patienten etwas mehr Freiheit bedeuten kann. Erste Mittel sind bereits auf dem Markt.
""Und Medikamente, die jetzt in Deutschland noch nicht verfügbar sind, aber sozusagen in der Pipeline, das ist ein ganz neuer Therapiegedanke, der darauf beruht, dass man an der Niere eine Stellschraube verändert, so dass über die Niere mehr Zucker ausgeschieden wird und dadurch der Blutzucker gesenkt wird. Das ist was, was wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren erleben werden."
Schon jetzt gibt es aber eine Vielzahl kleiner mobiler und digitaler Medizingeräte für den Hausgebrauch, die die Daten bestenfalls automatisch in eine elektronische Datenbank senden. So kann der Patient - und wenn gewünscht auch der Arzt - den Verlauf der Diabestes gut verfolgen. Doch leider geht auch bei den High-Tech-Messappareten noch nichts ohne den Picks in den Finger. Die modernen Produkte brauchen immer noch das Blut des Patienten, bedauert Michaela Klinger von der Firma BodyTel, die elektronische Blutzuckermessgeräte herstellt.
"Es wäre einfach schön, könnte man das messen ohne diesen Picks. Es gibt da bereits Konzepte, an denen gearbeitet wird. Das geht vom Chip im Auge über Sensoren, die mit Licht versuchen durch die Haut das rauszufinden. Teilweise sind die Ergebnisse noch zu ungenau, teilweise sind die Gerätschaften, die man dafür braucht einfach zu teuer. Es gibt noch nichts, was man tatsächlich auf dem Massenmarkt einsetzten könnte. Aber ich denke, irgendwann wird es den Durchbruch geben, irgendeine Technik wird es bieten, dass man das nichtinvasiv messen kann und e strotzdem bezahlbar bleibt."
Doch auch die mobilen, kleinen und leistungsstarken Messgeräte die es bereits für den Hausgebrauch gibt, sind die Basis für ein anderes großes und wachsendes Thema in der Gesundheitsbranche - und damit auch auf der Medica: die Telemedizin, also die Betreuung von Patienten per Telefon, Computer und Internet.
"Und das schlimme ist, an den Diabetes haben wir uns im Prinzip extrem spät rangemacht. Nämlich erst jetzt."
Denn Diabetes hat den Ärzten Angst gemacht, sagt Heinrich Körtke. Der Kardiologe leitet das Institut für angewandte Telemedizin, kurz IFAT, am renomierten Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oenhausen.
"Angenommen Insulin wird etwas zu hoch oder zu niedrig dosiert, kann es tatsächlich zu Ausrutschern kommen, die mit einem Koma enden. Und da hat die Telemedizin bisher Respekt vor gehabt und Angst vor gehabt."
Das IFAT betreut seit Jahren erfolgreich Herzkranke und Patienten, die Probleme mit der Blutgerinnung haben. Aufgrund der guten Erfahrungen hiermit, wagen sich Heinrich Körtke und sein Team nun auch an Diabetiker. In Kürze starten sie das nach eigenen Angaben deutschlandweit erste telemedizinische Pilotprojekt zur Volkskrankheit Diabetes. Telebetis soll es heißen. Dazu bekommt jeder Patient zunächst digitale Meßgeräte nach Hause, mit denen er die aktuellen Blutzucker- und Blutdruckwerte, sowie das Gewicht bestimmen kann. Die Daten werden dann automatisch an die elektronische Patientenakte im IFAT gesendet, erklärt Heinrich Körtke das System.
"Also diese Akte, Med-Power genannt, ist eine intelligente Akte. Da passiert folgendes: wir haben individuell für jeden Patienten Grenzwerte eingegeben. Und sobald die Grenzwerte über- oder unterschritten werden, sieht diese Krankenakte das, sie registriert das. Dann rufen wir den Patienten an, besprechen mit ihm das. Der Patient merkt, er wird nicht alleine gelassen. Er weiß 24 Stunden, sieben tage die Woche hat er einen Arzt im Hintergrund. Das heißt, das Institut IFAT ist immer ärztlich besetzt."
Außerdem wird auch der Hausarzt des Patienten informiert, ohne den die Telemedizin nicht funktioniert, betont der IFAT-Leiter. Mindestens einmal im Quartal bekommt der behandelnde Hausarzt einen Bericht aus der elektronischen Akte und das telemedizinische Institut macht für den Patienten auch einen Termin bei ihm. Durch die Kombination von engmaschiger virtueller Betreuung und regelmäßigen Besuchen beim Hausarzt könnten Diabetiker bestmöglich eingestellt und Folgeerkrankungen vermieden werden, so die Hoffnung.
Letztlich könnten durch die zunächst teure Telemedizin aber auch rund 15 Prozent der Kosten eingespart werden, meint Heinrich Körtke. Ein immer wichtigerer Punkt quer über alle Kontinente hinweg: Gefragt ist die optimale Behandlung zum optimalen Preis. Das das mit dem Pilotprojekt Telebetis geht, will der Arzt nun beweisen. Erste Patienten sollen noch in diesem Jahr aufgenommen werden.
"Mein Traum ist mindestens 100 Patienten. Das ist eine Zahl mit der ich beweisen kann, nach einem Jahr, dass wir Routine haben, größere Patinetenzahlen zu bewältigen. Und dann können 1000 kommen, 5000. Je mehr, desto besser."
An Nachschub wird es den Ärzten und Therapeuten in Zukunft wohl nicht fehlen. Geht doch die Deutsche Diabetes Gesellschaft davon aus, dass im Jahr 2030 schon fast acht Millionen Menschen hierzulande an der Zuckerkrankheit leiden werden.
Das ist eine Nervenstörung, die zumeist am Fuß und Unterschenkel auftritt und einerseits große Schmerzen verursacht, andererseits aber die Empfindsamkeit extrem einschränkt. Patienten mit einem diabetischen Fuß spüren nicht, wenn der Schuh drückt oder die Ferse schon zu lange auf der selben Sofastelle ruht. Der Anti-Dekubitus-Strumpf könnte das ändern, sagt Thomas Velten vom Fraunhofer Institut für biomedizinische Technik in St. Ingbert, das den Strumpf mitentwickelt hat.
"Es ist so, dass der Strumpf diese Druckbelastung spürt, der wandelt die um in ein elektrisches Signal."
Der Strumpf besteht nämlich aus einem speziellen Garn, in dem feine Drucksensoren eingearbeitet sind, die permanent den Belastungszustand erfassen.
"Und dieses Signal wird zu einer Auswertebox geschickt. Und wenn jetzt diese Druckbleastung sehr hoch ist, oder zu lange anliegt, dann entschiedet dieses intelligente System, dass der Patient informiert werden muss und dann wird ein mechanischer Stimmulator aktiviert, der zum Beispiel am Arm angebracht ist. Und durch diese Vibrationen spürt der Patient, da stimmt was nicht mit meinem Fuß, ich muss den Fuß umlagern."
Bestenfalls sollen so künftig Geschwüre verhindert werden, die bei Diabetikern zu offenen und nur schwer heilenden Wunden führen. Die Patienten, die den intelligenten Strumpf bei der Entwicklung testen durften, hielten das für eine gute Idee.
"Also die Patienten waren schon sehr begeistert. Und ein Patient, der hat auch ganz schnell erkannt, dass er damit seinen Fuß wieder spüren kann. Also genau das ist ja das, worum es geht. Und die fanden das auch durchweg sehr gut."
Jetzt hoffen Thomas Velten und seine Mitstreiter Firmen zu finden, die dem Anti-Dekubitus-Strumpf zur Marktreife verhelfen.
"So dass diese Forschungsergebnisse nicht in der Schublade verschwinden sondern weiterentwickelt wreden und dass sich die Fördergelder, die da rein geflossen sind auch wirklich lohnen, dass ein Produkt rauskommt, dass Arbeitsplätze entstehen und dass auch dem Patienten geholfen wird."
Einige sehr interessante Gespräche hat er auf der Medica geführt, aber erfahrunggemäß hört er von den Meisten nach den Messetagen nichts mehr. Aber wenn nur einer übrig bleibt, sagt er….
"… dann hat es sich schon gelohnt, dass man hier gewesen ist."
Wer auf den intelligenten Strumpf nicht warten kann, für den gibt es bereits auf dem Markt der Polyneuropathie-Behandlung die "Hochton Elektrische Muskelstimulation". Dabei legt sich der Patient zu Hause Manschetten an den Oberschenkeln an, über die Strom an den Muskel geleitet wird und ihn anregen, sich zu bewegen. Das soll den Muskel stärken, den Stoffwechsel anregen und sogar die Insulinempfindlichkeit verbessern. Jörgen Vetter vom Anbieter gbo aus dem Hessischen Rimbach räumt aber ein, dass es die wirklich großen technischen Neuerungen im Breiech der Diabetes kaum gibt.
"Der Diabetesmarkt ist noch längst nicht ausgereizt. Da gibt es noch so viel Potential nach oben, wir stecken erst in den Kinderschuhen. Bisher wurde ja technisch auch nicht viel gearbeitet. Es wurde ja im Endeffekt mit der Insulinigabe gearbeitet und den Einsatz von apparativer Medizin, der kommt erst so langsam."
Doch auch wenn es technisch kaum große Innovationen zum Thema Diabetes gibt, so bietet die Medica dennoch viel Neues dazu. Zum Beispiel im Kongresscenter auf dem Messegelände, wo dutzende Veranstaltungen stattfinden. Hier werden die Besucher auch auf den neuesten Stand in der Behandlung des Diabetes mellitus gebracht. Größte Neuerung beim Typ2 Diabetes ist die so genannte individualisierte Therapie, so Sven Schinner, Oberarzt an der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie Düsseldorf.
"Noch bis vor wenigen Jahren hatte man für alle Patienten gleich strikte Blutzuckerziele. Und so ein bisschen war das Motto – je niedriger desto besser. Dann gab es Arbeiten, die gezeigt haben, dass das nicht für alle Patienten gleich gut ist. Und jetzt ist man da, ich sag mal, etwas liberaler geworden und wird nach dem, was der Patient mitbringt an Vorerkrankungen, an Therapieansprechen, an Diabestesdauer, mit dem Patienten zusammen, individuell ein Therapieziel festlegen, natürlich in einem bestimmten Korridor."
Inzwischen sprechen sich sowohl die amerikanische wie auch die europäische Diabetesgesellschaft in ihrer neuen Leitlinie zur Behandlung des Typ-2-Diabetes für diese individualisierte Therapie aus. In der Praxis bedeutet das, dass zum Beispiel ein älterer Diabetes-Patient mit Herz-Kreislauf-Problemen weniger streng "eingestellt” werden kann, als ein junger Diabetes-Patient. Ziel ist, die Therapie in einem gewissen Rahmen für jeden Erkrankten so individuell anzupassen, dass seine Lebensqualität optimiert wird. Das geht meist nur indem unterschiedliche Medikamente miteinander kombiniert werden. Einen wachsenden Stellenwert in dieser Kombinationstherapie, sagt der Diabetologe Sven Schinner, haben die noch recht jungen GLP1-Präparate.
"GLP1 ist ein körpereigenes Hormon, das wird im Darm gebildet, und das regt die Bauchspeicheldrüse dazu an, selbst mehr Insulin zu bilden. Und man kann nun durch bestimmte Stoffe, als Tablette oder Spritze, die GLP1-Wirkung nachahmen. Und jetzt geht man immer mehr dazu über, diese Substanzgruppen mit den anderen Medikamenten, sogar auch mit Insulin, zu kombinieren. Da hat man also ein Instrument dazu gewonnen.Eines das auch wirklich gut funktioniert und sich bewährt hat."’"
Ein weiterer Trend in der Pharmaforschung ist die Entwicklung von Diabetes-Medikamenten, die eine so lange Wirkdauer haben, dass sie zum Beispiel nur einmal wöchentlich eingenommen werden müssen, was für manche Patienten etwas mehr Freiheit bedeuten kann. Erste Mittel sind bereits auf dem Markt.
""Und Medikamente, die jetzt in Deutschland noch nicht verfügbar sind, aber sozusagen in der Pipeline, das ist ein ganz neuer Therapiegedanke, der darauf beruht, dass man an der Niere eine Stellschraube verändert, so dass über die Niere mehr Zucker ausgeschieden wird und dadurch der Blutzucker gesenkt wird. Das ist was, was wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren erleben werden."
Schon jetzt gibt es aber eine Vielzahl kleiner mobiler und digitaler Medizingeräte für den Hausgebrauch, die die Daten bestenfalls automatisch in eine elektronische Datenbank senden. So kann der Patient - und wenn gewünscht auch der Arzt - den Verlauf der Diabestes gut verfolgen. Doch leider geht auch bei den High-Tech-Messappareten noch nichts ohne den Picks in den Finger. Die modernen Produkte brauchen immer noch das Blut des Patienten, bedauert Michaela Klinger von der Firma BodyTel, die elektronische Blutzuckermessgeräte herstellt.
"Es wäre einfach schön, könnte man das messen ohne diesen Picks. Es gibt da bereits Konzepte, an denen gearbeitet wird. Das geht vom Chip im Auge über Sensoren, die mit Licht versuchen durch die Haut das rauszufinden. Teilweise sind die Ergebnisse noch zu ungenau, teilweise sind die Gerätschaften, die man dafür braucht einfach zu teuer. Es gibt noch nichts, was man tatsächlich auf dem Massenmarkt einsetzten könnte. Aber ich denke, irgendwann wird es den Durchbruch geben, irgendeine Technik wird es bieten, dass man das nichtinvasiv messen kann und e strotzdem bezahlbar bleibt."
Doch auch die mobilen, kleinen und leistungsstarken Messgeräte die es bereits für den Hausgebrauch gibt, sind die Basis für ein anderes großes und wachsendes Thema in der Gesundheitsbranche - und damit auch auf der Medica: die Telemedizin, also die Betreuung von Patienten per Telefon, Computer und Internet.
"Und das schlimme ist, an den Diabetes haben wir uns im Prinzip extrem spät rangemacht. Nämlich erst jetzt."
Denn Diabetes hat den Ärzten Angst gemacht, sagt Heinrich Körtke. Der Kardiologe leitet das Institut für angewandte Telemedizin, kurz IFAT, am renomierten Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oenhausen.
"Angenommen Insulin wird etwas zu hoch oder zu niedrig dosiert, kann es tatsächlich zu Ausrutschern kommen, die mit einem Koma enden. Und da hat die Telemedizin bisher Respekt vor gehabt und Angst vor gehabt."
Das IFAT betreut seit Jahren erfolgreich Herzkranke und Patienten, die Probleme mit der Blutgerinnung haben. Aufgrund der guten Erfahrungen hiermit, wagen sich Heinrich Körtke und sein Team nun auch an Diabetiker. In Kürze starten sie das nach eigenen Angaben deutschlandweit erste telemedizinische Pilotprojekt zur Volkskrankheit Diabetes. Telebetis soll es heißen. Dazu bekommt jeder Patient zunächst digitale Meßgeräte nach Hause, mit denen er die aktuellen Blutzucker- und Blutdruckwerte, sowie das Gewicht bestimmen kann. Die Daten werden dann automatisch an die elektronische Patientenakte im IFAT gesendet, erklärt Heinrich Körtke das System.
"Also diese Akte, Med-Power genannt, ist eine intelligente Akte. Da passiert folgendes: wir haben individuell für jeden Patienten Grenzwerte eingegeben. Und sobald die Grenzwerte über- oder unterschritten werden, sieht diese Krankenakte das, sie registriert das. Dann rufen wir den Patienten an, besprechen mit ihm das. Der Patient merkt, er wird nicht alleine gelassen. Er weiß 24 Stunden, sieben tage die Woche hat er einen Arzt im Hintergrund. Das heißt, das Institut IFAT ist immer ärztlich besetzt."
Außerdem wird auch der Hausarzt des Patienten informiert, ohne den die Telemedizin nicht funktioniert, betont der IFAT-Leiter. Mindestens einmal im Quartal bekommt der behandelnde Hausarzt einen Bericht aus der elektronischen Akte und das telemedizinische Institut macht für den Patienten auch einen Termin bei ihm. Durch die Kombination von engmaschiger virtueller Betreuung und regelmäßigen Besuchen beim Hausarzt könnten Diabetiker bestmöglich eingestellt und Folgeerkrankungen vermieden werden, so die Hoffnung.
Letztlich könnten durch die zunächst teure Telemedizin aber auch rund 15 Prozent der Kosten eingespart werden, meint Heinrich Körtke. Ein immer wichtigerer Punkt quer über alle Kontinente hinweg: Gefragt ist die optimale Behandlung zum optimalen Preis. Das das mit dem Pilotprojekt Telebetis geht, will der Arzt nun beweisen. Erste Patienten sollen noch in diesem Jahr aufgenommen werden.
"Mein Traum ist mindestens 100 Patienten. Das ist eine Zahl mit der ich beweisen kann, nach einem Jahr, dass wir Routine haben, größere Patinetenzahlen zu bewältigen. Und dann können 1000 kommen, 5000. Je mehr, desto besser."
An Nachschub wird es den Ärzten und Therapeuten in Zukunft wohl nicht fehlen. Geht doch die Deutsche Diabetes Gesellschaft davon aus, dass im Jahr 2030 schon fast acht Millionen Menschen hierzulande an der Zuckerkrankheit leiden werden.